Maduro tauscht Kabinett aus
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Venezuela: Mehrere Ministerposten neu besetzt – Botschafter in China wird Außenminister. Kommunisten kritisieren Dialog mit Opposition
Von Volker Hermsdorf
Boliviens Außenminister Rogelio Mayta hat seinem neuen venezolanischen Amtskollegen Félix Plasencia am Sonnabend (Ortszeit) »jede nur denkbare Unterstützung« bei dessen außenpolitischen Initiativen zugesichert. Auch der Exekutivsekretär des linken Regionalbündnisses »Bolivarische Allianz für die Völker unseres Amerikas« (ALBA), Sacha Llorenti, und andere lateinamerikanische Politiker übermittelten Glückwünsche. Die Ernennung von Plasencia, dem bisherigen Botschafter Venezuelas in der Volksrepublik China, ist die bedeutendste Personalie einer umfangreichen Kabinettsumbildung in Caracas. Am Freitag hatte Präsident Nicolás Maduro gleich sieben neue Minister vereidigt.
Interne Vorwahlen
Offiziell begründete Maduro die Veränderungen damit, dass mehrere Minister seines Kabinetts am 8. August bei internen Vorwahlen als Kandidaten der regierenden Vereinigten Sozialistischen Partei Venezuelas (PSUV) für die Regional- und Kommunalwahlen aufgestellt worden waren. So bewirbt sich die bisherige Innenministerin Carmen Meléndez um das Bürgermeisteramt in Caracas, Bildungsminister Eduardo Piñate kandidiert für den Posten des Gouverneurs im Bundesstaat Apure. Die Position des Außenministers wurde vakant, weil der bisherige Amtsinhaber Jorge Arreaza das wichtige Ministerium für Wirtschaft und nationale Produktion übernimmt. Der scheidende Außenminister bezeichnete die neue Aufgabe als »größere, gewaltige Herausforderung«, die darin bestehe, die Produktion des Landes – trotz zunehmend verschärfter US-Sanktionen – anzukurbeln.
Mit Arreaza »werden wir«, dank dessen »Intelligenz, Engagement und Entschlusskraft die Wiederbelebung der produktiven Kräfte vorantreiben«, hatte Maduro zur Kabinettsumbildung erklärt. Plasencia habe jetzt »die große Verantwortung, die hervorragende diplomatische Arbeit von Jorge Arreaza fortzusetzen«, sagte der Staats- und Regierungschef. Venezuelas neuer Außenminister verfügt bereits seit Anfang der 1990er Jahre über Erfahrungen im diplomatischen Dienst. Maduro berief ihn 2016 als Vizeminister für Asien, den Nahen Osten und Ozeanien in seine Regierung. Später bekleidete er den Posten als Vizeminister für multilaterale Angelegenheiten und war von 2019 bis zur Ernennung zum Botschafter in Beijing im Oktober 2020 Minister für Tourismus und Außenhandel. 2019 gehörte Plasencia zur Regierungsdelegation bei den gescheiterten Dialogverhandlungen mit der Opposition in Barbados und Oslo.
Da die Kabinettsumbildung nur neun Tage später, nachdem am 11. August in Mexiko erneute Gespräche mit Teilen der rechten Opposition aufgenommen wurden, erfolgt ist, habe Maduro »Erwartungen auf einen möglichen Wechsel in der nationalen und internationalen Politik geweckt«, berichtete das russische Nachrichtenportal Sputnik Mundo am Wochenende. Einen Tag bevor Maduro seine Entscheidung öffentlich bekanntgab, habe Vizepräsidentin Delcy Rodríguez den russischen Außenminister Sergej Lawrow in einem Telefongespräch »um Unterstützung des Dialogs« gebeten, meldete Sputnik. Arreaza sei zeitgleich mit dem russischen Botschafter in Caracas zusammengetroffen. Dabei sei es um »die Zusammenarbeit und die strategische Allianz zwischen beiden Ländern« gegangen.
Kritik von links
Während Arreaza mit dem Ministerium für Wirtschaft und nationale Produktion einen Bereich übernimmt, den die Regierung mit Hilfe des Privatsektors stärken will, um die Auswirkungen der von den USA und der EU verhängten Sanktionen zu reduzieren, deute die Ernennung von Plasencia auf eine »Auffrischung der Außenpolitik als Ergebnis der Verhandlungen mit der Opposition« hin, spekulierte Sputnik. Maduro strebe damit »die Aufhebung der Sanktionen an, um die Wirtschaftskrise zu lindern«. In einem weiteren Beitrag wird die Politikwissenschaftlerin Carmen Arteaga von der Universität Simón Bolívar (USB) in Caracas zitiert, die vermutet, dass Maduro sich »auf eine Verständigung mit der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten vorbereitet, um die Beziehungen zu verbessern«.
Innerhalb der Linken wird ein eventueller Richtungswechsel mit Skepsis betrachtet. Das Politbüro der Kommunistischen Partei Venezuelas (PCV) kritisierte die Gespräche zwischen »der sozialdemokratischen Maduro-Regierung und der rechten Opposition« in einer Stellungnahme vom 17. August scharf. Die PCV warnte unter anderem vor einem »wirtschaftlichen Anpassungspaket«, durch das »unserer Errungenschaften geopfert« und »die Last der Krise und der illegalen imperialistischen Sanktionen« auf die Schultern der Bevölkerung abgewälzt werden könnte.