Hier eine chronologische Sammlung von veröffentlichten Anzeigen des Netzwerk Cubas.
Diese können unter Quellenangabe gerne weiterverwendet werden, im Original oder in abgewandelter Form.
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Am 31. Juli schlossen 776 Medizinstudenten ihr Studium an der Universität für Medizinische Wissenschaften in Havanna erfolgreich ab, darunter Vertreter aus rund 30 Ländern, hauptsächlich aus Afrika.
Namibia hat 172 Absolventen, und laut Botschafter Samuel Hendrik Goagoseb ist dies die größte Zahl von Absolventen in der Geschichte der medizinischen Zusammenarbeit mit seinem Land.
Die Gruppe kam 2016 mit 250 jungen Menschen an, darunter 200 für das Fachgebiet Medizin und 50 für Zahnmedizin. Im vergangenen Jahr erhielten 49 Zahnmediziner und ein Arzt ihren Abschluss. Zehn junge Menschen müssen noch ihr Studium abschließen, aber die Vorbereitungen für die Abreise von über 170 weiteren, die ihren Hochschulabschluss bereits erhalten haben, sind bereits im Gange.
Bei der Abschiedszeremonie dankte der namibische Diplomat Kuba für seine Bemühungen bei der Ausbildung der menschlichen Ressourcen seines Landes, die auch die Führungskader einschließt, die die Zukunft in einem Land sichern, das ein Sozialmodell aufbaut, das die sozialen Ungleichheiten verringern soll.
Er riet den jungen Ärzten, ihren Beruf nach den Grundsätzen des Humanismus und der Solidarität auszuüben, Werte, die an den kubanischen Universitäten vermittelt und erlernt wurden, unter dem Vermächtnis des Comandante en Jefe Fidel Castro Ruz und des Präsidenten Sam Nujoma, dem Führer der Revolution in Namibia und Gründer der Republik.
Diese Ansicht ging auch aus einer Botschaft des Exekutivdirektor des namibischen Gesundheitsministerium Ben Nangombe hervor, die Dr. Joyce Twahafifwa Shatilwe, Direktorin für Humanressourcen in diesem Ministerium verlas. Darin hieß es: „Streben Sie stets danach, in allem, was Sie tun, Spitzenleistungen zu erbringen. Sie haben eine hervorragende Ausbildung und ein Training von Weltklasse erhalten. Ihnen wurden Fähigkeiten, Wissen und Disziplin beigebracht. Halten Sie sich an die Werte und mögen sie Ihnen als Kompass für die Zukunft dienen.
Historisch haben beide Partner von ihrer Zusammenarbeit und der über die Jahre gewachsenen Freundschaft profitiert. Ohne Hilfe der damaligen Sowjetunion wäre der erste erfolgreiche Versuch, im Hinterhof der USA ein alternatives Gesellschaftsmodell zu errichten, vermutlich schon kurz nach dem Sieg der Kubanischen Revolution am 1. Januar 1959 beendet worden. Mit einer Invasion durch CIA-Söldner in der Schweinebucht hatte Washington zunächst im April 1961 versucht, die Revolutionsregierung zu stürzen. Als das misslang, folgten Sanktionen, die zur umfangreichsten und längsten Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade der Geschichte ausgeweitet wurden. Die Sowjetunion unterstützte Kuba mit Krediten, Geld und Handelsverträgen.
Als Washington für das Jahr 1962 einen weiteren US-Militäreinsatz plante, einigten sich die Regierungen in Moskau und Havanna darauf, zum Schutz vor einer neuen Invasion sowjetische Mittelstreckenraketen auf der Insel zu stationieren. Allerdings erfolgte das nicht ohne Eigeninteresse. Nikita Chruschtschow wollte mit den nur 150 Kilometer von der Küste Floridas entfernten Nuklearwaffen ein Gegengewicht zu den im April 1962 in der Türkei stationierten US-Atomraketen schaffen, die auf das Gebiet der Sowjetunion gerichtet waren. Um einen drohenden Atomkrieg zu verhindern, einigten sich US-Präsident John F. Kennedy und Chruschtschow darauf, die Sicherheitsinteressen ihrer beiden Länder zu respektieren und zogen ihre Raketen aus Kuba und der Türkei ab. Da Kennedy zudem zusicherte, dass die USA keine weitere Landung von US-Militärs auf der Insel versuchen würden, profitierte auch Kuba von der Lösung.
Die Auflösung der Sowjetunion und der sozialistischen Staaten Osteuropas war für die Insel eine Katastrophe. Mit Beginn der 1990er Jahre verlor das Land 80 Prozent seines Exportmarktes und seiner Importe. Nachdem sich die einst guten Beziehungen – durch die prowestliche Politik von Gorbatschow und Jelzin – verschlechtert hatten, knüpfte erst Wladimir Putin ab Dezember 1999 in seiner ersten Amtszeit wieder an die alten Verbindungen an. Beim Gegenbesuch nach einer Moskau-Reise des damaligen kubanischen Präsidenten Raúl Castro im Juli 2012 handelte Russlands Premierminister Dmitri Medwedew ein Jahr später in Havanna zahlreiche Abkommen, darunter eine Vereinbarung aus, nach der Moskau Havanna 90 Prozent der zu Sowjetzeiten angehäuften Schulden in Höhe von insgesamt rund 35 Milliarden US-Dollar (damals 26 Milliarden Euro) erließ. Der Rest in Höhe von 2,3 Milliarden Dollar wurde im Februar 2023 auf Beschluss des russischen Parlaments bis mindestens 2027 gestundet.
Mitte Juli 2014 reiste Putin nach Kuba. Das Ergebnis seines Besuch waren zehn bilaterale Verträge über Kooperationsprojekte in den Bereichen Energie, Industrie, Gesundheit und zum Ausbau der Infrastruktur. Bei seiner Abreise versicherte Putin: »Wir werden unsere kubanischen Freunde dabei unterstützen, die illegale Blockade der USA zu überwinden.« Für die sozialistische Inselrepublik eine wichtige Zusage. Ein halbes Jahr später kündigte US-Präsident Barack Obama ein »neues Kapitel« in den Beziehungen beider Länder an. »Die Isolation Kubas hat nicht funktioniert«, sagte Obama und erklärte, die vollständige Aufhebung der Blockade anzustreben. Unter den Nachfolgern Donald Trump und Joseph Biden wurde sie statt dessen jedoch weiter verschärft. Mit Trumps Amtsantritt im Januar 2017 nahm die strategische Partnerschaft Kubas mit Russland an Bedeutung weiter zu.
Im gleichen Maße wie die US-Regierung die Beziehungen zu Kuba reduzierte, erkannten russische Unternehmen ihre Chance und planten Milliardenprojekte auf der Insel. Bis Ende 2017 erreichte der bilaterale Handel zwischen beiden Ländern ein Volumen von rund 400 Millionen US-Dollar. Russlands staatseigener Ölkonzern Rosneft verschiffte mehr Treibstoff. Die russische Eisenbahngesellschaft RZD bot sich an, das Eisenbahnnetz von mehr als tausend Kilometern zu modernisieren. Im November 2017 lieferte die Firma »Sinara Transport Machines« der ersten von 75 Lokomotiven für den Personen- und Gütertransport, Russlands größter Lkw-Hersteller Kamas steigerte die Exporte auf die Insel, und der größte Autoproduzent Awtowas brachte die ersten 320 Pkw vom Typ Lada Westa nach Kuba.
Die verschärften westlichen Sanktionen gegen Russland haben beide Länder fester zusammengeschweißt. Im November 2022 erklärte Kubas Präsident Miguel Díaz-Canel während eines viertägigen Staatsbesuchs in Moskau, Russland und Kuba seien nicht nur das Ziel »willkürlicher Sanktionen«, sondern hätten im »Yankee-Imperialismus auch einen gemeinsamen Feind«, der einen großen Teil der Welt manipuliere. Putin bestätigte einen »Plan für die gegenseitige Zusammenarbeit bis 2030«, der »eine große Anzahl gemeinsamer Projekte« umfasse – von Industrie über Bildung bis hin zum Sport. »Wir werden alles tun, um unsere Bindungen und bilateralen Beziehungen weiter auszubauen«, bekräftigten beide Staatschefs.
Konkretes folgte: So nahm der stellvertretende russische Ministerpräsident Dmitri Tschernyschenko im Mai an der Eröffnung einer mit russischer Hilfe modernisierten Stahlhütte in Havanna teil. Investitionen in Höhe von 90 Millionen Dollar sollen die Kapazität des Werkes auf 230.000 Tonnen Flüssigstahl pro Jahr erhöhen und 500 neue Arbeitsplätze schaffen. Im Juni wurde während eines Staatsbesuchs von Premierminister Manuel Marrero Cruz in Moskau unter anderem ein Abkommen über die Lieferung von knapp 1,7 Millionen Tonnen Erdöl und Treibstoffderivaten pro Jahr durch Rosneft vereinbart. Weitere Verträge sehen regelmäßige Getreidelieferungen, die Gründung gemeinsamer Unternehmen in der Zuckerindustrie, ein Montagewerk des Automobilherstellers UAS, sowie die Eröffnung von Lebensmittel- und Haushaltswarengeschäften in Kuba vor. Seit dem 1. Juli bietet die Aeroflot-Tochter Rossiya Airlines wieder Direktflüge nach Varadero an. Tschernyschenko rechnet bis Ende des Jahres mit rund 150.000 russischen Touristen, eine wichtige Quelle für Deviseneinnahmen des Landes in diesem Sektor. Wegen des für die Linie gesperrten westlichen Luftraums dauerte der erste Flug jedoch knapp 13 Stunden.
»Kuba ist unser wichtigster Partner in Lateinamerika«, versicherte der russische Ministerpräsident Michail Mischustin seinem Amtskollegen Marrero Cruz und verwies darauf, dass der russisch-kubanische Warenumsatz in den ersten vier Monaten des Jahres 2023 trotz ungünstiger äußerer Umstände bereits um das Neunfache gewachsen sei. Er habe keinen Zweifel, dass er weiter wachsen wird, fügte Mischustin hinzu.
Illustre Gäste sind an diesem Abend an die flämische Universität gekommen. Größtenteils unangekündigt – »aus Sicherheitsgründen«, betonen die Veranstalter gegenüber junge Welt. Darunter mehrere lateinamerikanische Präsidenten und Minister. Von der europäischen Linken sind unter anderem Jean-Luc Mélenchon, Chef der französischen La France insoumise, und der Vorsitzende der belgischen Partei der Arbeit, Raoul Hedebouw, zugegen. Der »Gipfel der Völker« wird als Gegengewicht zum offiziellen Spektakel des Gipfeltreffens der Europäischen Union und der Gemeinschaft lateinamerikanischer und karibischer Staaten (Celac) wahrgenommen, das nur wenige Kilometer entfernt in den Gebäuden der EU über die Bühne geht.
Als der kubanische Staatschef Miguel Díaz-Canel mitsamt Entourage an Personenschützern neben der Bühne in den Saal geschleust wird, geht der in dem Moment am Rednerpult Sprechende unter. Auch Boliviens Luis Arce und Kolumbiens Gustavo Petro, die wie Díaz-Canel direkt vom gleichzeitig stattfindenden Treffen zwischen EU- und Celac-Vertretern gekommen sind, werden mit Sprechchören und Jubel empfangen. Die Euphorie, die der jüngste Linksruck in Lateinamerika bei vielen ausgelöst hat, ist in diesen Momenten deutlich spürbar.
Der Gegensatz zwischen dem offiziellen Treffen im EU-Viertel der belgischen Hauptstadt und dem »Gipfel der Völker« könnte kaum größer sein. Besonders deutlich wird er während des Festivals am Montag abend. Auf der einen Seite ein großräumig abgesperrtes Gebiet mit viel Polizeipräsenz im Zentrum Brüssels, auf der anderen der Campus der Freien Uni, voller Leben, Lärm und Schildern mit politischen Botschaften. Beim offiziellen Gipfel gut sitzende Anzüge und höflich in die Kameras lächelnde Politiker – ganz nach Protokoll. Bei der Gegenveranstaltung Alltagskleidung, Lebensfreude und Solidarität. Obwohl für die Abendveranstaltung eigens Sicherheitskontrollen an den Eingängen aufgebaut wurden, dilettantisch will man auch nicht wirken.
Die Differenz ist gewollt. Ihr Zweck: Zu zeigen, dort, das ist die Elite, hier sind wir, die normale Bevölkerung, die Völker. Auch Díaz-Canel weiß das in seiner Rede zu betonen. Der »Gipfel der Völker« sei »ein Ort der Begegnung der Vertreter der
lateinamerikanischen, karibischen und europäischen Zivilgesellschaft«, »ein wirklich pluralistischer, offener und partizipativer Raum«. Von hier gehe »eine gerechtere und solidarischere Welt« aus. Eine, die sich der systemischen Krise des Kapitalismus entgegenstelle, die die direkte Folge der ungerechten herrschenden Weltordnung sei. Der Applaus ist ohrenbetäubend, immer wieder wird der kubanische Staatschef von Sprechchören unterbrochen, in denen ein Ende der US-Blockade gegen die sozialistische Inselrepublik gefordert wird.
Organisiert worden war der »Gipfel der Völker« von mehr als 200 Organisationen aus Europa, Lateinamerika und der Karibik – darunter soziale Bewegungen, internationalistische Gruppen, linke Bündnisse und Parteien, so auch die Partei der Europäischen Linken. Dem Aufruf folgten Hunderte, die sich an zahlreichen Workshops und Diskussionsveranstaltungen beteiligten. Rodrigo Suñe, einer der Sprecher des Alternativgipfels, nennt gegenüber junge Welt die Zahl von mehr als 1.300 Anmeldungen für die Veranstaltung. Wie viele letztlich tatsächlich anwesend sind, lässt sich angesichts der verwinkelten Räumlichkeiten des teils brutalistisch gestalteten Unicampus’ schwer sagen.
Klar ist aber: Das Bedürfnis nach solidarischem Austausch ist vorhanden. So diskutierten die Teilnehmer über so vielfältige Themen wie die Rolle von Medien, Migrationsbewegungen, Kolonialismus und Patriarchat oder die Notwendigkeit einer ökosozialen Transformation. Auf einer Veranstaltung mit dem Titel »Neue Formen des schmutzigen Krieges: Putsche, Lawfare, Desinformation, Sanktionen und Wirtschaftskrieg« wurden Strategien der Rechten gegen fortschrittliche Projekte beleuchtet. Weitere Podien widmeten sich der Verurteilung der seit mehr als 60 Jahren anhaltenden US-Blockade gegen Kuba sowie dem Kampf für die Freiheit des venezolanischen Diplomaten Alex Saab, der seit 2021 in den USA inhaftiert ist. Die mehrere Seiten lange Abschlusserklärung des Gipfels endet mit den Worten: »Bis zum endgültigen Sieg der Völker über den Imperialismus.«
Entsprechend fällt die Antwort des irischen Abgeordneten des EU-Parlaments, Michael Wallace, auf die Frage aus, was ihn zu seiner Teilnahme am »Gipfel der Völker« motiviert habe. Es gehe ihm um »Gerechtigkeit«, erklärte er am Dienstag gegenüber junge Welt. Die EU mische sich auch heute noch in lateinamerikanische Angelegenheiten ein, um ihre eigenen finanziellen Interessen durchzusetzen. Glücklicherweise wachse der Widerstand dagegen, vor allem in Lateinamerika. Ein Widerstand, von dem die Menschen in Europa durchaus lernen könnten, ist Wallace überzeugt. Denn: »Die Leute in Lateinamerika zeigen, dass Veränderung möglich ist.« Das habe auch der »Gipfel der Völker« eindrücklich gezeigt.
»Das Tribunal soll diese illegale und unmenschliche Politik anprangern und die Antiblockadebewegung in Europa und den USA stärken. Wir sind zuversichtlich, dass diese Aktion dazu beitragen wird, der Verteidigung der demokratischen Rechte, der Souveränität und der Freiheit der Völker mehr Gehör zu verschaffen«, heißt es im Aufruf zum Tribunal, der unter anderem von der Internationalen Vereinigung demokratischer Juristen, der Linksfraktion im Europäischen Parlament (GUE/NGL), der Partei der Europäischen Linken, mehreren europäischen Gewerkschaften, der Nationalen Anwaltsvereinigung (National Lawyers Guild) der USA sowie europäischen und US-amerikanischen Kuba-Solidaritätsorganisationen unterzeichnet wurde. Dem Aufruf zufolge soll das Tribunal die USA für ihre Verbrechen gegen das kubanische Volk vor der Weltöffentlichkeit anklagen.
Die US-Regierung hatte bereits am 6. April 1960 als Ziel ihrer ersten Sanktionen »das Provozieren von Enttäuschung und Entmutigung durch wirtschaftliche Not« in Kuba vorgegeben. Wörtlich hieß es in einem von Staatssekretär Lester D. Mallory an jenem Tag vorgelegten Memorandum, eine Blockade könne »das Wirtschaftsleben Kubas schwächen und dem Land Geld und Versorgung rauben, um (…) Hunger, Verzweiflung und den Sturz der Regierung hervorzurufen«. Seit 1992 hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen bereits 30 Resolutionen verabschiedet, in denen die sofortige Beendigung der US-Strafmaßnahmen gefordert wurde. Doch Washington hat die Sanktionen gegen Kuba – entgegen den Forderungen der internationalen Staatengemeinschaft – nicht nur aufrechterhalten, sondern sie bis heute ständig verschärft.
In einem Gespräch mit der kubanischen Nachrichtenagentur Prensa Latina forderte der spanische Europaabgeordnete Manuel Pineda Marín (GUE/NGL) auch das EU-Parlament und den Internationalen Gerichtshof (IGH) auf, aktiv zu werden. Diese Institutionen dürften sich nicht in den Dienst der Reaktion stellen, erklärte er. »Erinnern wir uns daran, dass die Europäische Union die Blockade formell ablehnt und dass alle ihre Mitgliedsländer jedes Jahr in der UN-Vollversammlung für deren Beendigung stimmen«, betonte der Abgeordnete. Es sei deshalb jetzt endlich notwendig, das, was offensichtlich ein Verbrechen ist, auch rechtlich so zu behandeln.
»Und ein Verbrechen muss verurteilt werden«, so Pineda.
Die Frankfurter Solidaritätsinitiative InterRed hat bereits zwei Öko-Strom-Installationen in Havanna live. Jetzt sollen Spenden ein drittes Sonnenenergie-Projekt mit Stromerzeugung ab Anfang 2024 finanzieren.
Hier die Projektbeschreibung von InterRed:
InterRed wird als drittes Solarenergie-Projekt in Havanna eine Anlage an kubanische Projektpartner liefern, die nach den bisherigen Erfahrungen mindestens 90.000 Kilowattstunden pro Jahr erzeugen wird. Der Spendeneingang für das neue Projekt liegt bereits bei über 36.000 Euro. Für eine 90.000-kWh-Anlage mit einer Leistung von 60 kWp (Kilowatt Peak) fehlen noch circa 12.000 Euro. Falls mehr Spenden zusammen kommen, wird InterRed entsprechend mehr Elemente kaufen und installieren.
Photovoltaik auf Kuba liefert wegen der stärkeren Sonneneinstrahlung erheblich mehr Strom als gleichgroße Installationen in Deutschland. Das zeigt die erste von InterRed bezahlte Anlage auf den Dächern des medizintechnischen Instituts CIM in Havanna deutlich: Nach dem Betriebsbeginn am 2.Mai 2022 lieferte die 100 kWp starke Installation im ersten Jahr genau 151.475 Kilowattstunden. Am 29. März 2023 ging die zweite Stufe ebenfalls auf den Dächern von CIM live. Sie hat eine Leistung von 68 kWp und wird damit rund 100.000 kWh Strom pro produzieren. Damit kommen bereits die beiden ersten von InterRed bezahlten und organisierten Photovoltaik-Anlagen auf eine Jahresleistung von einer viertel Million Kilowattstunden pro Jahr.
Umgerechnet bedeuten diese 250.000 kWh Öko-Strom, dass die Kubanerinnen und Kubaner für ihre Stromproduktion pro Jahr über 75.000 Liter Heizöl weniger verfeuern müssen und damit der Umwelt ein Ausstoß von 195 Tonnen CO2 erspart bleibt.
Ein großes Problem der kubanischen Stromversorgung ist bisher, dass Elektrizität hauptsächlich mit Öl-befeuerten Kraftwerken mit hohen CO2-Emissionen erzeugt wird. Noch dazu sind die meisten Kraftwerke alt und haben einen schlechten Wirkungsgrad. Außerdem frisst der Import des Öls die für wichtige Dinge nötigen Devisen.
InterRed geht es um Klimaschutz und gleichzeitig um Solidarität mit dem kubanischen Volk, das trotz der unter den US-Präsidenten Donald Trump und Joe Biden verschärften Wirtschaftsblockade und den durch Covid 19 eingebrochenen Tourismus-Einnahmen an seinem vorbildlichen, hoch entwickelten Gesundheitswesen festhält. Und auch an weiteren sozialen Errungenschaften, etwa den guten und kostenlosen Schulen.
Die durch Spenden finanzierte Photovoltaik-Anlage (Stufen 1 und 2) läuft auf dem Dach des kubanischen Impfstoff-Herstellers CIM (Centro de Immunología Molecular) in Havanna. CIM ist eine Kombination von Forschungsinstitut und Arzneimittel-Fabrik.
Für die dritte Projektstufe arbeitet InterRed mit einem weiteren staatlichen kubanischen Medizin-Unternehmen zusammen. Als Standort wird das Dach eines Betriebs des Arzneimittel-Herstellers CIGB (Centro de Ingeniería Genética y Biotecnología in Havanna angepeilt.
CIGB betreibt an mehreren Orten auf Kuba Labors für Grundlagenforschung sowie die Entwicklung von Impfstoffen und Biopharmazeutika für die Diagnose, Behandlung und Prävention diverser Krankheiten ‒ von einigen Krebsarten bis hin zu Dengue-Fieber. Dazu kommen Produkte für die Verbesserung der Landwirtschaft.
Die neue Photovoltaik-Anlage soll eine Leistung von 60 kWp haben und damit rund 90.000 kWh Strom im Jahr liefern. Damit kann die Verbrennung von weiteren 27.000 Litern Heizöl pro Jahr eingespart werden.
Für Anschaffung, Lieferung und Aufbau wird ein Spendenvolumen von circa 55.000 Euro gebraucht. 36.000 Euro davon sind bereits bei InterRed eingegangen. Jetzt müssen bis Ende Juli noch Spenden über rund 19.000 Euro dazu kommen.
Das Netzwerk InterRed Cooperación e.V. ist gemeinnützig, Spenden sind steuerlich absetzbar. Schon eine Spende von 100 Euro bewirkt eine schadstofffreie Produktion von rund 165 kWh Strom, vermeidet damit den für Kuba teuren Einkauf sowie das Verbrennen von rund 50 Litern Heizöl und erspart der Welt etwa 130 kg CO2 – all das jedes Jahr neu. Also bei einer (Mindest-) Lebensdauer der Anlage von 20 Jahren in der Summe fast 1.000 Liter Heizöl weniger und damit über 2,5 Tonnen weniger CO2.
Zur Finanzierung der drei Solaranlagen-Projekte hat InterRed bis 15. Juni 2023 genau 181.836,73 Euro Spenden eingesammelt. Jeder Cent davon wurde direkt für Anschaffung, Transport und Installation von Solarpanels, Wechselrichtern und Anschlusstechnik investiert. Von den Spenden für InterRed-Projekte landet nichts in Overhead-Kosten einer Organisations-Bürokratie. Die geringen Verwaltungskosten werden von den separaten Mitgliedsbeiträgen bezahlt. Die meisten internen Aufwände bis hin zu Reisekosten von Mitgliedern zahlen die ehrenamtlichen InterRed-Aktiven selbst privat.
Die Initiative hat seit ihrer Gründung im Jahr 1992 gemeinsam mit kubanischen Partnern schon viele Projekte realisiert und die Kubanerinnen und Kubaner unter anderem beim Aufbau von Biogasanlagen, aber auch bei der Reparatur von Rollstühlen unterstützt. Schon in den 1990er Jahren finanzierte InterRed Material für den Betrieb kleiner Wasserkraftwerke auf der Insel.
Netzwerk InterRed Cooperación e.V.
Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft, IBAN: DE50 5502 0500 0007 6002 00,
BIC: BFSWDE33MNZ, Verwendungszweck: Solarprojekt Kuba
https://www.jungewelt.de/artikel/452618.letzter-wille-kuba-solidarit%C3%A4t-statt-blumen.html
Berlin. Hans Modrow wollte nicht mit Blumen und Kränzen auf Kuba verabschiedet werden. Statt dessen verfügte der am 10. Februar verstorbene frühere DDR-Ministerpräsiden, dass für die Grundschule »Tamara Bunke« gesammelt werden sollte. Zusammengekommen sind nun 24.075 Euro, die am Montag von Modrows Witwe Gabi Lindner und dem Leiter der Modrow-Stiftung, Torsten Hochmuth, in Form eines symbolischen Schecks an die kubanische Botschafterin Juana Martínez González und ihren Kollegen Orlando Ramos Blanco übergeben werden konnten. Modrow hatte die Schule in der Provinz Mayabeque vor Jahren besucht, deren schlechten baulichen Zustand erkannt und 2015 eine erste Unterstützungsmaßnahme initiierte. Botschafterin Martínez González dankte bewegt und wertete die Spende als Beweis für die ungebrochene Solidarität mit ihrem Volk. Hans Modrow werde in dieser Beziehung immer einen wesentlichen Platz haben. (jW)
Auch der kubanische Präsident Miguel Díaz-Canel reagierte auf die US-Repression gegen die jungen Aktivisten. Er versicherte ihnen auf Twitter die Solidarität der Inselrepublik: »Kopf hoch, Leute, wir sind bei euch. Danke für euren Mut, für eure Unterstützung Kubas und dafür, dass ihr euch dem Hass derjenigen entgegenstellt, die die Tatsache nicht ertragen können, dass die Kubanische Revolution die Unterstützung der fortschrittlichsten Jugend im Innersten des Monsters hat. Wir umarmen sie.« Am Donnerstag konnte Santos dann mitteilen, dass alle Delegationsmitglieder »nach stundenlangen Schikanen und Verhören« freigelassen wurden, und bedankte sich für die Unterstützung aus aller Welt.
Allgemein gesprochen, ist der Internationalismus für uns ein Grundprinzip, und der kubanische Internationalismus kann in jeder Hinsicht als beispielhaft gelten. Wir orientieren uns an der internationalistischen Außenpolitik und insbesondere an der Solidarität mit der sogenannten dritten Welt, für die die Volksrepublik China in den 1950er bis 1970er Jahren bekannt war. Jetzt sehen wir vielversprechende Anzeichen für eine Wiederbelebung dieser Politik. Nicht in derselben Form, aber in der Art und Weise, wie sie heute Beziehungen zu den Regierungen, den Völkern und Volksbewegungen des globalen Südens gestaltet.
Ihr seid mit sehr konkreten Fragen angetreten.
Ja, für uns als Qiao-Kollektiv und unser Publikum ist die Rolle der Diaspora in den USA besonders relevant. Seit der Kubanischen Revolution haben die USA mit einigem Erfolg versucht, die reaktionärsten Elemente der kubanischen Diaspora als ideologischen Deckmantel für die Blockade und in einigen extremen Fällen als Agenten für interne subversive terroristische Angriffe auf die Kubanische Revolution zu instrumentalisieren. Diese Dynamik erkennen wir wieder. Praktisch alle in den Mainstreammedien sichtbaren Personen chinesischer Abstammung folgen der Linie des Außenministeriums in bezug auf China: Sie verurteilen ihr Herkunftsland in einer Weise, die die USA von ihrer eigenen Verantwortung für die imperialistische Aggression überall entlastet und China auf antikommunistische Weise dämonisiert. Eine weitere Parallele sehen wir in bezug auf die Entwicklungsmodelle. Kuba ist zunehmend gezwungen, ausländisches Kapital einzuladen, mehr Raum für private Unternehmen zu schaffen und den Tourismussektor auszubauen, weil die Blockade einen so großen Bedarf an Devisen geschaffen hat. Das hat natürlich Parallelen zu der frühen Reform- und Öffnungsphase in China. Die Identifikation westlicher Linker mit China hat sich in der Reformära schnell gewandelt. Wir sehen unsere Aufgabe darin, diese Widersprüche zu thematisieren, die Kluft zu überwinden und wieder Brücken zu bauen.
Hat das Kollektiv zu Beziehungen zwischen China und Kuba gearbeitet?
Das ist ein Thema, das eine eingehende Untersuchung verdient. Meines Erachtens sind die Beziehungen zwischen den Staaten und zwischen den Parteien recht herzlich. Aber ich denke, sie könnten vertieft werden. Es gibt Elemente des kubanischen Modells, die für China sehr lehrreich sein dürften. Dass Kuba in der Lage ist, seine revolutionäre Bewegung sowie seine Unabhängigkeit und Souveränität aufrechtzuerhalten, obwohl diese kleine Insel 90 Meilen vor der Küste Floridas liegt, dass es unter solch schwierigen Bedingungen immer wieder gelingt, den Prozess der Massenorganisation und Mobilisierung, der innerparteilichen und gesamtgesellschaftlichen Demokratie zu kultivieren, ist beispiellos.
Das scheint eine gute Basis für einen Austausch.
Aber nicht nur wirtschaftlicher oder diplomatischer Natur, zugleich auch für einen Austausch, der hervorhebt, wie beide Länder in unterschiedlichen Revolutionsprozessen voneinander lernen und sich in dieser Zeit der Krise stärken können. Am Ende kann man sich in Richtung einer multilateralen Zukunft des Sozialismus und letztlich auf den kommunistischen Horizont zubewegen.
Interview: Florentine Morales Sandoval
Kawenaʻulaokalā Kapahua von Academic Labor United, der Gewerkschaft arbeitender Studenten an der Universität von Hawaii, verwies auf den vergleichbaren Kontext der beiden Inselstaaten: »Wie Kuba vor der Revolution ist auch Hawaii vom Einfluss und Militarismus der USA geprägt, unsere Wirtschaft ist fast ausschließlich auf Tourismus und Produktion von Zucker ausgerichtet.« Vor allem im Widerstand gegen die starke Militarisierung sieht Kapahua vergleichbare Probleme wie in Korea und den Philippinen. 25 Prozent des hawaiianischen Territoriums seien von den USA mit mehr als 50.000 stationierten Truppen und dem Indopazifischen Kommando besetzt. Die Insel sei einer der meist militarisierten Orte der Welt. »Kuba zeigt uns mögliche Lösungen«, sagte Kapahua.
Zu dieser Erkenntnis zu gelangen ist im Angesicht der in den US-Medien omnipräsenten und geifernden antikubanischen Berichterstattung nicht leicht. Johana Tablada de la Torre, stellvertretende Generaldirektorin für die Vereinigten Staaten im kubanischen Ministerium für auswärtige Angelegenheiten (Minrex), betonte: »Die USA geben Millionen aus, um uns glauben zu machen, dass unsere schwierige ökonomische Situation auf Kubas Politik zurückzuführen ist und nicht etwa auf die Blockade.« Als Resultat einer aggressiven Politik, die Kuba lieber ausbluten lassen will, als dem Land auch nur ein Minimum an Souveränität zuzugestehen, befinde sich Kuba in einer ökonomischen Krise, die sich durch die Einordnung des Landes als vermeintlicher Terrorismusunterstützer noch verschärft habe. Der Anstieg der Kindersterblichkeit sei laut Tablada direkt auf diese letzte Maßnahme Trumps zurückzuführen.
Trotz der schwierigen Lage bleibt Kubas Gesundheitsversorgung kostenlos. Aus einem Land kommend, das seiner Bevölkerung keine Gesundheitsversorgung zu bieten hat, das einem das Recht auf ein Dach über dem Kopf verwehrt, das seine schwarze Bevölkerung erschießt und wegsperrt, lernten die Brigadisten eine erstaunlich andere Realität kennen. So führt der kleine, von der Blockade erdrückte Inselstaat die größte Wirtschaftsmacht USA wegen ihrer sozialen Lage vor. Rassistische Polizeigewalt? Kein Thema auf Kuba. Statt Verschuldung für das Studium Stipendien für Studierende aus aller Welt in der Lateinamerikanischen Schule für Medizin (ELAM). Statt Verdrängung und Zwangsräumung ist die Schaffung von Wohnraum gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wer als Friedensaktivist in den USA als fünfte Kolonne Russlands oder Chinas beschuldigt wird und im Alltag die wachsende Gewalt gegen Asiaten erfährt, ist erstaunt, wenn die Kubaner ihn mit offenen Armen empfangen und zwischen der Politik der US-Regierung und seiner Bevölkerung unterscheiden.
Wer selbst den Repressalien gegen die LGBTQI-plus-Community ausgesetzt ist und erleben muss, wie Transmenschen systematisch ausgegrenzt werden, liest staunend das neue Familiengesetzbuch Kubas. Und wer dann noch nachfragt und erfährt, wie dieses Familiengesetz entstanden ist – ganz ohne Lobbyisten, unter aktiver Beteiligung der Bevölkerung –, der sieht das Land, das die USA zum Feind erklärt haben, mit anderen Augen. Und so zeigte Kuba der Delegation vor allem seine Widerstandskraft und seine fest verankerten demokratischen Strukturen.
Wegen Zerstörungen durch einen heftigen Tropensturm wurde die Maiparade um eine Woche verschoben. War die Enttäuschung zunächst groß, entpuppte sich das Ersatzprogramm als um so interessanter: Der kubanische Präsident Miguel Díaz-Canel empfing die US-amerikanischen Delegationen, darunter das amerikanische Hands-Off-Cuba-Bündnis, das vom Generalsekretär der ersten Amazon-Gewerkschaft (ALU), Chris Smalls, angeführt wurde. Trotz Euphorie des Moments mahnte Díaz-Canel, Kuba nicht zu idealisieren – es sei kein Paradies, sondern befinde sich in kontinuierlicher Entwicklung, die von der gesamten Gesellschaft getragen wird.
Die jungen Teilnehmer kehrten mit einem gewachsenen Pflichtbewusstsein zurück in ihr Land, den Kampf gegen die Blockade im Herzen der Bestie zu verstärken und zugleich die gesellschaftliche Realität des revolutionären Kubas in den Klassenkämpfen Amerikas sichtbar zu machen.
Seit dem Sieg der Revolution fanden in Kuba stets die größten Maidemonstrationen in ganz Amerika statt. Nachdem die Veranstaltungen wegen der Coronapandemie zwei Jahre lang nur online durchgeführt werden konnten, marschierten im vergangenen Jahr erstmals wieder rund 900.000 Teilnehmer unter dem kämpferischen Motto »Kuba lebt und arbeitet« für internationale Solidarität und gegen die US-Blockade.
Washingtons Wirtschaftskrieg sei die hauptsächliche Ursache für den gegenwärtigen Treibstoffmangel, der zu Sparmaßnahmen zwinge, erklärte Energieminister Vicente de la O Levy vergangene Woche im kubanischen Fernsehen. Vorrang hätten jetzt Krankenwagen, Ernteeinsätze und die Aufrechterhaltung der Versorgung. Anstelle zentraler Großdemonstrationen gibt es am 1. Mai deshalb zahlreiche kleinere Veranstaltungen in Stadtteilen und Gemeinden, Betrieben und Bildungseinrichtungen, kündigte der CTC-Chef an. Die Mobilisierungen erfolgen durch Nachbarschaftsorganisationen, den Verband der Kleinbauern und die Gewerkschaften bei minimalem Einsatz von Transportmitteln.
Eine Mischung aus Kundgebung und Aktionsauftakt ist das internationale Treffen der Solidarität mit Kuba und gegen den Imperialismus – 200 Jahre nach Verkündung der Monroe-Doktrin. Zentrales Thema der bis zum 2. Mai dauernden Konferenz im Kongresspalast ist die Koordinierung globaler Aktionen gegen die US-Blockade. Darüber hinaus wollen die Vertreter von Gewerkschaften, sozialen Bewegungen und Solidaritätsorganisationen auch über Kampagnen zur Unterstützung der Völker »in einer politischen Situation, die durch die Offensive der Rechten gekennzeichnet ist«, beraten, wie CTC-Sekretariatsmitglied Ismael Drullet Pérez am Mittwoch vor der Presse hervorhob.
Sie promovieren derzeit an der Humboldt-Universität in Berlin. Können Sie uns etwas über Ihren persönlichen und akademischen Hintergrund erzählen? Was ist das Thema Ihrer Arbeit?
Seit zehn Jahren arbeite ich als Forscherin am kubanischen Geschichtsinstitut Instituto de Historia de Cuba (IHC) in Havanna, habe aber ursprünglich Erziehungswissenschaften studiert. An die Humboldt-Universität zu Berlin kam ich über ein DAAD-Stipendium und bin im Begriff, hier meine Doktorarbeit fertigzustellen. Mein Thema ist die Entwicklung eines in der transnationalen Bildungsgeschichte recht ungewöhnlichen Stipendienprogramms für Kinder, Jugendliche und junge Menschen aus rund 40 Staaten und Organisationen in Afrika, dem Nahen Osten, Asien und Lateinamerika, das zwischen 1977 und 2012 auf der kubanischen Insel der Jugend existierte.
Welchen Beitrag hat Kuba mit diesem Programm für die afrikanischen Länder geleistet?
Das Programm beinhaltete im Wesentlichen Stipendien für komplette Ausbildungszyklen auf allen Bildungsebenen, von der Grundschule bis zur Sekundarstufe, von der Sekundarstufe bis zur technischen Oberschule oder bis zur Universität. Das bedeutet, dass Kuba Tausende von „Internationalen Schülern“ aus der so genannten Dritten Welt, heute ein Teil des globalen Südens, als Techniker und Spezialisten in Bereichen wie Agronomie, Veterinärmedizin, Wirtschaftslehre oder Buchführung ausbildete. Diese wurden in ihren „Nationalstaaten“, zum Beispiel nach der Erlangung der formalen Unabhängigkeit, dringend benötigt. Die Stipendien wurden weltweit auf der Grundlage von Regierungsabkommen vergeben und von Kuba finanziert, ohne Einmischung eines dritten Staates oder einer Organisation und ohne finanzielle Belastung der Teilnehmenden. Wir haben es also definitiv mit einer selbstlosen Initiative zu tun, die Kubas internationalistische Solidaritätsmotivation in seiner militärischen und zivilen Hilfe für Afrika unterstreicht.
Inwiefern war dieses Programm mit seinen besonderen Merkmalen im internationalen Kontext einzigartig?
Wesentlich und ganz einzigartig ist der Fokus des Stipendienprogramms auf der Isla de la Juventud auf die Mittel- oder Sekundarstufe. Bisher herrschte in der Welt die Tendenz vor, Stipendien für die Hochschulbildung zu gewähren, sowohl im Westen als auch in den sozialistischen Ländern. Dies ist eine sehr wichtige Besonderheit, denn in jedem Land ist die Sekundarschule eine Schulstufe, welche Entwicklungsziele stark beeinflusst, in der aber die Schulabbrecherquote in Afrika und anderen Regionen der so genannten Dritten Welt sehr hoch ist.
Mit welchen Erwartungen sind die afrikanischen Schüler gekommen, mit welchen Erfahrungen sind sie zurück gegangen?
Die Statistiken über die Zahl der internationalen Studenten in diesem Programm variieren zwar von Autor zu Autor, doch halte ich bei meinen Recherchen eine Zahl von etwa 23.000 Absolventen für am wahrscheinlichsten.
Als ich insgesamt 109 befragte Absolventen aus 14 Ländern danach fragte, mit welcher ursprünglichen Erwartung sie auf die Isla kamen, antworteten 92,6 Prozent der Befragten: „Ich wollte zurückkehren und beim Wiederaufbau bzw. bei der Entwicklung meines Landes helfen“. Das führe ich auf ein kollektives Streben nach einer gerechteren und nach sozialistischen Prinzipien entwickelten Gesellschaft zurück, welches man damals bei verschiedenen afrikanischen Führungspersönlichkeiten feststellen konnte. In der Regel fanden diese ihren Rückhalt in den am stärksten benachteiligten Sektoren, wie Bauern und Arbeiter, die auf der Insel der Jugend gut vertreten waren und den Antrieb hatten, das dramatische koloniale Erbe zu ändern.
Zweifellos ist diese Zeit, die sie auf der Insel verbracht haben, eines der Markenzeichen für den späteren Werdegang vieler Absolventen. Sie sprechen von einer Ausbildung, die nicht nur eine sehr starke Gruppenidentität geschaffen hat, sondern auch einen Sinn für Patriotismus, Pflichtbewusstsein, eine proaktive Anpassung an schwierige Arbeitsumgebungen, die Bereitschaft, überall dort zu arbeiten, wo es notwendig ist, und einen kollegialen Umgang, unabhängig von der Arbeitshierarchie.
Oftmals verwischte die traditionelle pädagogische Abgrenzung zwischen Lehrern und Schülern und erleichterte den Schülern die Anpassung an das neue Leben und die neue Kultur. Vor allem aber begünstigte sie den Erfolg im Studium. So ist es nicht verwunderlich, dass sich die Absolventen nicht nur bemühen, als Gruppe auf die Insel der Jugend zurückzukehren, sondern auch den Kontakt zu ihren kubanischen „Eltern“ aufrechtzuerhalten und sie in ihre Heimatländer einzuladen.
Eine persönliche Frage: Welche Beziehung haben Sie als junge Kubanerin zum afrikanischen Kontinent?
Es ist eine von Wertschätzung geprägte Beziehung. Die afrikanische Präsenz, vor allem die der versklavten Menschen, ist einer der Einflüsse, die das kubanische Volk zu einer einzigen genetischen Familie gemacht haben. Weniger bekannt ist der afrikanische Beitrag im Kampf gegen den spanischen Kolonialismus und später gegen den amerikanischen Neokolonialismus. Ich vermute, dass ich mich aufgrund dieser beiden Komponenten – Tradition und Widerstand – mehr mit dieser Region verbunden fühle als mit anderen.
Das Interview erschien zuerst in der Zeitschrift der Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba Cuba Libre 1/2023
Die Kuba-Arbeitsgemeinschaft der Partei Die Linke, Cuba Sí, hatte Soligruppen und Interessierte zum Auftakt der diesjährigen »Unblock Cuba!«-Kampagne geladen. Rund 80 Menschen waren dem gefolgt, weitere verfolgten die Ausführungen online. »Freundschaft mit Kuba« – so die Cuba-Sí-Moderatorin Miriam Näther – pflegt seit langem auch die Linken-Politikerin Sevim Dagdelen. Sie berichtete von ihrer Teilnahme auf der internationalen »Konferenz für das Gleichgewicht der Welt« in Havanna im Januar und spann den Bogen von ihrer Rede dort über den antikolonialen Kampf weltweit bis hin zum Ukraine-Krieg. Verbindender Tenor: Die Frage der demokratischen Souveränität »stellt sich mit existentieller Schärfe«. Auch und gerade in bezug auf die völkerrechtswidrige US-Blockade.
Deren Folgen immer wieder darzustellen und zu thematisieren, ist unabdingbar. Sowohl für die von der jungen Welt 2019 initiierten Kampagne als auch für Kubaner selbst. Gonzáles tut dies auch in seiner Position als Präsident des Cubanischen Instituts für Völkerfreundschaft (ICAP), deren Europavertreterin Ibis González beim »Unblock Cuba!«-Auftakt ebenso zu Gast war wie die Botschafterin Juana Martínez González. Das reicht von der Verweigerung überlebenswichtiger Güter wie Sauerstoff und Lungenventilatoren während der Pandemie bis hin zu den ökonomischen Folgen des westlichen Wirtschaftskriegs, von dem auch Kuba nicht verschont bleibt. Stille Wut ballte sich bei den Unterstützern im Saal zusammen, als Dagdelen weitere Folgen der US-beförderten »Strangulierung der Wirtschaft« erwähnte: So ist die Säuglingssterblichkeit wieder gestiegen und es gibt »einen noch nie dagewesenen Exodus« von jungen Kubanerinnen und Kubanern, die – gut ausgebildet – gezwungen sind, die Heimat zu verlassen.
Um so bedeutender sei, dass die erneut gewachsene Wahlbeteiligung bei der jüngsten Abstimmung zeige, dass »die Mehrheit der Bevölkerung die revolutionäre Regierung unterstützt«, so der 2014 aus US-Haft freigekämpfte »Held der Republik Kuba« Gonzáles. Er zeigte sich zuversichtlich, dass die neugewählte Nationalversammlung alle anstehenden Aufgaben, die sich auch aus der 2019 in Kraft getretenen – und bei einem Referendum bestimmten – Verfassung ergeben, meistern wird.
Wie das von außen unterstützt werden kann, führte Jonas Pohle vom Verlag 8. Mai aus. Denn auch 2023 gilt es, alle Aufmerksamkeit auf den Herbst in New York zu lenken und mit vielen Menschen in Europa, mit Druck auf die jeweiligen Regierungen, zu fordern: Unblock Cuba!
https://www.jungewelt.de/beilage/art/443383
Grußbotschaft Von Aleida Guevara
Aleida Guevara ist die Tochter des argentinisch-kubanischen Revolutionärs Che Guevara. Sie ist Kinderärztin und Mitglied der Kommunistischen Partei Kubas (PCC).
Liebe Genossinnen und Genossen, es ist mir eine Ehre, zu euch zu sprechen. Zum 28. Mal findet die Rosa-Luxemburg-Konferenz statt. Ich hätte sehr gern persönlich mit euch vor Ort über Themen diskutiert, die uns alle zur Zeit bewegen. Aber es ist mir leider nicht möglich, an zwei Orten gleichzeitig zu sein, und die Genossinnen und Genossen der Kommunistischen Partei Indiens hatten ihre Einladung an mich schon vor langer Zeit ausgesprochen. Ich habe deshalb diese Videobotschaft aufgenommen, um einen Gruß an euch alle vor Ort zu schicken.
Mein Vater wäre in diesen Tagen 98 Jahre alt geworden, und es ist wirklich erstaunlich, dass er immer noch präsent ist. José Martí hat geäußert, wenn die Menschen die Tugenden anderer Menschen anerkennen können, dann haben sie diese Tugenden selbst in sich. Es ist deshalb so wichtig, zusammenzukommen und sich um eine bessere und gerechtere Welt zu bemühen. Der Kapitalismus zeichnet sich dadurch aus, dass er trennt. Wir müssen die Trennung überwinden. Wenn wir eine neue, eine andere Welt aufbauen möchten, können wir uns den Luxus, als einzelne zu agieren, nicht leisten. Sicherlich, wir haben unterschiedliche Meinungen und Ansichten. Wenn man diese aber miteinander diskutiert und sie in einen Kontext setzt, dann wären wir wirklich stark.
Ein Wirtschaftswissenschaftler aus den USA, dessen Name mir entfallen ist, sagte einmal, dass eine Gesellschaft, die die Ethik verliert, auch das Recht zur Existenz verliert. Das ist eine traurige Wahrheit. Leider ist die Menschheit auf dem Weg, ihre Existenz zu verlieren. Es gibt Kriege zwischen Völkern, die Brüder und Schwestern sein könnten – Kriege, die angezettelt werden durch mediale und sonstige Manipulationen seitens der Vereinigten Staaten. Das ist unerhört, und wir erleben es in den letzten Jahren immer wieder. Man muss sich dagegenstellen, denn wir brauchen Frieden. Eine friedliche Entwicklung ist das A und O. Aber es muss auch ein Frieden in Würde sein. Che Guevara sagte stets, man könne nicht von »Frieden« sprechen, solange noch ein einziges Kind auf der Welt an Hunger sterben muss. Wir können nicht von »Frieden« sprechen, solange Kinder an Unterernährung sterben oder an Krankheiten, die geheilt würden, wären die richtigen Medikamente vor Ort.
Wirklicher Frieden bedeutet auch soziale und wirtschaftliche Entwicklung und Solidarität zwischen den Völkern. In diesen schwierigen Jahren der Pandemie haben wir viel gelernt und verstanden, was Solidarität bedeutet. Ich hoffe, niemand wird vergessen, wie wichtig diese Solidarität ist, um voranzukommen, um eine bessere Gesellschaft aufzubauen, um eine Kraft zu entwickeln, mit der wir die Realität verändern können. Diskutiert, analysiert, sucht nach Lösungen!
Mein Vater sagte immer: »Man muss sagen, was man denkt, ohne Angst.« Ganz egal, wer es sagt, jeder hat das Recht, sich zu äußern oder zu fragen, wenn man etwas nicht versteht. Aber man muss dennoch versuchen, Lösungen zu suchen. Wenn man einfach nur diskutiert um der Diskussion Willen, dann passiert gar nichts, dann kommen wir nicht voran. Aber ein Problem zu diskutieren, um eine Lösung zu finden, dadurch kommen wir voran, dadurch wachsen wir.
Also, suchen wir gemeinsam nach Lösungen, um gemeinsam voranzuschreiten. Eine andere, eine gerechtere Welt ist möglich! Wir müssen weiter kämpfen, Genossinnen und Genossen, bis zum Sieg.
Tegucigalpa. Am 20. Dezember sind in der honduranischen Hauptstadt Tegucigalpa 123 Lehrkräfte aus Kuba eingetroffen. Sie bereiten vor Ort die landesweite Alphabetisierungskampagne nach der erfolgreichen kubanischen Methode „Ich kann das“ ( Yo, sí puedo) vor. Diese Aktion findet im Rahmen des bilateralen Bildungsabkommens statt.
Der Einsatz kubanischer Pädagogen in Honduras sei trotz der verschärften Blockademaßnahmen gegen Kuba seitens der USA möglich gemacht worden, hob der ehemalige Präsident und jetzige Präsidentschaftsberater Manuel Zelaya hervor. Ziel ist es, die Analphabetenrate in Honduras in den nächsten vier Jahren von aktuell zwölf auf fünf Prozent zu senken.
Der Unterricht startet im Februar mit fünf kubanischen Spezialisten in der Hauptstadt, wo circa vier Prozent der Bevölkerung nicht lesen und schreiben können. Das Programm richtet sich an Erwachsene und Senioren, die zuvor keine Möglichkeiten hatten, sich Lese- und Schreibfähigkeiten anzueignen. Die Teilnahme ist kostenlos. Nach einer detaillierten Bestandsaufnahme in diesen Monaten werden die Bevölkerungsteile definiert, bei denen die Maßnahme am dringendsten benötigt wird.
Mehr als zehn Millonen Menschen in über 30 Nationen haben bereits von diesem modernen audiovisuellen Programm profitiert. Es passt sich genau den landesgegebenen Strukturen an und wird in enger Koordination mit dem Lehrpersonal vor Ort durchgeführt. Nicht nur die offiziellen Landessprachen werden unterrichtet, sondern auch indigene Sprachen, um deren Übermittlung von Generation zu Generation zu fördern. Das Programm wird auch in der Blindenschrift Braille angeboten.
Zum ersten Mal wurde diese Methode ab 2003 mit der Alphabetisierungskampagne der Regierung von Präsident Hugo Chávez in Venezuela umgesetzt. Über eine Million Menschen nahmen teil. Das Programm funktioniert durch Unterricht per Video und wird durch Bücher oder Broschüren ergänzt. Ebenso wichtig ist ein „Lernhelfer“ (Facilitador): eine Person aus der gleichen Gemeinde, die durch Spezialisten geschult wird, um ihren Nachbarn beim Lernprozess zu helfen. Bereits im Jahr 2005 konnte die Unesco Venezuela als frei von Analphabetismus erklären.
Kuba selbst hat gemäß Unesco schon lange Zeit eine der höchsten Raten der Alphabetisierung in Lateinamerika: 99,8 Prozent.
https://www.jungewelt.de/artikel/440349.s%C3%BCd-s%C3%BCd-zusammenarbeit-alle-satt-machen.html
Von Volker Hermsdorf
Auch wenn das Angebot in Havanna reichhaltig aussieht, ist Ernährungssicherheit für Kuba ein bestimmendes Thema
Die karibischen Nachbarstaaten Kuba und Haiti wollen bei Projekten zur Ernährungssicherheit und Nahrungsmittelsouveränität enger kooperieren. Auf einem am Mittwoch in Panama-Stadt beendeten dreitägigen Forum der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) haben sich Experten beider Länder über Erfahrungen und Programme mit innovativen Ansätzen ausgetauscht. Die Bevölkerung der benachbarten Inselrepubliken leidet aus unterschiedlichen Gründen unter Problemen bei der Versorgung mit Nahrungsmitteln. Laut der kubanischen Nachrichtenagentur Prensa Latina soll das Treffen in Panama dazu beitragen, die Süd-Süd-Zusammenarbeit zu fördern.
Die Delegation aus Havanna hat dabei unter anderem Studien des Fachzentrums Sierra Maestra über die Erzeugung, Nutzung und Verwendung von Pflanzen mit hohem Proteingehalt in der Tier- und Humanernährung vorgestellt. Als Beispiel verwies die FAO darauf, dass Moringa- und Maulbeerblätter mit sehr guten Ergebnissen für die Fütterung von Vieh und Kleintieren wie Kaninchen und Geflügel verwendet werden, um die Ernährungssouveränität und -sicherheit in dem karibischen Land zu verbessern. Am Montag ging es unter anderem um Praxis und Ergebnisse der Schulspeisungen in Kuba, die in der Region als vorbildlich gelten. Die FAO hatte erst Ende August darauf hingewiesen, dass auf dem Kontinent 56,5 Millionen Menschen, darunter fünf Millionen Kinder unter fünf Jahren, keinen Zugang zu angemessener Nahrung haben. Seine Organisation messe deshalb Schulspeisungsprojekten eine zentrale Bedeutung bei, erklärte der FAO-Beauftragte für Ernährung, Israel Rios.
Weitere Themen waren ein im Februar in Kuba vorgestellter Plan zur Nahrungsmittelsouveränität und ein daraufhin im Juli verabschiedetes Gesetz zur Ernährungssouveränität und -sicherheit. Mit den darin vorgesehenen Maßnahmen will die Regierung die landwirtschaftliche Produktion steigern, die Abhängigkeit von Importen verringern und die Ernährungserziehung der Bevölkerung verbessern. Zwar gebe es »in Kuba keinen Hunger, aber das Risiko der Ernährungsunsicherheit besteht«, hatte damals der Berater für die Umsetzung des Programms, der brasilianische Theologe und Intellektuelle Frei Betto, erklärt. Laut Betto sind neben hausgemachten Problemen vor allem die seit über 60 Jahren gegen die Insel verhängte US-Blockade und die Auswirkungen des Klimawandels für die Nahrungsmittelkrise in Kuba verantwortlich. Im März lobte der FAO-Vertreter in Havanna, Marcelo Rezende, die trotz US-Blockade gemachten Anstrengungen für eine »gesunde Ernährung und eine nachhaltige Landwirtschaft« als positive Beispiele für die Region.
Haiti ist zwar keiner US-Blockade ausgesetzt, laut einer Einschätzung der FAO auf globaler Ebene aber »das drittgefährdetste Land in bezug auf den Klimawandel«. Die Nahrungsmittelversorgung sei stark von extremen Wetterphänomenen betroffen »zusätzlich zum Mangel an Infrastrukturen und grundlegenden Dienstleistungen sowie einer fast nicht vorhandenen Integration von Innovation und Wissenschaft«, heißt es in dem Bericht. Die Delegierten aus Haiti, wo rund 85 Prozent der formellen Arbeitsplätze in der Landwirtschaft bestehen und etwa ein Viertel des Bruttoinlandsproduktes in diesem Bereich erzeugt wird, wiesen darauf hin, dass sich ihr Land in einer dramatischen Notlage befinde. Die FAO hatte bereits im Oktober berichtet, dass mit 4,7 der 11,4 Millionen Einwohner rund 40 Prozent der Bevölkerung unter »akutem Hunger« leiden. In der Gemeinde Cité Soleil, dem ärmsten und am dichtesten besiedelten Arbeiterviertel von Port-au-Prince, seien bereits 65 Prozent der dort lebenden Menschen von »großer Ernährungsunsicherheit« betroffen. Damit habe der Hunger in Haiti erstmals »katastrophale Ausmaße« erreicht, schlug die FAO Alarm.
Obwohl Ausmaß und Ursachen für die Probleme bei der Nahrungsmittelversorgung in den beiden Ländern mit einer annähernd gleichgroßen Bevölkerungszahl völlig unterschiedlich sind, sollen Erfahrungsaustausch und Zusammenarbeit fortgesetzt werden.
Seit dem vergangenen Jahr treibt Ihr Netzwerk das Projekt »Ein Solarkraftwerk für Cuba« voran. Weitere Sonnenkollektoren sind bereits auf dem Weg nach Kuba. Wie steht es um die Energieversorgung dort, nachdem der Hurrikan »Ian« vor einigen Wochen über die Insel fegte?
Die Lage auf Kuba ist nach wie vor sehr prekär. Zunächst hatte ein durch Blitzschlag ausgelöster Brand im Industriehafen von Matanzas, östlich von Havanna, im August vier Tanks mit Treibstoff zur Stromerzeugung zerstört. Das schränkte die sowieso schwer geschädigte Stromversorgung weiter ein. Ersatzteilmangel bei großen Heizölkraftwerken hatte bereits zuvor zu Ausfällen geführt, weswegen sie kaum Strom produzieren konnten. Ende September entstanden durch Hurrikan »Ian« im Westen des Landes schwere Verwüstungen, woraufhin der Strom ausfiel. Auch über das Dach des Biotechnologieunternehmens CIM in Havanna, wo sich unsere gespendete Solaranlage mit einer Leistung von 100 Kilowattpeak befindet, fegte der Hurrikan hinweg. Die hielt jedoch stand. »Ian« hinterließ freilich in dieser Gegend nicht so verheerende Schäden wie etwa in der Region Pinar del Rio. Dort gibt es mehr als 80.000 beschädigte Häuser mit mehr als 8.000 komplett vernichteten Wohnungen.
Die Lage wird zusätzlich durch die US-Blockade gegen Kuba verschärft. Hat sich irgend etwas verbessert, seitdem Joseph Biden Präsident ist?
Nein. Unter Donald Trump eingeführte Maßnahmen des Embargos bestehen weiter. Während der Hurrikankrise gab es kaum Lockerungen, um etwa Ersatzteile aus den USA wieder liefern zu können. Firmen, die nach Kuba exportieren, sind schwer zu finden. Sie müssen befürchten, selbst sanktioniert zu werden.
In welchem Umfang kann das Solarkraftwerk Kuba nutzen?
Wir hätten selbst nie gedacht, dass wir eine Solaranlage in der Größenordnung auf die Insel bringen können. Bereits fünf Monate nach der ersten Lieferung wurden 71.387 Kilowattstunden produziert, pro Monat also knapp 15.000. Zum Jahresende sollen Anlagen mit weiteren 230 Kilowattpeak ans Netz gehen. Ein weiterer Container ist unterwegs. Ab Januar 2023 ist eine Jahresproduktion von ca. 500.000 Kilowattstunden geplant.
Wie funktioniert die gespendete Anlage?
Die Solaranlage befindet sich auf dem Dach des Unternehmens CIM, wo etwa 1.000 Beschäftigte arbeiten. Der Strom wird unmittelbar im Betrieb verbraucht, Batteriespeicherung ist unnötig. Die dort erzeugte Energie entlastet das Netz von Havanna. Die Größenordnung, auf die wir sehr stolz sind, ist dennoch relativ. Wie dramatisch der Strommangel ist, zeigt sich etwa darin, dass ein sogenanntes Kraftwerksschiff aus der Türkei vor Havanna liegt, um die Insel mit Energie zu versorgen. Unsere Solaranlage spart dem kubanischen Staat ungefähr die Anschaffung von 150.000 bis 160.000 Liter Diesel beziehungsweise Heizöl.
Sie sind auf Spenden angewiesen. Wieviel Geld wird benötigt?
Vor kurzem haben wir nochmals einen Spendenaufruf gestartet und sind erfreut, dass wir insgesamt 158.000 Euro sammeln konnten. Wir wollen Kuba weiterhin helfen, mit Solaranlagen ökologisch Strom zu erzeugen. Wenn nun 160.000 Liter Heizöl nicht mehr verbrannt werden, ist das ein großer Erfolg. So können CO2-Emissionen auf der Insel reduziert werden.
Ist die Spendenbereitschaft in der BRD angesichts der explodierenden Energiekosten und wirtschaftlicher Einschnitte in Folge der Coronapandemie gesunken?
Die Menschen, die solidarisch denken und ein entsprechendes Verhalten an den Tag legen, haben beachtliche Summen gespendet. Es geht um Wiedergutmachung auch mit Blick auf den Klimawandel. Unser reiches Industrieland hat immense Schäden angerichtet: Die Hurrikanintensität in Kuba hat sich im Vergleich zum vergangenen Jahrhundert verdreifacht, der Meeresspiegel steigt. Die Wetterkapriolen bringen Dürren und Überschwemmungen. Dabei hat Kuba kaum zur Klimakatastrophe beigetragen, sondern im Gegenteil seine Zuckerrohrmonokulturen aufgeforstet. Der Waldbestand ist dreimal so groß wie vor der Revolution.
Am vergangenen Wochenende waren Sie als Vorsitzender der Deutschen Kommunistischen Partei in Kuba. Wie kam es dazu?
Ich war dort beim Internationalen Treffen kommunistischer und Arbeiterparteien. Die Konferenz findet jährlich statt, war aber wegen der Pandemie zuletzt zweimal ausgefallen. Für dieses Jahr hatte sich die Kommunistische Partei Kubas bereit erklärt, einzuladen. Als DKP sind wir Mitglied im sogenannten Solidnet. Das ist die weltweite Struktur der kommunistischen und Arbeiterparteien, die diese Treffen organisiert.
Wie viele Menschen sind in Kuba zusammengekommen?
Dort waren 142 Delegierte aus 77 Parteien aus wiederum 60 Ländern. Das ist schon eine ganze Menge – zumal nicht mehr wie früher die gastgebende Partei die Kosten der Unterbringung übernommen hat.
Wie kontrovers wurde bei der Konferenz diskutiert, etwa über den Ukraine-Krieg?
Es gibt unterschiedliche Einschätzungen zu verschiedenen Themen, aber die Gemeinsamkeiten überwiegen. So ist es auch beim Ukraine-Krieg. Wir waren uns vollkommen einig, dass die größte Gefahr für den Frieden und die Menschheit von den Imperialisten in den USA, in der EU, in der NATO ausgeht. Über die Unterschiede in der Bewertung etwa der Russischen Föderation wurde bilateral diskutiert, munter und intensiv. Im Plenum sind solche Debatten wenig sinnvoll.
Mich freut, dass es sowohl eine gemeinsame Abschlusserklärung als auch einen gemeinsamen Aktionsplan gibt. Das liegt auch an dem großen Engagement der kubanischen Gastgeber. Die Kommunistische Partei hat diesem Treffen eine ungeheure Bedeutung beigemessen. Ihr Generalsekretär, der kubanische Präsident Miguel Díaz-Canel, hat zweimal an dem Treffen teilgenommen und auch eine Rede gehalten.
Noch mal zum Ukraine-Krieg: Waren bei der Konferenz auch Vertreter aus Russland bzw. aus der Ukraine?
Ja. Die Kommunistische Partei der Russischen Föderation und die Russische Kommunistische Arbeiterpartei waren dort, ebenso wie der Vorsitzende der mittlerweile verbotenen Kommunistischen Partei der Ukraine. Auch die Sicht dieser Genossen auf die Lage war sehr ähnlich.
Angesichts der Unterstützung der KPRF für den russischen Krieg in der Ukraine fragen sich einige, ob ihre Nähe zur Staatsführung zu groß ist. Spielten solche Debatten auch bei Ihnen eine Rolle?
Die Kommunistische Partei der Russischen Föderation unterstützt die Politik der Regierung bezüglich der Ukraine und auch den Krieg. Aber deswegen hat sie keineswegs ihre Oppositionsrolle aufgegeben. Sie bringt sich deutlich in die sozialen Auseinandersetzungen in Russland ein. Zudem fällt auf, dass sich die Position der KPRF und die der Russischen Kommunistischen Arbeiterpartei in der Frage annähern, obgleich sie sonst auch Differenzen haben.
Sie haben auf die Abschlusserklärung verwiesen. Welche Themen sind aus Sicht der kommunistischen Parteien die drängendsten dieser Zeit?
Auch da ging es um den Ukraine-Krieg als eine der bedrohlichsten Entwicklungen derzeit. Es droht ein dritter Weltkrieg, ein Atomkrieg. Aber auch die anderen Kriege dürfen nicht vergessen werden: der im Jemen, die auf dem afrikanischen Kontinent. Bei all diesen stehen entweder die USA, die EU, die NATO oder eine Kombination von ihnen dahinter. Wir sind uns einig: Wer Frieden und sozialen Fortschritt will, muss gegen die NATO und den Imperialismus kämpfen. Das ist der Geist der Abschlusserklärung.
Vor rund fünf Wochen wurde Kuba von einem Hurrikan heimgesucht. Zahlreiche Gebäude, landwirtschaftliche Nutzflächen, Strom- und Wasserleitungen wurden im Westen der Insel beschädigt. Welchen Eindruck haben Sie von der aktuellen Lage im Land bekommen?
Ich hatte nur einen begrenzten Einblick, auch weil ich hauptsächlich an der Konferenz in Havanna teilgenommen habe. Klar ist aber, dass Kuba deutlich weniger hart von Naturkatastrophen dieser Art getroffen wäre, wenn es nicht diese unmenschliche, verfluchte 60jährige Blockade gäbe. Deren Auswirkungen sieht man überall, etwa wenn Tankstellen entweder geschlossen sind oder ewig lange Schlangen von Autos davor warten. Man spürt den Würgegriff des Imperialismus. Aber gleichzeitig gibt es da auch das gemeinsame Kämpfen dafür, dass man sich nicht vom sozialistischen Weg abbringen lässt.
Unterstützen wir das sozialistische Kuba in seinem Kampf um Souveränität und Selbstbestimmung.
20.10.2021: Download: Souveränität und Selbstbestimmung