RAUS AUS DER ISOLATION Maduro lädt ein
Örtliche Medien verwiesen auf eine erste Gesprächsrunde am 5. März, an der auch das bis dahin von Washington nicht anerkannte Staatsoberhaupt teilgenommen hatte. Mit der ersten offiziellen Reise von US-Vertretern in das südamerikanische Land seit mehr als zwei Jahrzehnten hatte das Weiße Haus die Maduro-Regierung faktisch legitimiert und sich von dem Oppositionspolitiker Juan Guaidó abgewendet, den die USA seit Januar 2019 als »Interimspräsidenten« bezeichnen. Rechte US-Politiker wie der republikanische Senator von Florida, Marco Rubio, kritisierten die Gespräche als »vernichtenden Schlag für die von Guaidó geführte Oppositionsbewegung«.
Über die nun fortgesetzten Verhandlungen meldete die US-Nachrichtenagentur AP am Montag, »hochrangige US-Regierungsbeamte« seien »in aller Stille nach Caracas gereist, um inhaftierte Amerikaner nach Hause zu holen und die Beziehungen zu Venezuela wieder aufzubauen, nachdem der Krieg in der Ukraine die Vereinigten Staaten gezwungen hat, einige außenpolitische Ziele neu zu justieren«. Ein Sprecher des State Department bezeichnete die Reise als »Besuch«, der sich auf die Sicherheit mehrerer in Caracas inhaftierter US-Bürger konzentriere. Laut AP gehören der Delegation Roger Carstens, der Sonderbeauftragte des Präsidenten für Geiselangelegenheiten, und Botschafter James Story an, der von Kolumbien aus die Abteilung für venezolanische Angelegenheiten der US-Regierung leitet.
Maduro unterstrich dagegen später, dass die neue Dialogrunde dazu diene, »die im März begonnene Kommunikation fortzusetzen«. Venezuela und die USA hätten sich darauf geeinigt, »an einer Agenda für die Zukunft ihrer Beziehungen zu arbeiten«, sagte er. Er bestätigte damit den Hinweis, dass die durch Sanktionen gegen Russland drohende Energiekrise westlicher Länder Washington dazu zwinge, teils neue Wege in der Außenpolitik zu gehen. Im vergangenen Monat hatte die Biden-Regierung den Energiekonzernen Chevron (USA), ENI (Italien) und Repsol (Spanien) bereits Lizenzen zur Förderung von Gas und Öl in Venezuela erteilt und bisher von den USA blockierte Öllieferungen nach Europa genehmigt. Maduro würdigte dies als »erste kleine Schritte«, forderte zugleich aber »die Aufhebung aller Sanktionen«. Dieses Thema dürfte – aus Rücksicht auf die innenpolitischen Probleme des schwächelnden US-Präsidenten – zum vertraulichen Teil der aktuellen Gespräche in Caracas gehören.
Da die europäischen Unternehmen ENI und Repsol ab Juli wieder Rohöl aus Venezuela importieren wollen, lud Maduro – offenbar im Vertrauen auf Fortschritte bei den Verhandlungen mit den USA – jetzt auch französische Firmen zur Förderung von Öl und Gas in seinem Land ein. Anlass dafür war ein Appell der französischen EU-Ratspräsidentschaft an die Ölförderländer. Der Vertreter Emmanuel Macrons hatte es am Rande des G7-Gipfels in Elmau als »notwendig« bezeichnet, »den Anstieg der Treibstoffpreise durch eine Erhöhung der Ölproduktion einzudämmen«. Die staatliche türkische Agentur Anadolu zitierte den Beamten am Montag mit der an die USA gerichtete Äußerung: »Es gibt einen Knoten zu lösen, damit iranisches und venezolanisches Öl wieder auf den Markt gebracht werden kann«.
Auch die Bundesregierung ist an venezolanischem Erdöl interessiert. Wie das Handelsblatt am 13. Juni berichtete, will Berlin die Raffinerie im brandenburgischen Schwedt künftig auch mit Öl aus dem südamerikanischen Land versorgen. Venezuela verfügt mit knapp 304 Milliarden Barrel über die größten nachgewiesenen Erdölreserven der Welt.