Verbrechen gegen die Menschheit
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Dokumentiert. Das Urteil des Internationalen Tribunals über die Sanktionen der USA gegen die Republik Kuba
Norman Paech ist Jurist und emeritierter deutscher Professor für Politikwissenschaft und für Öffentliches Recht an der Universität Hamburg. Von 2005 bis 2009 war er Mitglied der Fraktion Die Linke.PDS im Bundestag.
Am 16. und 17. November 2023 tagte in den Räumen des Europäischen Parlaments in Brüssel das Internationale Tribunal über die Sanktionen der USA gegen die Republik Kuba. Wir dokumentieren an dieser Stelle das Urteil der Richter vom 17. November. Vorangestellt ist die eröffnende Einführung des vorsitzenden Richters Norman Paech vom 16. November. (jW)
Wir leben in finsteren Zeiten, die Welt ist in Unordnung. Zwei furchtbare Kriege lähmen den menschlichen Fortschritt und werfen uns um Jahrzehnte zurück. Die beiden großen Kriege in der Ukraine und Palästina sind nicht nur Kriege zwischen einzelnen Staaten, sondern Kriege, in die die ganze Welt gezogen wird und deren Verbrechen die Grenze zu den Kapitalverbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord bereits überschritten haben.
Dabei droht in Vergessenheit zu geraten, dass die Welt bis dahin nicht friedlich gewesen ist. Wir erleben Kriege, die nicht mit militärischer Gewalt, sondern mit ökonomischen Zwangsmitteln unzählige Opfer an Menschen hinterlassen und ganze Völker an den Rand der Existenz treiben. Wer erinnert sich nicht der zynischen Antwort der ehemaligen Außenministerin Madeleine Albright auf die Frage, ob der Tod von 500.000 Kindern als Folge der Sanktionen gegen den Irak es wert gewesen war? Sie antwortete, »den Preis war es wert«. Ökonomische und finanzielle Sanktionen sind zu einem immer häufiger eingesetzten Instrument des Krieges gegen abweichende Regierungen geworden, deren Folgen, Zerstörungen und Schäden den Opfern militärischer Auseinandersetzungen vergleichbar sind.
Die wohl ältesten, längsten und in ihrer Dauer schmerzhaftesten Sanktionen haben die USA gegen ihren Nachbarn Kuba verhängt. Seit Anfang der sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts haben sie bis heute mit einem Bündel von Sanktionen und Blockaden versucht, die Politik in Havanna zu ändern und auf den liberal-kapitalistischen Weg zu zwingen – vergebens. Um die Sanktionen und die rechtliche Analyse, das heißt, die Rechtmäßigkeit dieser Maßnahmen, geht es in den nächsten zwei Tagen.
Lassen Sie mich noch einige Worte zu diesen Tribunalen anfügen. Sie gehen auf den großen Philosophen Sir Bertrand Russell und das erste und vielleicht auch berühmteste Tribunal zurück, das Vietnam War Crime Tribunal von 1966 in Stockholm. Ihm folgten zahlreiche weitere Tribunale wie z. B. gegen die Diktatur in Chile, gegen die US-Invasion in Irak 2003 oder zur Lage der Menschenrechte in Palästina.
Der Philosoph Jean Paul Sartre, damals geschäftsführender Präsident des Vietnam-Tribunals, antwortete auf die Kritik an dem Tribunal: »Das sind die Grenzen und der Sinn dessen, was sich unser Gericht zu tun vorgenommen hat: Es handelt sich für uns nicht darum, darüber zu urteilen, ob die amerikanische Politik in Vietnam verhängnisvoll ist oder nicht – was für die meisten unter uns außer Frage steht –, sondern darum, zu sehen, ob sie unter die Bestimmungen der internationalen Gesetzgebung über Kriegsverbrechen fällt oder nicht (…). Es geht nicht darum, eine Politik zu verurteilen im Namen der Geschichte, es geht nicht darum, zu beurteilen, ob sie den Interessen der Menschheit zuwiderläuft oder nicht: Es geht nur darum, festzustellen, ob sie unter die Kompetenz bestehender Gesetze fällt oder nicht.«
Diese Sätze gelten für dieses Tribunal ebenso. Wir haben nicht über den Imperialismus der USA – über den sich die meisten von uns wohl einig sind –, die Schädlichkeit und Amoralität ihrer Politik gegenüber Kuba zu verhandeln. Unsere Kriterien sind das Internationale Recht, das die Staaten selbst – und mit ihnen die USA – in Verträgen, Covenants und Deklarationen beschlossen haben. Wir prüfen nur, ob sich die USA an das von ihnen selbst geschaffene Recht halten oder ob sie dagegen verstoßen. Dieses Tribunal hat nicht die Legitimation und Macht, ein Urteil durchzusetzen, es ist aber mehr als ein Schauspiel. Es ist der Spiegel der Legalität oder Illegalität, in den die Staaten schauen, um zu erkennen, dass ihr Handeln einzig den Prinzipien und Gesetzen verpflichtet ist, die die friedlichen Beziehungen der Staaten garantieren können – das heißt, die Welt zusammenhalten.
Unsere Kriterien sind klar. Sie sind die der offiziellen internationalen Gerichtsbarkeit:
1. das internationale öffentliche Recht wie es in der UN-Charta und dem Gewohnheitsrecht verankert ist,
2. die Menschenrechte, wie sie in den beiden internationalen Covenants von 1976 zusammengefasst sind,
3. das internationale Vertrags- und Handelsrecht der WTO und
4. die Gesetze der EU.
Vor ein paar Tagen, am 4. November 2023, forderte die überwältigende Mehrheit der Mitgliedstaaten der UNO die USA mit 187 Stimmen bei zwei Gegenstimmen (USA, Israel) und einer Enthaltung (Ukraine) auf, das Wirtschafts-, Handels- und Finanzembargo aufzuheben. Sie ermahnt die Beachtung der UN-Charta und des internationalen Rechts, insbesondere die Freiheit des Handels und der Schiffahrt. Wir haben auch diese eindeutige Verurteilung der Sanktions- und Blockadepolitik in unseren Verhandlungen zu berücksichtigen.
Wir haben uns zwei Fragen gestellt:
1. Gegen welches internationales Recht verstoßen die direkt gegen Kuba gerichteten Sanktionen, und
2. gegen welches internationales Recht verstoßen die extraterritorialen, die sogenannten Drittwirkungen der Sanktionen auf fremde Staaten und Unternehmen.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Brüssel. 16. November 2023
Prof. Dr. Norman Paech, Vorsitzender Richter
»Keine Blockade ist je so umfassend, lang andauernd und brutal gegen ein Volk gewesen«
Das Internationale Tribunal über die Sanktionen der USA gegen die Republik Kuba verkündet folgendes Urteil:
Die seit 1961 bis heute gegen die Republik Kuba verhängten umfangreichen politischen und ökonomischen Sanktionen verstoßen gegen internationales Recht. Dazu gehören vor allem in der UNO-Charta die Artikel 2 Ziffer 4 und 7 zum Schutz der Souveränität und des Rechts auf Selbstbestimmung, Verbot der Intervention, ferner die Artikel in der Universal Declaration of Human Rights (UDHR) von 1948 und des International Covenant on Economic, Social and Cultural Rights (ICESCR) von 1966, sodann die Vorschriften der World Trade Organisation (WTO) zum Schutz der Handelsfreiheit und zahlreiche Prinzipien des Treaty on European Union (TEU, Vertrag von Maastricht).
I.
Seit 1960 haben die USA ein immer umfassenderes Netz an Sanktionen gegen alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens in Kuba aufgebaut, das tief in die Lebensbedingungen der kubanischen Bevölkerung einschneidet. Aufbauend auf dem »Trading with the Enemy Act« von 1917 hat die US-amerikanische Regierung nach der Revolution in Kuba 1959 eine Reihe weiterer Gesetze und Verordnungen erlassen. So 1961 den »Foreign Assistance Act«, 1993 die »Cuban Assets Control Regulations«, 1992 den »Cuban Democracy Act«, den sogenannten Torricelli Act, 1996 den »Cuban Liberty and Democratic Solidarity Act«, den sogenannten Helms Burton Act, und 2000 den »Trade Sanction Reform and Export Enhancement Act«. Zielsetzung all dieser Maßnahmen war es, die sozialen, ökonomischen und kulturellen Errungenschaften der Revolution von 1959 zu zerstören. Bereits 1960 hat Lester Mallory, Deputy Assistant Secretary of State for Inter-American Affairs, offen die Strategie der US-amerikanischen Administration artikuliert: Es gehe darum, die Vitalität der kubanischen Wirtschaft zu schwächen, Hunger und Verzweiflung zu provozieren und Unzufriedenheit zu säen, um einen Regime-Change zu erleichtern. Wörtlich: »Every possible means should be untertaken promptly to weaken the economic life of Cuba … (by) denying money and supplies to Cuba to decrease monetary and real wages, to bring about hunger, desperation and overtrow of government.« Diese kriminellen Prinzipien haben die US-amerikanische Sanktionspolitik gegenüber Kuba bis heute geleitet.
Das Tribunal hat in zwei Tagen Verhandlungen zahlreiche Zeugen gehört und umfangreiche Beweise gesammelt. Es hat die detaillierte Anklage gehört und die Argumente zur Verteidigung der angeklagten US-amerikanischen Administration geprüft. Es hat zahlreiche Beispiele für die tiefen Eingriffe der Sanktionen in fast alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens präsentiert bekommen, die den Eindruck einer totalen Blockade Kubas mit immer neuen Restriktionen vermittelt. Die einzigen Erleichterungen von Reisen und Geldüberweisungen von und nach Kuba unter Präsident Barak Obama wurden von der Regierung Donald Trump wieder aufgehoben und durch weitere Maßnahmen verstärkt. Auch der Wechsel der Regierung zu Präsident Joseph Biden brachte keine Erleichterungen.
Die Sanktionen treffen den gesamten Wirtschafts- und Finanzsektor, sie zielen auf die technologische Souveränität Kubas, die für die ökonomische Entwicklung und den Zugang zu technologischen Neuerungen lebenswichtig ist. Der internationale Zahlungsverkehr ist für Kuba praktisch geschlossen.
Schwerste Schäden haben die Sanktionen im gesamten Bereich des Public Health verursacht. Das Gesundheitssystem in Kuba hat weltweite Anerkennung durch seine vorbildliche Versorgung der Bevölkerung, aber auch durch die hervorragenden Ergebnisse seiner pharmazeutischen Forschung und Industrie erlangt. Die extraterritorialen Wirkungen der Blockade haben sowohl den Import notwendiger Komponenten zur Herstellung von Medikamenten als auch die internationale medizinische Kooperation stark behindert und sehr oft unmöglich gemacht. Die materiellen Schäden, berechnet in US-Dollar, gehen in eine dreistellige Millionenhöhe.
Die Blockade hat eine immer stärkere Kürzung der Versorgung mit Brennstoff verursacht, die nicht nur alle Anstrengungen eines industriellen Fortschritts behindert, sondern auch die Kosten der täglichen Versorgung der Bevölkerung in die Höhe treibt. Das ist ebenfalls in der Landwirtschaft stark zu spüren, für die die Sanktionen dramatische Folgen haben, sei es beim Import von Düngemitteln und Herbiziden oder beim Betrieb des Bewässerungssystems.
Auch der Erziehungssektor, ebenfalls international als vorbildlich anerkannt, wird von den Sanktionen nicht verschont. Sie behindern alle Möglichkeiten der Onlinebildung, den internationalen Austausch und die Versorgung der Schulen und Universitäten mit der notwendigen Ausrüstung und dem Lehrmaterial, da es an Devisen mangelt. Die Blockade des Telekommunikations- und Informationstechnologiesektors wirkt sich negativ auf die Möglichkeiten der Kubaner aus, eine angemessene Infrastruktur, einen besseren Zugang zum Internet und zur Computerisierung zu erhalten.
Insgesamt hat die Beweiserhebung durch Zeugen, Videos und Dokumente den Eindruck eines konzentrierten Angriffs auf die Grundstrukturen der kubanischen Gesellschaft, ihre Lebensgrundlagen und Entwicklungsfähigkeiten ergeben, die in der Geschichte in dieser Dauer und Umfang einmalig und ohne Beispiel ist.
II.
Diese Praxis der Sanktionen gegen die Republik verstößt in allen Aspekten gegen internationales Recht und ist rechtswidrig. Dies hat jüngst die UN-Generalversammlung in ihren Resolutionen vom 23. Juni 2021 (A/RES/75/289) und 3. November 2022 (A/RES/77/7) sowie am 4. November 2023 auf Antrag von Kuba (A/78/L.5) ebenfalls erkannt und die US-Regierung zur Aufhebung ihrer Gesetze aufgefordert.
1. Die Sanktionen verstoßen eindeutig gegen die Souveränität und das Selbstbestimmungsrecht Kubas, die gemäß Artikel 2 Absatz 1 UN-Charta geschützt sind, und das Interventionsverbot der Artikel 2 Z. 4 und Z. 7 UN-Charta. Am 4. November 2023 hat die UN-Generalversammlung mit überwältigender Mehrheit von 287 Stimmen gegen zwei Stimmen bei einer Enthaltung zum 31. Mal die Staaten aufgefordert, »to refrain from promulgating and applying laws and measures of the kind referred to in the preamble to the present resolution (Helms-Burton Act)«. Die Resolution basiert auf der eindeutigen Entscheidung, dass einseitige Sanktionen rechtswidrig sind, wenn ihre Auswirkungen einen bestimmten Grad der Schwere überschreiten. Obwohl diese Schwelle nicht definiert wird, lassen die Dauer, der Umfang und die Zielsetzung der Sanktionen keine Zweifel an ihrer Rechtswidrigkeit zu. Die USA können sich auch nicht auf Rechtfertigungsgründe berufen. Die Sanktionen können nicht als Reaktion auf völkerrechtswidriges Verhalten gelten. Sollte die Nationalisierung nach der Revolution von Immobilien im Besitz US-amerikanischer Bürger gemeint sein, so entsprach sie dem Grundsatz der Souveränität jeden Staates über die natürlichen Ressourcen (UNGV Res. 1803 vom 14. Dezember 1962) und war gerechtfertigt. Außerdem verfolgen der Helms-Burton Act und die Sanktionen ausdrücklich vollkommen andere Ziele, die nicht auf Restitution oder Kompensation gerichtet sind, sondern auf Regime-Cchange. Die USA können sich auch nicht auf den Schutz der Sicherheit ihres Staates berufen. Obwohl die USA Kuba auf eine Liste von Staaten gesetzt haben, die angeblich den Terror unterstützen, sind sie von Kuba nie bedroht worden.
2. Die von den USA gegen Kuba gerichteten Sanktion verletzen zudem zahlreiche Menschenrechte, wie sie insbesondere in dem UN-»Covenant on Economic, Social and Cultural Rights« (ICESCR) von 1966 enthalten sind. Diese Rechte sind ebenso verbindlich und verpflichtend wie die politischen und bürgerlichen Rechte. Bereits 1997 hat das »Committee on Economic, Social and Cultural Rights« festgestellt, dass einseitige ökonomische Maßnahmen »often cause significant disruption in the distribution of food, pharmaceuticals and sanitation supplies, jeopardize the quality of food and the availability of clean drinking water, severely interfere with the functioning of basic health and education systems, and undermine the right to work«. Die Beweisaufnahme hat erwiesen, dass diese schädlichen Folgen im Leben der Kubaner eingetreten sind. Das bedeutet, dass das Recht zu arbeiten (Art. 6 ICESCR) zu gerechten und günstigen Bedingungen mit Löhnen, die ein angemessenes Leben (Art. 7, 11 ICESCR) ermöglichen, verletzt wird. Ebenso wird das Recht auf Gesundheit (Art. 12 ICESCR) nachhaltig durch die Behinderung des Imports von medizinischen Geräten für die Kliniken und pharmazeutischen Produkten für die Herstellung eigener Medikamente verletzt. Ebenso sind das Recht auf Erziehung (Art. 13 ICESCR) und auf Wissenschaft und Kultur (Art. 15 ICESCR) durch fehlende Ausrüstung und Lehrmittel sowie die Erschwerung wissenschaftlicher und kultureller internationaler Kontakt stark gefährdet und beeinträchtigt.
Anders als alle Mitgliedstaaten der EU haben weder die USA noch Kuba oder die EU den ICESCR ratifiziert. Doch herrscht in der internationalen wissenschaftlichen Diskussion Einigkeit, dass diese Menschenrechte auch für Staaten und Staatenbünde aufgrund des Gewohnheitsrechts verpflichtende Gültigkeit haben.
3. Die Sanktionen sind auf die Einschränkung des Handelsverkehrs, den Kuba mit anderen Staaten betreibt, auf die Blockade des Im- und Exports lebensnotwendiger Waren und die Zerstörung des Finanzverkehrs gerichtet. Sie stehen damit in Widerspruch zu zahlreichen Vorschriften des internationalen Handelsrechts, wie sie im Recht der WTO kodifiziert sind. So verbietet Art. XI des »General Treaty on Tariffs and Trade« (GATT) von 1947, dem die USA beigetreten sind, die Beschränkung von Im- und Exporten. Das Einfrieren von Guthaben und die Einschränkung internationaler Überweisungen und Zahlung sind ebenfalls verboten. Auch Art. III Sektion 2 der »Articles of Agreement of the International Monetary Fund« vom 22. Dezember 1945 bestimmt, dass die Mitglieder alle Beschränkungen laufender Zahlungen und diskriminierende Währungspraktiken zu unterlassen haben. Art. XVI (1) GATS bestimmt, dass Mitglieder der WTO wie die USA natürlichen Personen in verschiedenen Dienstleistungssektoren Bewegungsfreiheit geben müssen. Auch hier gibt es Ausnahmen aus Gründen wesentlicher Sicherheitsinteressen (Art. XIV bis GATS), die aber für die USA gegenüber Kuba nicht zutreffen. Weder militärische noch politische oder ökonomische Aktivitäten Kubas bedrohen die USA. Schließlich weigern sich die USA, das für Handelsstreitigkeiten im System der WTO vorgesehene Dispute Settlement System einzuschalten, welches in Art. III Paragraph 7 Annex 2 zu GATT 1994 ausdrücklich vorsieht, dass »in the absence of a mutually agreed solution, the first objective of the dispute settlement mechanism is usually to secure the withdrawal of the measures concerned (in this case the blockade) if these are found to be inconsistent with the provisions of any of the covered agreements«. Die USA waren niemals an einer friedlichen Lösung der Streitpunkte interessiert, da sie Kubas Ökonomie schwächen wollten, um die Regierung zu stürzen.
4. Die Sanktionen gegen Kuba haben weitreichende Auswirkungen auf extraterritoriale Unternehmen und Staaten, sei es im Bereich des Handels, der Finanzen, der Investitionen bis zum Tourismus. Die UN-Generalversammlung hat in ihren wiederholten Resolutionen, in denen sie die Aufhebung der US-Sanktionen fordert, insbesondere den Helms Burton Act genannt, da er auf die »extraterritorial effects« zielt, »of which the sovereignty of other States, the legitimate interests or persons under their jurisdiction and the freedom of trade and navigation« (UN DOC A/RES/74/7). Ebenso hat die EU bereits 1996 Gesetze und Verordnungen mit extraterritorialer Wirkung als Verstoß gegen internationales Recht verurteilt, da sie unter Verletzung des Interventionsverbots in die Souveränität fremder Staaten eingreift. Sie hat sogar mit ihrer sogenannten Blocking Resolution (Council Regulation (EC) No 2271/96 vom 22. November 1996) europäischen Unternehmen verboten, die extraterritorialen Maßnahmen zu befolgen, alle ausländischen Gerichtsbeschlüsse, die auf den Drittwirkungen der Sanktionsgesetze beruhen, für nichtig erklärt und ein Recht auf Kompensation für Schäden und Verluste aufgrund dieser Gesetze beschlossen.
Gesetzliche Maßnahmen mit extraterritorialen Wirkungen verstoßen zudem gegen zentrale Punkte der »Maastrichter Prinzipien zu den extraterritorialen Staatenpflichten im Bereich der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte«, z. B. Nr. 3 und 4: »All states have also extraterritorial obligations to respect, protect and fulfil economic, social and cultural rights« sowie Nr. 13: »States must desist from acts and omissions that create a real risk of nullifying or impairing the enjoyment of economic, social and cultural rights extraterritorially.« Schließlich fordert Prinzip Nr. 22 ausdrücklich: »States must refrain from adopting measures, such as embargoes or other economic sanctions, which would result in nullifying or impairing the enjoyment of economic, social and cultural rights … States must refrain in all circumstances from embargoes and equivalent measures on goods and services essential to meet core obligations.«
Nach dem Internationalen Strafrecht, das im Römischen Statut von 1998 kodifiziert ist, sind Verbrechen gegen die Menschheit solche, die allgemeine oder systematische Angriffe gegen die Zivilbevölkerung sind. Das sind die Auslöschung, Versklavung, Deportation oder erzwungene Vertreibung, der Entzug physischer und intellektueller Freiheit, die Verfolgung einer Gruppe aufgrund rassischer, ethnischer oder nationaler Gründe etc. Im vorliegenden Fall ist es die Blockade, die zwar Embargo oder Sanktionen genannt wird, die jedoch das Leben der Menschen, die Freiheit, Rechte und Würde untergräbt und daher ein Verbrechen gegen die Menschheit darstellt. Blockaden sind eines der heimtückischsten, illegalen und illegitimen Mittel der Kriegführung, selbst wenn sie sich auf internationale Verträge und Gesetze berufen, um ihr Handeln zu tarnen.
Nach Artikel II der Genfer Konvention zur Verhütung und Bestrafung des Völkermords von 1948, Paragraph c, bedeutet Völkermord die »vorsätzliche Auferlegung von Lebensbedingungen für die Gruppe, die geeignet sind, ihre körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen«. Der dramatische und gewaltige Einfluss der oben erwähnten Gesetze und Vorschriften, die seit mehr als 60 Jahre durchgesetzt werden, zeigt, dass keine Blockade je so umfassend, lang andauernd und brutal gegen ein Volk gewesen ist, wie die der USA gegen das kubanische Volk. Die Blockade hat direkt oder indirekt zum Verlust zahlreicher Menschenleben geführt. Die Entscheidung der USA, die Blockade so lange aufrechtzuerhalten, bis das kubanische Volk entscheidet, sich den Vereinigten Staaten zu beugen, zielt schließlich auf die physische Zerstörung zumindest eines Teils des kubanischen Volkes. Solch eine Haltung kann auf ein Verbrechen des Völkermords hinauslaufen.
5. Da die zahlreichen Sanktionen und die ihnen zugrundeliegenden Gesetze der USA rechtswidrig sind, müssen sie aufgehoben und gestoppt werden. Für die dem kubanischen Staat, seinen Unternehmen und Bürgern entstandenen Schäden müssen die USA Entschädigung zahlen.
Brüssel, den 17. November 2023
Prof. Dr. Norman Paech (BRD), RAin Suzanne Adely (USA), Prof. Ricardo Avelãs (Portugal), Daniela Dahn (BRD), Prof. Maurizio Dioguardi, vertreten durch RA Simone Dioguardi (Italien), Prof. Dr. Dimitris Kaltsonis (Griechenland)