Díaz-Canel: „Unter all den Brüdern und Schwestern, die Unser Amerika uns geschenkt hat, gehört Mexiko aus vielen Gründe zu denen, die Kuba am meisten am Herzen liegen“
Rede der Präsidenten der Republik Miguel Díaz-Canel Bermúdez bei der zivil-militärischen Parade anlässlich der Feierlichkeiten zum Jahrestag des Grito de Dolores am 16- September 2021
Autor: Granma |
Rede von Miguel Mario Díaz-Canel Bermúdez, Erster Sekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Kubas und Präsident der Republik, bei der zivil-militärischen Parade anlässlich der Feierlichkeiten zum Jahrestag des Grito de Dolores, Mexiko-Stadt, 16. September 2021, „Jahr 63 der Revolution“
(Übersetzung der stenografischen Version – Präsidentschaft der Republik)
Lieber und geschätzter Andrés Manuel López Obrador, Präsident der Vereinigten Staaten von Mexiko;
sehr geehrte Gäste;
liebes Mexiko,
vielen Dank, dass Sie uns die Gelegenheit geben, die dankbare Umarmung Kubas zu Ihren schönen nationalen Feierlichkeiten anlässlich jenes Grito de Dolores zu bringen, der vor mehr als 200 Jahren den großen Drang nach Freiheit in unserer Region geweckt hat.
Unter allen Brüdern und Schwestern, die unser Amerika uns geschenkt hat, gehört Mexiko aus vielen Gründen zu denjenigen, die Kuba am meisten am Herzen liegen.
Diese Zuneigung, die unsere Länder verbindet, beginnt mit der Faszination, die ihre tiefen und vielfältigen Spuren in der Literatur und Geschichte Amerikas in uns auslösen:
„Wie schön ist das von den Azteken bewohnte Land“, sagt der Kubaner José María Heredia im Teocalli von Cholula und öffnet damit eine faszinierende Tür zu Unserer Welt , lange vor der schrecklichen Eroberung, die Jahrhunderte später mit hemmungslosem Gemetzel und Zerstörung durch die spanischen Truppen von Santiago de Cuba aus unter dem Kommando von Hernán Cortés begann.
Aber niemand würde uns mehr über Mexiko erzählen als José Martí. Ich zitiere Auszüge aus seiner denkwürdigen Rede anlässlich der Veranstaltung zu Ehren dieses Landes bei der Hispanisch Amerikanischen Literarischen Gesellschaft im Jahr 1891: „(…) heute versammeln wir uns, um die mit Palmen und Orangenblüten umgürtete Nation zu ehren, die sich wie eine Blume der Herrlichkeit zum blauen Himmel erhebt, zu den freien Gipfeln, wo die Pfeife der Eisenbahn aufweckt, gekrönt mit Rosen wie gestern, mit der Gesundheit der Arbeit auf der Wange, der unbeugsamen Seele, die in der Glut der Asche von Cuauhtémoc funkelte und nie erlosch. Wir grüßen ein Volk, das im Schmelztiegel seines eigenen Metalls die Zivilisationen schmilzt, die ihm aufgezwungen wurden, um es zu zerstören!“
Später sagte Martí, in Bezug auf das bedeutende Datum, dessen wir heute gedenken: „Dreihundert Jahre später rief ein Priester (…) sein Dorf zum Krieg gegen die Eltern auf, die ihren eigenen Kindern das Seelenleben verweigerten; es war die Stunde der Sonne, als die Lehmhütten der armen Indianer zwischen den Maulbeerbäumen hell wurden; und seitdem hat die Sonne von Hidalgo nie aufgehört zu scheinen, obwohl sie hundertmal durch Blut verschleiert wurde! Die Köpfe der Helden wurden in eisernen Käfigen aufgehängt; die Helden haben mit einer Kugel im Herzen den Staub geschluckt, aber jedes Jahr am 16. September, im Morgengrauen, schwenkt der Präsident der Republik Mexiko vor dem Volk, vor dem freien Vaterland jubelnd die Flagge von Dolores“.
Der mexikanische Unabhängigkeitsprozess, der mit dem Grito de Dolores unter der Führung des Paters Miguel Hidalgo an einem Tag wie heute im Jahr 1810 begann und elf Jahre später mit dem Einmarsch der Armee der drei Garantien in Mexiko-Stadt vollendet wurde, unterschied sich aufgrund seiner Merkmale von anderen Prozessen, die für die Unabhängigkeitsepoche kennzeichnend waren, durch eine offenkundige Komponente sozialer und indigener Forderungen. Er hatte zweifellos einen außerordentlichen Einfluss auf den freiheitlichen und antikolonialistischen Kampf in unserer Region und insbesondere in Kuba.
Er machte sich die angestammten Bestrebungen ganzer Völker zu eigen, die Territorien nicht nur in Mexiko, sondern auch in Mittel- und Südamerika und auf den Antillen bewohnten. Er setzte sich für alle armen kreolischen Bevölkerungsgruppen – Weiße, Schwarze und Mulatten – ein, die von Elend, Hunger und Ausbeutung betroffen waren, und wandte sich gegen die Versklavung der Schwarzen .
Die breite Beteiligung des Volkes hatte einen entscheidenden Einfluss auf die Radikalisierung des Prozesses und auf die Verwirklichung wichtiger sozialer und politischer Forderungen, die eine immense Inspiration und Ermutigung für unsere Unabhängigkeitsbewegung darstellten.
Es gibt viele namhafte Kubaner, die ihr Blut und ihre Namen in der Geschichte Mexikos hinterlassen haben. Die kubanische Solidarität beim Kampf Mexikos gegen die texanischen Invasionen von 1835-1836 und der nordamerikanischen Invasion von 1846-48 ist dabei hervorzuheben, insbesondere die der Generäle Pedro Ampudia, Juan Valentín Amador, Jerónimo Cardona, Manuel Fernández Castrillón, Antonio Gaona, Pedro Lemus und Anastasio Parrodi.
Im März 1854 riefen die Kubaner Florencio Villareal und José María Pérez Hernández den historischen Plan von Ayutla ins Leben, der für den Bruch mit der diktatorischen Regierung von General Santa Anna durch die mexikanische Armee und Gesellschaft entscheidend war.
Wie der renommierte Forscher René González Barrios bestätigt hat, hatten mehrere dieser Männer Schlüsselpositionen im politisch-militärischen Leben Mexikos inne und waren Gouverneure oder militärische Befehlshaber an wichtigen Orten des Landes.
Zwei von ihnen, die Generäle Anastasio Parrodi und Pedro Ampudia Grimarest, waren während des Reformkriegs Kriegs- und Marineminister in der Regierung von Benito Juárez.
Es gab immer Kubaner an der Seite von Juárez im Kongress, in der Regierung, im Exil oder im Krieg. Prominente Landsleute wie General Domingo Goicuría y Cabrera und die Dichter Juan Clemente Zenea und Pedro Santacilia, der sein Schwiegersohn war und Sekretär und Waffenbeauftragter der Republik Kuba bei der mexikanischen Regierung, lobten sein großartiges Werk.
Im Krieg gegen die Franzosen wurde die mexikanische Armee von den Brüdern Manuel und Rafael de Quesada y Loynaz, General bzw. Oberst, den Obersten Luis Eduardo del Cristo, Rafael Bobadilla und Francisco León Tamayo Viedman, dem Arzt-Kommandanten Rafael Argilagos Gimferrer und Hauptmann Félix Aguirre unterstützt. Zu Beginn des Zehnjährigen Krieges kehrten alle nach Kuba zurück.
Mexiko war das erste Land, das unseren bewaffneten Kampf anerkannte und seine Häfen für Schiffe unter der Flagge des Einsamen Sterns öffnete. Der Kongress stimmte dem zu, Juárez traf die Entscheidung und Carlos Manuel de Céspedes, der Präsident der Republik in Waffen, dankte ihm in einem denkwürdigen Brief an seinen mexikanischen Amtskollegen: „…höchst erfreut, dass Mexiko die erste Nation in Amerika war, die auf diese Weise ihre großzügige Sympathie für die Sache der kubanischen Unabhängigkeit und Freiheit bekundet hat“.
Eine der wichtigsten Aufgaben, die Pedro Santacilia dann mit Zustimmung von Juárez erfüllte, war die Entsendung einer ausgewählten Gruppe mexikanischer Soldaten nach Kuba, die zur Bildung und Ausbildung der entstehenden Befreiungsarmee beitragen sollten. Die Mexikaner glänzten auf den Feldern Kubas und ihre Heldentaten begeisterten die Truppen und alle, die von ihnen hörten.
Der Vater des kubanischen Vaterlandes hat dies in einem Brief an den „Verdienstvollen der Amerikas“ noch einmal festgehalten. Céspedes schrieb: „Einige mexikanische Männer sind hierher gekommen und haben ihr edles Blut auf unserem Boden und für unsere Sache vergossen, und das ganze Land hat seine Dankbarkeit für ihr heldenhaftes Handeln gezeigt“.
Zwei dieser tapferen mexikanischen Soldaten, Veteranen des Reformkriegs und des Kampfes gegen das französische Kaiserreich, erreichten in der kubanischen Befreiungsarmee den Rang eines Brigadegenerals und gehörten zum Kader ihrer wichtigsten Befehlshaber: José Inclán Risco und Gabriel González Galbán.
Liebe Freundinnen und Freunde,
aufgrund dieser liebenswerten Erinnerung, die wir teilen, sind wir bewegt und inspiriert von diesen Handlungen, die er Geschichte Reverenz erweisen, und wir kehren immer wieder zu jeder Zeile zurück, die José Martí für Mexiko geschrieben hat, der unsere beiden Nationen durch seine Werke, aber besonders durch die Briefe an seinen großen mexikanischen Freund Manuel Mercado, für immer miteinander verbindet.
Diesem Seelenfreund hinterlässt er in einem unvollendeten Brief auch sein durchschlagendes politisches Testament, das dem Ziel gewidmet ist, „mit der Unabhängigkeit Kubas zu verhindern, dass sich die Vereinigten Staaten über die Antillen ausbreiten und mit dieser zusätzlichen Kraft in die Länder in Unseres Amerika einfallen“.
Jahre zuvor schrieb Martí auf dem Weg nach Veracruz: „O geliebtes Mexiko, o angebetetes Mexiko, sieh die Gefahren, die dich umgeben, höre den Schrei eines deiner Söhne, der nicht von dir geboren wurde! Im Norden braut sich ein gieriger Nachbar zusammen (…) du wirst dir selbst befehlen, du wirst verstehen, du wirst dich führen ich werde gestorben sein, oh Mexiko, dass ich dich verteidigt und geliebt habe.
Hier starb der junge Kommunist Julio Antonio Mella für die Revolution. Er wurde in einer Straße derselben Stadt ermordet, in der sich Ernesto Che Guevara und Fidel Castro Ruz Jahre später durch seinen Bruder Raúl kennenlernen sollten.
Hier trainierten und organisierten die jungen Leute der Jahrhundert Generation ihre Expedition. Hier knüpften sie Freundschaften und Zuneigungen, die bis heute andauern und in einem Lied verewigt wurden, das wie eine Hymne dieser epischen Zeit ist: „La Lupe“ von Juan Almeida Bosque.
Aus dieser Zeit in Mexiko sind unter anderem die Namen von María Antonia González, Antonio del Conde, El Cuate, der eine Schlüsselrolle bei der Beschaffung der Jacht Granma spielte, Arsacio Venegas und Kid Medrano, professionelle Ringer, die die Truppen körperlich trainierten, sowie Irma und Joaquina Vanegas, die ihr Haus als Lagerstätte zur Verfügung stellten, für immer in die kubanische Geschichte eingegangen.
Die Übergangszeit von Fidel und seinen Kampfgefährten in Mexiko hinterließ einen tiefen Eindruck bei den späteren Granma-Expeditionsteilnehmern und hat überall Legenden geschaffen, von denen noch heute mit Bewunderung und Respekt gesprochen wird.
Wir werden nie vergessen, dass die Jacht Granma dank der Unterstützung vieler mexikanischer Freunde am 25. November 1956 von Tuxpan, Veracruz, aus in See gestochen ist. Sieben Tage später, am 2. Dezember, verließ die neu entstandene Rebellenarmee, die zur Befreiung Kubas gekommen war, dieses historische Schiff.
Wir vergessen auch nicht, dass uns General Lázaro Cárdenas nur wenige Monate nach dem historischen Sieg der Revolution im Jahr 1959 besuchte. Seine Bereitschaft, unserem Volk nach der Söldnerinvasion in Playa Girón im Jahr 1961 beizustehen, prägte unsere Beziehungen.
Getreu seiner besten Traditionen war Mexiko das einzige lateinamerikanische Land, das die Beziehungen zum revolutionären Kuba nicht abbrach, als wir auf Befehl des Imperiums aus der OAS ausgeschlossen wurden.
Was die Geschichte untrennbar miteinander verbunden hat, ist im Laufe der Jahre nie zerbrochen. Unsere beiden Länder haben sich an ihre souveräne Politik gehalten, unabhängig davon, wie nah oder fern die Regierungen einander gewesen sind. Dafür steht ein sehr mexikanischer Grundsatz: Die Achtung der Rechte der anderen bedeutet Frieden.
Es ist ein unbestreitbares Verdienst derjenigen, die ihr Leben und ihre Energie, ihr Herz und ihre Seele dafür einsetzen, diese Brüderlichkeit mit der Zärtlichkeit der Völker zu pflegen. Ich möchte an dieser Stelle die beständige, unveränderliche, leidenschaftliche und feste Solidarität würdigen, die wir in diesem Land, das alle Kubaner wie ihr eigenes lieben müssen, immer finden.
Das meinte der kubanische Apostel, der mit seiner farbenfrohen Prosa auch ein treues Porträt dieses großzügigen Volkes zeichnete, als er sagte: „Wie aus den Wurzeln des Landes entsprießt dem Mexikaner sein Charakter, scharfsinnig und stattlich, verbunden mit dem Land, das er verehrt, wo durch das doppelte Wirken der großartigen Natur und den brillanten Hauch von Legende und Epos die Ordnung des Realen und das romantische Gefühl in ihrem seltenen Maß zusammenkommen“.
Seit diesen Worten ist das gemeinsame Erbe, das von einer unendlichen Liste angesehener Intellektueller und Künstler aus beiden Nationen aufgebaut wurde, bis heute unaufhörlich gewachsen. Uns verbinden die Literatur, das Kino, die bildende Kunst, der Bolero und der Mambo.
Man könnte sagen, dass der bedeutende kulturelle Austausch zwischen Mexiko und Kuba alle Erscheinungsformen der Kultur im weitesten Sinne umfasst, da die Beziehung im Sport nicht weniger einflussreich ist, insbesondere im Baseball und Boxen, wo die Verbindung so natürlich und tiefgreifend ist, dass manchmal der genaue Ursprung von Werken und Ereignissen verloren geht und man zu dem Schluss kommen muss, dass sie von beiden stammen.
Freundinnen und Freunde,
aus diesen und anderen Gründen, die nicht in eine notwendigerweise kurze Rede passen, ist es eine große Ehre, an der Militärparade zum Gedenken an den Beginn des Kampfes um die Unabhängigkeit Mexikos teilzunehmen und unsere Gefühle vor Ihrer Regierung und Ihrem Volk zum Ausdruck zu bringen.
Ich tue dies in dem Bewusstsein, dass dies eine Anerkennung der historischen und brüderlichen Beziehungen zwischen Mexiko und Kuba ist, ein echtes Zeichen der Wertschätzung, der Zuneigung und des Respekts, für das ich im Namen meines Volkes zutiefst dankbar bin.
Die Entscheidung, uns einzuladen, hat einen unermesslich größeren Wert in einer Zeit, in der wir unter dem Ansturm eines multidimensionalen Krieges leiden, mit einer verbrecherischen Blockade, opportunistisch verschärft mit mehr als 240 Maßnahmen inmitten der Covid-19-Pandemie, die so dramatische Kosten für alle, aber insbesondere für die am wenigsten entwickelten Länder hat.
Gleichzeitig sind wir mit einer aggressiven Kampagne des Hasses, der Desinformation, der Manipulation und der Lüge konfrontiert, die auf den verschiedensten und einflussreichsten digitalen Plattformen geführt wird und alle ethischen Grenzen außer Acht lässt.
Unter dem Feuer dieses totalen Krieges hat die Solidarität Mexikos mit Kuba in unserem Volk eine größere Bewunderung und tiefste Dankbarkeit hervorgerufen.
Erlauben Sie mir, Ihnen, lieber Präsident, zu sagen, dass sich Kuba immer an Ihre Unterstützungsbekundungen erinnern wird, an Ihre ständige Forderung nach Aufhebung der Blockade und nach Umsetzung der jährlichen Abstimmung bei den Vereinten Nationen in konkrete Maßnahmen, was Ihr Land in beispielhafter Weise für unser Volk getan hat.
Wir sind sehr dankbar für die Hilfe, die wir in Form von medizinischen Hilfsgütern und Nahrungsmitteln erhalten haben, um die kombinierten Auswirkungen der wirtschaftlichen Schikanen und der Pandemie zu lindern.
Mexikanische Schwestern und Brüder,
angesichts der komplexen epidemiologischen Situation, mit der die Welt konfrontiert ist, gewinnt die Solidarität und Zusammenarbeit zwischen unseren Völkern an Bedeutung.
Aus diesem Grund zögerten unsere medizinischen Fachkräfte und Techniker nicht, die mexikanische Bevölkerung zu begleiten, wann immer es nötig war. Und wir werden es wieder tun, wann immer sie es nötig ist.
Wir erkennen die hervorragende Arbeit an, die Mexiko als pro tempore-Vorsitzender der Gemeinschaft der Staaten Lateinamerikas und der Karibik geleistet hat, einem Mechanismus mit echter lateinamerikanischer und karibischer Berufung, der darauf abzielt, die Einheit in der Vielfalt unseres Amerikas gegen das neoliberale Rekolonisierungsprojekt zu verteidigen, das man uns aufzwingen will.
Wie Fidel in einer Veranstaltung der kubanisch-mexikanischen Freundschaft am 2. August 1980 sagte: „Wir werden nichts hinnehmen, das sich gegen Mexiko richtet,, wir werden es als unser eigenes Land empfinden. Wir werden der Freundschaft treu bleiben, die durch Jahrhunderte der Geschichte und schöne gemeinsame Prinzipien geschmiedet wurde!“
Es lebe Mexiko!
Es lebe die Freundschaft zwischen Kuba und Mexiko !(Beifall)