Kampf um PDVSA
Venezuelas Erdölkonzern wird umgebaut. Kommunisten verurteilen Festnahme von Managern
Von Santiago Baez
In Venezuela spitzt sich die politische Auseinandersetzung um den staatlichen Erdölkonzern PDVSA zu. Vor rund zwei Wochen setzte Staatschef Nicolás Maduro eine nach dem verstorbenen früheren PDVSA-Chef und Außenminister Alí Rodríguez Araque benannte Kommission ein, die unter der Leitung des Vizepräsidenten für Wirtschaftsfragen, Tareck El Aissami, die Führung des wichtigsten Unternehmens in dem südamerikanischen Land übernahm. Damit reagierte der Staatschef auf die immer weiter verschärften Strafmaßnahmen der USA, die inzwischen auch ausländische Handelspartner wie die russische Ölgesellschaft Rosneft betreffen und zu einem Einbruch der Einnahmen aus den Erdölexporten um mehr als 40 Prozent geführt haben. Der Verkauf des Brennstoffs auf den Weltmärkten ist die wichtigste Einnahmequelle Venezuelas, nach Schätzungen sorgen sie für mehr als 90 Prozent des Staatsbudgets.
Während strukturelle Reformen des als ineffizient und korrupt geltenden Staatsunternehmens bislang kaum erkennbar sind, wurden mehrere Spitzenmanager abgesetzt und durch loyale Gefolgsleute ersetzt. Für besonderes Aufsehen sorgte in der vergangenen Woche die Inhaftierung des Verantwortlichen für Sonderoperationen, Alfredo Marcial Chirinos, sowie der für Rohöloperationen verantwortlichen Aryelis Torrealba. Die Regierungskommission wirft ihnen Hochverrat vor, weil sie der US-Administration vertrauliche Informationen zugespielt hätten. Das sei »übler Verrat« gewesen, heißt es in der am 2. März veröffentlichten Stellungnahme der Kommission.
Viele kritische Unterstützer der venezolanischen Regierung ziehen die offizielle Darstellung jedoch in Zweifel. So veröffentlichte das Politbüro der Kommunistischen Partei Venezuelas (PCV) am 5. März eine Stellungnahme, in der es anprangert, dass die staatliche Kommission die Rechte der Betroffenen verletzt habe. Der eigentliche Grund für ihre Verhaftung sei, dass beide Unregelmäßigkeiten und Unterschlagungen im Erdölkonzern angeprangert hätten. »Es ist nicht hinnehmbar, dass diejenigen, die Korruption und die Übergabe der wichtigsten Besitztümer unseres Landes an das transnationale Monopolkapital anprangern, verfolgt und vor Gericht gestellt werden, um die Proteste und Forderungen der Arbeiter zum Schweigen zu bringen«, heißt es in der Stellungnahme der PCV.
Der linke Flügel der chavistischen Bewegung in Venezuela beobachtet die Politik der Regierungskommission voller Misstrauen und kritisiert die Privilegien, die ausländischen Investoren eingeräumt werden, als versteckte Privatisierung des Ölkonzerns. Eine solche ist nach der venezolanischen Verfassung ausdrücklich verboten.
Der frühere Erdölminister Rafael Ramírez warf Maduro am 2. März in der Tageszeitung Panorama vor, Arbeiter und Manager des Konzerns zu verfolgen, um den innerbetrieblichen Widerstand gegen die betriebene Privatisierung zu brechen. Das Kabinett verfolge eine Politik, die sich in nichts von den Plänen des Oppositionspolitikers Juan Guaidó unterscheide, die Kontrolle über das Erdöl den transnationalen Konzernen zu übergeben, so der inzwischen im Exil lebende Exminister.
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