Rechte Kampagne hat Erfolg
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Peru: Außenminister Béjar tritt zurück. Weitere Angriffe auf neue Linksregierung wahrscheinlich
Von Frederic Schnatterer
Nach weniger als einem Monat im Amt muss Perus Linksregierung bereits den ersten Abgang verzeichnen. Am Dienstag nahm der neue Präsident Pedro Castillo den Rücktritt seines Außenministers Héctor Béjar an, den der 85jährige zuvor beim Präsidialamt eingereicht hatte. Wer auf den Soziologen folgen soll, ist bisher unklar.
Dem Schritt war eine Schmutzkampagne der Rechten gegen Béjar vorausgegangen. Am Sonntag hatte ein Fernsehsender Aussagen des Exaußenministers vom vergangenen November ausgestrahlt. Damals hatte Béjar im Rahmen einer virtuellen Konferenz mit Studierenden erklärt: »Der Terrorismus wurde in Peru von der Marine begonnen, die von der CIA ausgebildet wurde.« Später sagte der Soziologe, die maoistische Guerillagruppe »Leuchtender Pfad«, die in den 1980er Jahren den bewaffneten Kampf gegen die Regierung aufgenommen hatte, sei »zu großen Teilen ein Werk der CIA« gewesen, wobei er nachschob, für diese Aussage keine Belege zu haben.
Rechte Medien und Politiker versteigerten sich schnell in der Behauptung, Béjar habe die peruanische Marine statt der Guerilla für den vor allem auf dem Land brutal geführten Bürgerkrieg in den 80er und 90er Jahren verantwortlich gemacht. Zu diesem Zweck rissen sie die Aussagen des Exaußenministers bewusst aus dem Kontext. So hatte sich Béjar bei dem Vorwurf, die Marine habe Methoden des »Terrorismus« angewendet, unter anderem auf die 70er Jahre bezogen. Damals herrschte in Peru der Diktator Francisco Morales Bermúdez, der die Opposition brutal unterdrückte und dessen Verbindungen nach Washington eindeutig nachgewiesen sind, wie die argentinische Tageszeitung Página 12 schrieb. Der »Leuchtende Pfad« existierte indes noch nicht.
Bereits seit seiner Ernennung zum Außenminister war der Soziologe heftigen Angriffen von rechts ausgesetzt. Neben einem allgemeinen Hass auf Linke trieb die Reaktionäre dabei insbesondere die Vergangenheit Béjars an, der in den 60er Jahren Mitglied der linken Guerilla Nationale Befreiungsarmee (ELN) gewesen war. Zudem missfielen der Rechten der Einsatz des Exaußenministers für einen friedlichen Dialog in Venezuela und der von ihm angestrengte Austritt Perus aus der »Lima-Gruppe«.
Entgegen der eigentlichen Praxis meldete sich am Montag auch die Führung der Marine zu Wort. In einer Presseerklärung wies sie die Aussagen Béjars »kategorisch« zurück, da diese eine »Beleidigung für die Männer und Frauen, die gegen das terroristische Verbrechertum gekämpft haben und weiterhin kämpfen«, darstellten. Der Verteidigungsminister Walter Ayala stellte sich öffentlich hinter die Marine. Aufgrund der fehlenden Unterstützung selbst in Teilen der Regierung blieb dem Exaußenminister nichts anderes übrig, als zurückzutreten.
Im Interview mit dem Nachrichtensender Telesur warnte Béjar am Mittwoch davor, die Ultrarechte werde auch nach seinem Rücktritt weiter versuchen, die neue Linksregierung zu sabotieren. »Sie wollen das Bild einer zerbrechlichen und orientierungslosen Regierung schaffen.« Zudem hob er die Rolle der Medien hervor, die zu einem großen Teil mit den Mächtigen in der Wirtschaft verbunden seien. Bereits im Wahlkampf hatte die peruanische Rechte alles versucht, um einen Wahlsieg Castillos zu verhindern. Dabei schreckte das Lager der schließlich knapp unterlegenen Diktatorentochter Keiko Fujimori auch vor offensichtlichen Falschmeldungen nicht zurück.