PETRO LIEFERT Gespräche in Kuba
Petro hatte bereits im Wahlkampf angekündigt, die Friedensverhandlungen mit der ELN wieder aufnehmen zu wollen. Diese waren 2019 von seinem rechten Vorgänger Iván Duque abgebrochen worden – offiziell wegen eines Autobombenattentats in einer Polizeikadettenschule in der kolumbianischen Hauptstadt, bei dem 22 Personen getötet und 68 verletzt worden waren. Die ELN ist die größte weiterhin aktive Guerillaorganisation in Kolumbien. Beobachter gehen davon aus, dass die Gruppe in den vergangenen Jahren wachsen konnte, Schätzungen zufolge zählt sie zwischen 1.800 und 2.500 Kämpferinnen und Kämpfer in ihren Reihen.
Die Verhandlungen zwischen der damaligen Regierung von Juan Manuel Santos und der ELN hatten 2017 in der ecuadorianischen Hauptstadt Quito begonnen und wurden 2018 nach Havanna verlegt. Für Norwegen, das bereits damals die Rolle der Garantiemacht eingenommen hatte, flog am Donnerstag Jon Otto Brødholt, Sondergesandter für den Frieden, nach Kuba. Begleitet wurde die Delegation zudem vom Leiter der UN-Verifizierungsmission, Carlos Ruiz Massieu, und dem kubanischen Botschafter in Bogotá, Javier Caamaño. Am Montag hatte Chiles Präsident Gabriel Boric nach einem Treffen mit Petro seine Bereitschaft erklärt, mögliche Friedensgespräche mit der ELN zu unterstützen.
Am Dienstag erklärte der ELN-Comandante Eliécer Erlinto Chamorro, alias Antonio García, gegenüber dem kolumbianischen TV-Sender Canal 1, die Verhandlungen müssten da wieder aufgenommen werden, wo sie unter der Santos-Regierung beendet worden waren. Als erster Schritt müsse eine bilaterale Waffenruhe vereinbart werden. Zugleich warnte der Comandante davor, die Fehler aus den Friedensverhandlungen mit der FARC-Guerilla, die 2016 in der Unterzeichnung eines Abkommens gemündet hatten, zu wiederholen. Solche habe es »in der Verhandlungsstrategie« gegeben, auch die Ziele seien »nicht klar genug« gewesen. »Es muss Klarheit darüber herrschen, worüber und zu welchem Zweck verhandelt wird«, erklärte Chamorro weiter.
Zugleich betonte der ELN-Comandante, seine Guerilla werde sich nicht an Friedensverhandlungen beteiligen, sollte die neue Regierung gemeinsame Gespräche mit anderen bewaffneten Akteuren anstreben. »Eine Regierung kann mit jedem reden, aber wenn die Regierung uns mit den Banden oder paramilitärischen Gruppen in einen Topf wirft, werden wir nicht mitmachen«, so Chamorro gegenüber Canal 1. Der Ansatz von Petro, einen »totalen Frieden« zu erreichen, schließt auch Verhandlungen unter anderem mit Drogenkartellen ein. Noch am vergangenen Sonntag, dem Tag der Amtsübernahme des neuen Präsidenten, war ein offener Brief des »Clan del Golfo« bekanntgeworden, in dem das Kartell seine Bereitschaft zu Gesprächen mit der neuen Linksregierung erklärte. Auch andere Guerillagruppen, die aus den demobilisierten FARC-Strukturen hervorgegangen sind, zeigten sich offen für neue Verhandlungen.