Mella, die ewige Unruhe
https://de.granma.cu/cuba/2022-03-25/mella-die-ewige-unruhe
Julio Antonio, selbst Teil „jener einzigartigen Jugend, die unermüdlich und leidenschaftlich die Zukunft der Welt gestaltet“, verachtete die „alte Jugend“, die Unbeweglichkeit und Korruption akzeptierte. Sein Wunsch nach Erneuerung war mit der Universität, mit Kuba und mit der Welt verbunden
Autor: Yeilén Delgado Calvo |
„Es weht derselbe saure Nordwind. Der Dampfer ist in der Morgendämmerung mit geringer Geschwindigkeit abgefahren, denn der Wind, der hier tobt, ist fast ein Orkan, der Wind, mit dem ich dieses unvergessliche Gespräch am Bug hatte. Ich habe auch zum Meer gesprochen, oh, erhabene Nacht!“
Derjenige, der das in sein Tagebuch schreibt, mit dem scharfen Blick für das Schöne, den nicht alle Menschen haben, ist nur ein junger Mann von 17 Jahren, der zum ersten Mal nach Mexiko reist. Ein junger Mann, der von Willenskraft besessen ist, der zwischen Liebe, militärischer Berufung und Literatur hin- und hergerissen ist… und in dem die Sorge um die soziale Gerechtigkeit, die wahre Freiheit Kubas und das Schicksal Amerikas immer mehr in den Mittelpunkt seines Interesses rücken.
Julio Antonio Mella wurde nicht einmal zehn Jahre älter. Von seiner Geburt am 25. März 1903 bis zu seiner Ermordung auf Befehl des Diktators Machado im selben Mexiko vergingen kaum 25 Jahre, aber da war Julio Antonio bereits ein glühender Revolutionär mit einer Denkweise jenseits aller Schablonen, die seinen Feinden Unbehagen bereitete und auch jenen, die an seiner Seite kämpften und seine rebellischen, antidogmatischen Haltungen und Ansätze, die immer links von der Linken lagen, nicht verstehen konnten.
Julio Antonio, der selbst Teil „jener einzigartigen Jugend, die unermüdlich und leidenschaftlich die Zukunft der Welt gestaltet“, verachtete die „alte Jugend“, die Unbeweglichkeit und Korruption akzeptierte. Sein Wunsch nach Erneuerung war mit der Universität, mit Kuba und mit der Welt verbunden.
Als überzeugter Kommunist war er sich sicher, dass „es kein höheres Ideal gibt als die Emanzipation der Proletarier durch Kultur und revolutionäre Aktion“, und er predigte, dass „das Ideal Bolivars unser Streben sein muss, das von Monroe ist unser Tod“.
Ein Zeitgenosse von ihm schrieb, dass er alle Elemente Martís besaß. Wenn er sich nicht für den sozialen Kampf entschieden hätte, hätte es ihm nicht an wirtschaftlicher Stabilität gefehlt. Er war reich an Kultur und körperlicher Schönheit, aber das Abenteuerfieber seiner frühen Jugend ist nie erloschen und wuchs in ihm, verwandelte sich in militanten Antiimperialismus, in revolutionäre Häresie. Auch als er nicht verstanden wurde, ließ seine Bereitschaft, für die Revolution zu sterben, die sich später erfüllte, nicht nach.
Einst hatte Mella über einen Mann, den er bewunderte, gesagt, er besitze die ewige Unruhe derer, die das heilige Feuer eines Ideals spüren und wissen, dass sie den göttlichen Auftrag haben, zu brennen, um den Menschen Licht und Wärme zu schenken, auch wenn sie dafür ihre eigene Existenz aufs Spiel setzen. Er war sich nicht bewusst, dass dies sein eigenes Portrait war, dass er Revolutionen zum Leuchten bringen würde, sogar siegreiche, und dass seine ewige Unruhe auch fast 120 Jahre später Gleichgültigkeiten hinwegfegen würde.