Wirtschaft und Desinformation
https://de.granma.cu/cuba/2024-01-31/wirtschaft-und-desinformation
In dem sehr langen asymmetrischen Krieg, der gegen unsere Revolution geführt wird, besteht das Ziel darin, Verzweiflung zu erzeugen und die Behörden zu diskreditieren
Autor: Antonio Rodríguez Salvador |
Wir lesen häufig Artikel, die von Akademikern verfasst und in ausländischen Medien veröffentlicht werden,die sich von der schweren Wirtschaftskrise sprechen, die unser Land durchmacht.
Unter anderem werden hohe Inflation, Versorgungsengpässe und Energieknappheit erwähnt, und dann wird uns erzählt, wie schlimm dies für den Durchschnittsbürger ist.
Natürlich muss man kein Wirtschaftswissenschaftler sein, um eine solche Realität zu erkennen. Vielleicht ist nicht jeder in der Lage, sie anhand von Tabellen und Schaubildern zu veranschaulichen, aber er kann zu denselben Schlussfolgerungen gelangen, wenn er den Stromausfall erlebt oder auf die Straße geht und die hohen Preise für Grunderzeugnisse sieht.
Ein aufmerksamer Leser könnte sich fragen: Was ist der Sinn einer solchen Erklärung des Offensichtlichen? Nun, sagen wir, es handelt sich nicht um eine Binsenweisheit im eigentlichen Sinne, sondern um ein Hilfsmittel um ein bestimmte Meinung zu konstruieren. Und ist die Krise nicht real, könnte derselbe Leser fragen. Doch, die Krise ist real, aber nicht der Diskurs, der über sie geführt wird.
Dann werden mehr oder weniger geschickt bestimmte typische Instrumente der Desinformationsrhetorik in den Text eingebaut. In der Regel wird als erstes der so genannte „Ankereffekt“ oder „Anchoring“ verwendet.
Darunter versteht man die psychologische Tendenz, sich zu sehr auf die erste Information, die wir erhalten, zu verlassen. Unser erster Bezugspunkt fungiert oft als eine Art „Anker“.
So werden von Anfang an Allgemeinplätze eingeschoben, die negativ konnotiert sind. Ziel ist es, dem Text „Glaubwürdigkeit“ zu verschaffen, indem man sich eine gewisse negative Stimmung zunutze macht, die die Krise beim Durchschnittsbürger hervorruft. Zu diesem Zweck werden Fachausdrücke mit anderen gemischt, die für die Umgangsformen und die Sprache der einfachen Leute typisch sind – der so genannte „Quidam-Effekt“ -, so dass der Empfänger eher bereit ist, das Vorgeschlagene zu akzeptieren, wenn die Person, die es vorträgt, nicht nur fachliche Kompetenz beweist, sondern auch Ähnlichkeiten mit ihnen selbst aufweist.
Damit versucht man auch den so genannten „Polaritätseffekt“ zu erreichen, ein linguistisches und semantisches Konzept, bei dem negative Wörter durch Konkordanz andere negative Wörter anziehen. Wenn ein Empfänger unter dem Einfluss einer Emotion steht, ist er oder sie weniger geneigt, eine kritische Analyse vorzunehmen.
Eine solche emotionale Manipulation dient auch anderen Zwecken. So werden beispielsweise Bedingungen geschaffen, um den so genannten „bestätigenden Bias“ auszunutzen, d. h. die Tendenz, vor allem die Informationen zu bevorzugen oder zu erinnern, die die eigenen Überzeugungen oder Hypothesen bestätigen. Damit soll auch der Eindruck vermittelt werden, dass dies allgemein vertretene Ansichten sind, so dass der Empfänger eher bereit ist, die angebotenen „Lösungen“ zu akzeptieren.
MANIPULATION UND „STIMME DES VOLKES“
Auf diese Art soll auch ein subtiles „Argument ad populum“ (lateinisch, an das Volk gerichtet) erreicht werden, eine Art populistischer Trugschluss, bei dem auf ein Argument oder eine Behauptung mit dem Verweis auf die vermeintliche Meinung des Volkes im Allgemeinen geantwortet wird.
Auf diese Weise scheint der Absender die Informationen nicht zu manipulieren, sondern der „Volksstimme“ lediglich einen „wissenschaftlichen“ Charakter zu verleihen.
Um von der wahrscheinlichen „Lösung“ mit scheinbarer „Wissenschaftlichkeit“ zu überzeugen, werden verschiedene rhetorische Mittel eingesetzt. Eine davon ist der so genannte „Sniper’s fallacy“, der darin besteht, bestimmte Informationen so lange kosmetisch zu berarbeiten, bis sie einen Sinn zu ergeben scheinen.
Der Name dieses rhetorischen Mittels leitet sich von jemandem ab, der wahllos mehrere Schüsse auf eine Wand abgibt und dann um jeden herum eine Zielscheibe zeichnet, um um sich dann als Scharfschütze auszugeben.
Auch die Methode des „falschen Dilemmas“- wird verwendet, die darin besteht, nur zwei mögliche Optionen zu präsentieren, die fast immer entgegengesetzt sind, während es in Wirklichkeit andere Alternativen gibt, die nicht berücksichtigt werden.
Dies haben wir zum Beispiel in Texten gesehen, die die Meinungsmatrix verstärken, indem sie die Krise auf das aktuelle Wirtschaftsmodell Kubas schieben.
Abgesehen von den Unzulänglichkeiten oder Verzerrungen bei der Anwendung des Modells entstanden sind, werden wichtige Aspekte, die nichts mit dem Modell zu tun haben, ausgeklammert oder ihre Bedeutung wird heruntergespielt, wie im Falle der schädlichen Auswirkungen, die sich durch die Verschärfung der Blockade ergeben haben.
Diese kriminelle Politik gegen das Land, die darauf abzielt, Investitionen zu verhindern, Lieferketten zu sabotieren und legitime Handels- und Finanzgeschäfte zu kriminalisieren, wird oft als billiger Vorwand dargestellt, um Unzulänglichkeiten zu verschleiern.
Auch die Tatsache, dass sich die Insel noch nicht von den Auswirkungen der Pandemie erholt hat, die das Land zur Schließung zwang, was sich auf die Einnahmen aus dem Tourismus auswirkte und zu hohen Ausgaben und kostspieligen, nicht geplanten Investitionen führte, wird häufig verschwiegen oder heruntergespielt.
Außerdem wird ein globales Umfeld außer Acht gelassen, das von hohen Rohstoff-, Lebensmittel- und Kraftstoffpreisen infolge verschiedener Konflikte in der Welt geprägt ist.
Wir leben in turbulenten Zeiten, die den Welthandel stören, indem sie Unsicherheit in den Lieferketten schaffen. Zu den Krisen im Roten Meer und im Persischen Golf kommt der niedrige Wasserstand des Panamakanals hinzu, der die Kosten für die Schifffahrt in die Höhe treibt und die ohnehin schon hohen Lebensmittel- und Kraftstoffpreise weiter in die Höhe treibt.
Als Inselstaat, dem ein monströses Torricelli-Gesetz auferlegt wurde, leiden wir mehr als alle anderen unter dieser Situation.
Schließlich soll durch das Weglassen zahlreicher Beweise, die nichts mit dem Wirtschaftsmodell zu tun haben, der so genannte „single cause fallacy“ erreicht werden. Dieser besteht darin, von einer einzigen Ursache auszugehen, während es sich in Wirklichkeit um die Kombination mehrerer Ursachen handelt.
Es gibt noch viele weitere diskursive Strategien, die zur Schaffung bösartiger Narrative verwendet werden, aber diese können hier nicht alle erwähnt werden.
Wir wollen nur hinzufügen, dass es sich dabei oft um Techniken aus dem Lehrbuch handelt, die in den Kontext eines langen asymmetrischen Krieges gegen unsere Revolution eingebettet sind und mit denen Verzweiflung erzeugt und die Führung des Landes diskreditiert werden soll.
Solche Praktiken können jedoch mit Hilfe von Methoden aus Disziplinen wie der Diskursanalyse aufgedeckt werden: ein Zweig der angewandten Linguistik, der Formen des Sprachgebrauchs untersucht und die Untersuchung von Logik und rhetorischer Qualität bei der Erzeugung von Argumenten und Erzählungen ermöglicht.