Diener ihrer Herren
Die ultrarechte CPAC sei eine der Gruppen, die hinter den aktuellen Unruhen in Brasilien stecken, erklärte Zhou Zhiwei, ein Experte für Lateinamerikastudien an der Chinesischen Akademie für Sozialwissenschaften, gegenüber der Global Times. Tatsache ist, dass diese »Verteidiger von Freiheit und Demokratie« den fortschrittlichen Regierungen in Lateinamerika den Kampf angesagt haben. Im Juni vergangenen Jahres begrüßte Bolsonaros Sohn Eduardo auf einer CPAC-Konferenz in Brasilia unter anderem den 2021 gegen den jetzigen Amtsinhaber Gabriel Boric unterlegenen ultrarechten chilenischen Präsidentschaftskandidaten José Antonio Kast und den argentinischen Politiker Javier Milei, der für 2023 eine Präsidentschaftskandidatur plant. Im November stimmte eine CPAC-Konferenz in Mexiko-Stadt die Teilnehmer dann auf »harte Kämpfe« ein. Zu den Einpeitschern gehörten Eduardo Bolsonaro, der dazu aufrief, »das Monopol der Linken auf den Straßen zu brechen«, und der aus Bolivien zugeschaltete Gouverneur des Departamentos Santa Cruz, Luis Fernando Camacho. Der rechte Oppositionspolitiker sitzt seit dem 28. Dezember wegen des Vorwurfs des Terrorismus, der Verschwörung und der Volksverhetzung im Zusammenhang mit dem Putsch gegen den gewählten Staatschef Evo Morales vor gut drei Jahren in Untersuchungshaft.
Mit der Unterstützung Bolsonaros und seiner Anhänger haben auch die US-Demokraten auf Kräfte gesetzt, die von Donald Trump gefördert werden. Allerdings enttäuschte Bolsonaro, der zwar wie gewünscht rund 8.200 kubanische Mediziner aus dem Land gejagt und den Austritt aus der Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten (Celac) vollzogen hatte, weitergehende Erwartungen der US-Regierungen. So scheiterten die Pläne zur Übernahme des nach wie vor halbstaatlichen Mineralölunternehmens »Petrobas« durch US-Firmen und das Land blieb Mitglied der BRICS-Gruppe (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika), in der die USA eine Bedrohung ihrer Interessen sehen. Da die »Bolsonaristen« wegen der enttäuschten Erwartungen und des Einflusses von Trump als unsichere Kandidaten gelten und Präsident Luiz Inácio Lula da Silva durch deren jüngste Aktion, die Erstürmung des Obersten Gerichts, des Kongresses und des Präsidentenpalastes, – zumindest vorübergehend – sogar gestärkt wurde, dürfte Washington künftig versuchen, interne Konflikte zu schüren und Chaos zu erzeugen, um den Einfluss des Landes zu minimieren. Die US-Politik gegenüber Kuba, Venezuela und Nicaragua beweist, dass auch US-Präsident Joseph Biden und die Strategen der Demokratischen Partei für derartige Ziele den aggressiven Forderungen ultrarechter Hardliner folgen.
Ein Grund dafür ist der schwindende Einfluss der USA beim Übergang von einer unipolaren zur multipolaren Weltordnung. Die neue Ordnung wird nach Einschätzung des Credit-Suisse-Analysten Zoltan Pozsar vom 27. Dezember »nicht von den westlichen G7-Industrieländern, sondern von den aufstrebenden Ökonomien der BRICS-Staaten gestaltet werden«. Die von China und Russland vorangetriebene Erweiterung zu »BRICS plus« wird den Zugriff der US-Wirtschaft auf Rohstoffe in Eurasien, dem Nahen Osten und Afrika weiter erschweren. »Die Ukraine ist ein schwarzes Loch und eine schwache EU, die von Washington gezwungen wird, US-Flüssiggas (LNG) zu absurd hohen Preisen zu kaufen, hat keine wesentlichen Ressourcen, die das Imperium plündern könnte«, skizzierte der brasilianische Journalist Pepe Escobar im Onlinemagazin The Cradle ein für die USA düsteres Szenario. Der salvadorianischen Wissenschaftsjournalist Igor Iván Villalta Sorto schrieb dazu im Onlineportal Resumen Latinoamericano, dass »die Vereinigten Staaten, wenn sie ihre globale Vorherrschaft verlieren, aber Lateinamerika behalten, immer noch sehr stark sein könnten, da der Kontinent über einen Reichtum an Ressourcen verfügt«. US-freundliche Regimes in Ländern mit besonders großen Rohstoffreserven wie Argentinien, Bolivien und Chile (Lithium), Venezuela (Erdöl), Peru (Silber, Molybdän), Brasilien (Eisen, Zinn) und sogar Kuba (Kobalt) könnten daher für die US-Wirtschaft zu einer Überlebensfrage werden.