Sieg der Rechten
https://www.jungewelt.de/artikel/400411.stichwahl-in-ecuador-sieg-der-rechten.html
Lasso gewinnt Stichwahl um Präsidentenamt in Ecuador. Unterlegener Linkskandidat Arauz: »Beginn einer neuen Etappe der Volksmacht«
Von Frederic Schnatterer
Der rechtskonservative Guillermo Lasso hat die Präsidentenwahl in Ecuador am Sonntag (Ortszeit) gewonnen. Nach Auszählung fast aller Stimmen kam der Exbanker und Multimillionär in der Stichwahl auf 52,52 Prozent der Stimmen, wie der Nationale Wahlrat (CNE) am Abend in Quito mitteilte. Damit schaffte der 65jährige, was ihm bei zwei vorherigen Versuchen nicht gelungen war: Er wird am 24. Mai Staatschef der Andenrepublik.
Andrés Arauz, der für das Linksbündnis Union für die Hoffnung (Unes) angetreten war, kam laut CNE auf 47,48 Prozent der Stimmen. »Das war ein Scheitern bei den Wahlen, aber keine politische oder moralische Niederlage«, räumte der ehemalige Minister von Expräsident Rafael Correa am Sonntag vor Anhängern in Quito ein. Zugleich erklärte er: »Der heutige Tag ist nicht das Ende, sondern der Beginn einer neuen Etappe der Volksmacht.«
»Seit Jahren habe ich davon geträumt, den Ecuadorianern dienen zu dürfen, damit das Land vorankommt und wir alle ein besseres Leben führen können«, erklärte indessen der künftige Präsident vor Anhängern in der Hafenmetropole Guayaquil. »Heute habt ihr das möglich gemacht. Es beginnt eine Epoche des Zusammenkommens.«
Verschiedene Umfragen vor der Stichwahl hatten ein knappes Rennen zwischen Lasso und Arauz vorausgesagt. Allerdings schien ein Erfolg des Linkskandidaten wahrscheinlicher, auch weil Arauz die erste Runde der Präsidentschaftswahl am 7. Februar mit 32,72 Prozent der Stimmen deutlich gewonnen hatte. Auf dem abgeschlagenen zweiten Platz folgte Lasso mit 19,74 Prozent, nur knapp vor dem Kandidaten der Indigenenpartei Pachakutik, Yaku Pérez, der auf 19,39 Prozent der Stimmen kam.
Wer gegen Arauz in die Stichwahl kommen würde, war über mehrere Wochen Gegenstand von Auseinandersetzungen gewesen. Nachdem zunächst Pérez auf dem zweiten Platz gelegen hatte, holte Lasso im Verlauf der Stimmauszählung immer weiter auf, bis er den Indigenenkandidat schließlich überholte. Sprach Pérez anfangs noch von einem »Putsch«, betonte er in den vergangenen Wochen immer wieder die Gemeinsamkeiten mit Lasso. Trotzdem rief er seine Anhänger dazu auf, in der Stichwahl ungültig zu wählen. Mehr als 16 Prozent der Wählerinnen und Wähler folgten am Sonntag dem Appell.
Auch der Indigenenverband Conaie, traditionell eng mit der Partei Pachakutik verbunden und extrem mobilisierungsfähig, schloss sich der Forderung nach einer »ideologischen ungültigen Stimmabgabe« an. Dieser Schritt bedeute, »in Einklang mit dem historischen Kampf der indigenen Bewegung Ecuadors« zu handeln, hieß es in einem kurz vor der Wahl verbreiteten Kommuniqué. »Unser politisches Projekt und unsere Forderungen gehen über den Horizont von Wahlen hinaus. Über das politische Projekt verhandeln wir nicht mit der Rechten, egal woher sie kommt.«
Eine Woche vor der Wahl war der Vorsitzende der Conaie, Jaime Vargas, von diesem Kurs abgewichen. Auf einer Versammlung von indigenen Völkern aus dem Amazonasgebiet erklärte er am 3. April seine Unterstützung für Arauz: »Was auch immer passiert, Arauz hat die Rückendeckung aller Nationalitäten des Amazonas.« Es folgte der Parteiausschluss von Vargas aus Pachakutik. Auch Virna Cerdeño, in der ersten Runde Kandidatin für das Vizepräsidentenamt an der Seite von Pérez, wurde die Mitgliedschaft entzogen, nachdem sie den Appell zur Abgabe einer ungültigen Stimme kritisiert hatte.
Lasso, dessen Formation Creo (»Ich glaube«) die neoliberale Politik von Nochpräsident Lenín Moreno im Parlament weitestgehend mitträgt, hatte bereits im Wahlkampf betont, er werde die von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank im Gegenzug für gewährte Kredite geforderten »Strukturanpassungen« größtenteils umsetzen. Ein Schwerpunkt der ecuadorianischen Wirtschaft soll zudem auf der Ausbeutung der natürlichen Ressourcen des Landes liegen. Eine Finanzierung von Sozialprogrammen wie unter Correa durch die dadurch generierten Staatseinnahmen ist nicht zu erwarten.