Invasion geplant
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Geleakt: Argentinien wollte unter Macri in Venezuela einmarschieren. Zeitliche Nähe zu US-Eskalation gegenüber Caracas. Maduro fordert Aufklärung
Von Volker Hermsdorf
Argentiniens rechtskonservativer Expräsident Mauricio Macri (2015–2019) soll im letzten Jahr seiner Amtszeit eine von den USA unterstützte Invasion in Venezuela erwogen haben. Das geht aus bislang geheimen Dokumenten hervor, die der bekannte argentinische Journalist Horacio Verbitsky am Sonntag (Ortszeit) auf seinem Internetportal »El Cohete a la Luna« veröffentlicht hat. Die in dem Dossier geleakten Unterlagen des Nachrichtendienstes der argentinischen Streitkräfte enthalten Details der zwischen April und Juli 2019 unter dem Kommando des heutigen Militärchefs, General Juan Martín Paleo, durchgeführten Übung »Puma«. Danach sei die Invasion in mehreren Manövern über »drei Korridore« vorbereitet worden, nämlich vom Norden über das Karibische Meer, eine Landinvasion über Kolumbien sowie einen Angriff von Brasilien aus, berichtete das Portal.
US-Handschrift
Verbitsky weist darauf hin, dass die »Puma«-Übung zeitlich mit der Eskalation der USA gegen die Regierung von Venezuelas Präsident Nicolás Maduro zusammengefallen war, zu der auch die Anerkennung des selbsternannten »Interimspräsidenten« Juan Guaidó gehört habe. Guaidó hatte sich am 23. Januar 2019 zum »amtierenden Präsidenten« Venezuelas erklärt und war außer von Washington auch von einigen rechten Regierungen der Region, einschließlich der von Macri, sofort anerkannt worden. Den Dokumenten zufolge fand die erste Sitzung der Manöverplanungen unter der Leitung von Paleo am 15. April 2019 statt. »Am 30. April führte Guaidó einen militärischen Aufstand mit der Bezeichnung Operation Liberty an. Dabei hatte eine Gruppe abtrünniger Armeeangehöriger den Oppositionspolitiker Leopoldo López aus dem Hausarrest befreit und zu einem Militärstützpunkt gebracht, wo er in Erwartung von Solidaritätsaktionen anderer Einheiten zunächst einquartiert wurde, um den gescheiterten Putschversuch von 2002 zu wiederholen«, heißt es in dem Dossier.
»Humanitäre Hilfe«
Während Venezuelas Regierung den »versuchten Staatsstreich« verurteilte, feierte der argentinische Staatschef die Aktion. »Wir hoffen, dass dies der entscheidende Moment für die Wiederherstellung der Demokratie ist. Möge die lange Zeit, die zu Leid und Angst unter den Venezolanern geführt hat, ein Ende haben und eine Zeit der Freiheit, der Vernunft und des Wachstums beginnen«, schrieb Macri am 30. April 2019 auf Twitter. Zu diesem Zeitpunkt war die Planung einer möglichen Invasion bereits abgeschlossen. Auch der Oberkommandierende des Südkommandos der US-Streitkräfte (Southcom), Admiral Craig Faller, hoffte auf putschende Militärs. Sie »spielen eine wesentliche Rolle für die Zukunft Venezuelas und bei der Wiederherstellung der Hoffnung und Sicherheit des Volkes«, appellierte der US-Admiral am 23. Juni desselben Jahres an die Nationalen Bolivarischen Streitkräfte (FANB) Venezuelas. Kurz darauf traf er in Argentinien ein. Nach Angaben aus Washington war eines der Hauptthemen des bis zum 28. Juni dauernden Besuchs die »Krise in Venezuela«, sowie die Präsenz von Russland und China in Lateinamerika.
Mit Antritt des neuen Präsidenten Alberto Ángel Fernández im Dezember 2019 verloren die USA einen Teil ihres Einflusses. Als Vertreter des bis August 2021 amtierenden Verteidigungsministers Agustín Rossi General Paleo zur »Puma«-Übung befragten, erklärte dieser zunächst, es habe sich um die Sicherheitsplanung für den G20-Gipfel in Buenos Aires gehandelt. »Das war nicht stichhaltig, denn G20 tagte am 30. November und 1. Dezember 2018, während ›Puma‹ zwischen April und Juli 2019 stattfand«, stellt Verbitsky auf »El Cohete a la Luna« fest. Später habe Paleo behauptet, die Übung sei auf Befehl des damaligen Stabschefs, General Bari del Valle Sosa, mit dem Ziel durchgeführt worden, »humanitäre Hilfe« für Venezuela zu planen. »Humanitäre Hilfe und Schutz der Menschenrechte sind die üblichen Vorwände der USA für ihre Interventionen überall auf der Welt«, kommentierte der Journalist.
Sehr ernst
Venezuelas Präsident Maduro forderte am Montag eine »objektive Untersuchung« der Vorgänge. Er halte das Dossier für glaubwürdig, »denn die kontinentale Rechte, angefangen bei Macri, ist bis zum äußersten gegangen und hat alle politischen und diplomatischen Regeln gebrochen«, sagte der Staatschef in Anspielung auf die Anerkennung des Oppositionspolitikers Guaidó als »Interimspräsident« durch Macri. »Ich hoffe, dass sich in Argentinien jemand traut, seine Stimme zu erheben, damit diese Behauptung über die Vorbereitung der argentinischen Armee, von kolumbianischem Gebiet aus in Venezuela einzumarschieren, umfassend untersucht wird. Das ist etwas sehr Ernstes«, zitierte die rechtskonservative chilenische Tageszeitung La Tercera Maduro am Dienstag.