Bericht über das Treffen der Soli-Bewegung mit Cuba auf Einladung des Netzwerk Cuba mit Rosa Miriam Elizalde, cubanische Journalistin und 1. Vizepräsidentin des Journalistenverbandes am 15.1.2023
Dank an Rosa für ihre hervorragende Rede bei der Rosa-Luxemburg-Konferenz am Vortag. Sie
dankt zurück für den unermüdlichen Kampf der deutschen Soli-Bewegung, der sehr sichtbar sei,
insbesondere für die von hier ausgegangene Kampagne UnBlockCuba.
Sie weiß, dass wir insgesamt gut informiert sind über die gegenwärtige Situation in Cuba, die sie als
die schwierigsten Momente der kubanischen Revolution bezeichnet. Sie selbst ist aufgewachsen
unter den Bedingungen der Spezialperiode mit den erlebten vielfältigen Mangelsituationen. Heute
zusätzlich noch zahlreiche weitere Einflüsse: die Verschärfungen der Blockade unter Trump, die
Pandemie mit Mangel an grundlegenden Medikamenten und Instrumenten und vor allem der von
Miami ausgehende Krieg, der Verwirrung und Chaos verursachen, das Vertrauen in die politischen
Institutionen zerstören soll. Das heißt, es gibt einen Doppelangriff, einerseits auf die
wirtschaftlichen Grundlagen, andererseits auf das politische System. Die Architektur: die
traditionellen Medien, die man individuell konsumiert, die Kultur des Individualismus und die
neuen Medien, die durch die neuen technologischen Möglichkeiten einen komplexen Einfluss
nehmen, die Frust und Verzweiflung erzeugen sollen.
Dabei wird der Zugang Cubas zu den IT-Ressourcen systematisch behindert, etliche Plattformen
und Inhalte sind gesperrt. Die USA geben Unmengen von Geld aus, um dies exklusiv auf Cuba
ausgerichtet zu finanzieren, wobei insbesondere die Jugend das Ziel sind, wie auch die
Fragmentierung der Zivilgesellschaft.
Bis 2018 war die Nutzung des Internets sehr eingeschränkt, dann wurden innerhalb eines Monats 20
% der Bevölkerung angeschlossen, heute sind es 7 von 10 Cubaner:innen, die das Internet nutzen.
Bereits im Feb. 2019 wurde es genutzt für Umsturzbestrebungen – zur Erinnerung: Corona trat erst
im März in Cuba auf. Zur Täuschung haben in Miami etliche Domänen Cuba im Namen, obwohl
sie von außerhalb des Landes betrieben werden. Im Kern steht immer wieder: der Verursacher aller
Probleme ist die cubanische Regierung. Das heißt: die wirtschaftliche, kommerzielle und finanzielle
Blockade wird ergänzt durch einen direkten Angriff auf das Gehirn und das Denken der Menschen.
Debatte:
Sorge über die intensive Debatte z.B. in der Nationalversammlung über die Korruption im
Lande, die sicher z.T. Mangel bedingt ist und vom Feind genutzt werden kann. Schon Fidel
hat vor dem Journalistenverband gefordert, dass Journalisten der Offenheit und Wahrheit
unabdingbar verpflichtet sein müssen, Kritik als Element der Gesellschaft bedeutet eine
Stärke, da sie beiträgt zur Findung von Konsens und Lösung. Negative Phänomene wie
Egoismus und Individualismus und Korruption existieren, sie sind nicht zu verschweigen,
sie passen nicht zur Revolution. Wenn man sich darauf beschränkt, nur von Erfolgen zu
berichten, entfernt man sich von der Bevölkerung.
Die Wahlbeteiligung an den Wahlen in den Gemeinden war mit 68% ungewöhnlich niedrig,
am 23.3. finden die Wahlen auf nationaler Ebene statt. Grund zu tiefer Besorgnis? Rosa
meinte, persönlich von dem Ergebnis positiv überrascht zu sein angesichts der schwierigen
Lage im Lande nach der Pandemie (ohne Möglichkeit eines intensiven Austauschs mit der
Bevölkerung) und insbesondere der energetischen Krise mit Höhepunkt am 27.Nov. 2022
und den Auswirkungen des Hurrikans in den westlichen Landesteilen mit dem Verlust von
Wohnungen. Eine Kommission ist dabei die, die Gründe zu untersuchen und sie hat
festgestellt, dass 53 % der ungültigen Stimmen darauf beruhten, dass mehr als 1 Kandidat
angekreuzt wurde. Selbstkritik: die Journalisten haben bei der Vorbereitung Fehler gemacht.
Aber auch: insgesamt funktionieren die von außen gesteuerten Kampagnen in Cuba nicht!
Die Anforderungen an die Journalisten: bislang haben wir den hohen Anspruch nicht
erfüllen können. Der beste Kommunikator war Fidel, aber die Presse unterlag vielfältigen
Restriktionen, in einem belagerten Land, so dass nicht immer volle Transparenz und
Glaubwürdigkeit gegeben war. Insbesondere fehlte es an einer rechtlichen Grundlage, einer
Normative. Jetzt ist eine Kommunikationsgesetz in Vorbereitung, das auch die
professionellen Werte formuliert und im Februar in der Nationalversammlung beschlossen
werden soll. Es berücksichtigt den technologischen Wandel, die Rechte der Journalisten, die
Adressaten und Zielgruppen und die gesellschaftlichen Akteure, und soll die Partizipation
der Bürger gewährleisten. Es ist aber bewusst, dass Gesetze allein nicht zaubern können.
Beispiel für die Pressefreiheit hierzulande: die überwältigende UN-Abstimmung gegen die
Blockade Cubas wurde in unseren Medien nicht zur Kenntnis genommen, ganz anders als
die Abstimmungen zum Ukraine-Krieg, die angeblich die geschlossene Weltmeinung
ausdrücken sollen.
Angelika Becker, Vorsitzende des Netzwerk Cuba