Lasst Kuba in Ruhe!
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Kuba bleibt ein freies Territorium Amerikas und zahlt einen exorbitanten Preis für die unverzeihliche Dreistigkeit, sich den Anmaßungen des Weißen Hauses nicht zu beugen
Autor: Atilio Borón |
Ich bin soeben in Kuba eingetroffen und spüre wieder das gleiche Gefühl, das mich bei meinem ersten Besuch anlässlich des Internationalen Seminars über die Auslandsverschuldung Lateinamerikas und der Karibik, das Fidel in den ersten Augusttagen 1985 einberufen hatte, überkam. Seitdem sind fast vierzig Jahre vergangen, und diese Insel, die seit den Anfängen ihrer Revolution durch den Annexionswahn der Vereinigten Staaten bedrängt wird, leistet weiterhin Widerstand und überlebt die längste Aggression, die je ein Imperium gegen ein ungehorsames Volk verübt hat.
Klingt weit hergeholt? Nun, nehmen wir die Geschichte irgendeines der großen historischen Reiche, sogar vor der christlichen Ära: die Perser, das Römische Reich, das Byzantinische Reich, das Mongolenreich mit seiner enormen Ausdehnung über einen großen Teil Eurasiens, das Spanische Reich oder das Britische Reich, das sich über den ganzen Planeten verzweigt hat, und wir werden vergeblich eine Situation finden, die auch nur im Entferntesten mit der verheerenden Blockade vergleichbar ist – sowohl in ihrer Dauer als auch in der Vielfalt ihrer Mittel zur Unterdrückung und Bestrafung -, die Kuba seit 65 Jahren erleidet.
Und trotz alledem bleibt Kuba das freie Territorium Amerikas, das einen exorbitanten Preis für die unverzeihliche Dreistigkeit zahlt, sich den Anmaßungen des Weißen Hauses nicht zu beugen. In dieser Enklave der Würde kann das US-Imperium seine Gesetze nicht über die nationalen Gesetze stellen oder, um einen sehr aktuellen Fall zu zitieren, seine Schergen in Anzug und Krawatte schicken, um das Flugzeug eines Drittlandes zu stehlen, wie es mit dem venezolanischen Frachtflugzeug geschah, dessen „Beschlagnahmung“ Washington mit der obszönen Komplizenschaft der neokolonialen Regierung Argentiniens anordnete. Solche Dinge sind in Kuba undenkbar.
Allein die Tatsache, dass die kubanische Revolution die phänomenalen Exzesse des Imperiums überlebt hat, ist an sich schon ein absolut außergewöhnlicher Erfolg, der in die Annalen der Weltgeschichte eingegangen ist.
Hätten die Vereinigten Staaten eine solche Aggression durch eine Macht – stellen wir sie uns einfach nur vor, denn es gibt sie nicht – überlebt, die wirtschaftlich hundertmal größer, bevölkerungsmäßig dreißigmal größer und hinsichtlich der Größe und Vielfalt ihrer Streitkräfte und ihres Militärhaushalts unendlich überlegen ist? Hätten Japan, Deutschland oder das Vereinigte Königreich dem widerstanden? Sicherlich nicht, aber das Kuba von Martí und Fidel tat es.
Doch die Killermedien des Imperiums prangern Tag und Nacht das „Scheitern der kubanischen Revolution“ an.
Man könnte fragen: Ist ein Land, das einer solchen kriminellen Aggression ausgesetzt ist, gescheitert, wenn ihm zum Beispiel der Zugang zu allen Arten von medizinischer Versorgung blockiert wird und es trotzdem eine Kindersterblichkeit oder eine Lebenserwartung hat, die genauso gut oder besser ist als die der Vereinigten Staaten? Oder das Impfstoffe und pharmakologische Produkte auf dem „Stand der Technik“ entwickelt, deren Vermarktung aber durch den Druck Washingtons auf die internationalen Gremien, die die entsprechenden Genehmigungen für den Verkauf von Medikamenten erteilen, sabotiert wird?
Ist ein Land gescheitert, in dem man nicht, wie in den Metropolen des Imperiums, ganze Familien sieht, die mitten im Winter auf der Straße schlafen oder im Sommer unter der sengenden Sonne, oder barfüßige Kinder in Lumpen; oder Menschen, die in Mülltonnen nach etwas Essbarem wühlen; Oder Tausende von Männern und Frauen, die durch Drogen zerstört wurden, Opfer einer Gesellschaft, die von einem grausamen Individualismus besessen ist, der sie dazu verdammt, wie Zombies durch die Großstädte zu wandern, um mit ihren Süchten die Profite der Banken- und Finanzkonzerne zu ernähren, die die Endnutznießer des Drogenhandels sind, eines Geschäfts, das jährlich fast eine Billion Dollar umsetzt? .
Gibt es in Kuba vielleicht Tausende von geistig verwirrten Menschen, die durch ihre Teilnahme an den vom Imperium in Übersee geführten Kriegen traumatisiert sind und die, sobald sie nach Hause zurückkehren, „Stimmen hören“, die ihnen sagen, dass die Welt von so vielen Übeltätern befreit werden muss, und die, bewaffnet mit zwei Sturmgewehren, plötzlich ein Einkaufszentrum, eine Kirche, eine Schule betreten und jeden ermorden, der ihnen über den Weg läuft? Ist es diese zutiefst kranke Gesellschaft, die als Maßstab für die Beurteilung des Rests der Welt herangezogen wird?
Diese Aufzählung ließe sich fortsetzen, bis sie viele weitere Punkte umfasst, die zeigen, dass die kubanische Gesellschaft trotz der Brutalität der Blockade über moralische Reserven verfügt, um den zivilisatorischen Verfall zu vermeiden, der die Vereinigten Staaten von innen heraus zerfrisst und der sich in den oben erwähnten abnormen Realitäten manifestiert.
Aber gehen wir noch einen Schritt weiter und fragen wir uns: Wenn die kubanische Revolution gescheitert ist, warum hebt man dann nicht die Blockade für fünf oder zehn Jahre auf und lässt das System unter seinen eigenen Ungereimtheiten und Ineffizienzen zusammenbrechen, so dass den dort Herrschern der bequeme „Vorwand“ der Blockade genommen wird, um die in Wirklichkeit unverbesserlichen Mängel des sozialistischen Modells zu verbergen?
Aber das Imperium und seine Verwalter wissen nur zu gut, dass eine solche Maßnahme eine „Feuerprobe“ wäre, die die enorme Überlegenheit des Sozialismus gegenüber dem Kapitalismus beweisen würde. Und das wissen auch das Weiße Haus und seine europäischen Speichellecker nur zu gut.
Deshalb halten sie an der Blockade, einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit, fest, obwohl die internationale Gemeinschaft, mit der einzigen Ausnahme der Vereinigten Staaten selbst und ihrer israelischen Handlanger sowie einiger pazifischer Insel-Ministaaten, Jahr für Jahr in der UN-Generalversammlung für ein Ende der Blockade stimmt.
Aber Washington ist ein „gescheiterter Staat“ (wegen seiner wiederholten Verletzung der internationalen Legalität), der davon träumt, seine nun endgültig verschwundene globale Hegemonie wiederherzustellen, was ihn dazu treibt, seine kriminelle Blockade gegen alle Widerstände aufrechtzuerhalten.
Es wäre katastrophal für den Kapitalismus als System, wenn Kuba, befreit von der Strangulierung durch die Blockade, in einigen Jahren als Polarstern aufsteigen würde, der die Suche nach sozialer Gerechtigkeit, Freiheit, nationaler Selbstbestimmung und Demokratie in dieser Welt erleuchtet. Und um zu zeigen, dass ein solcher Fortschritt nur möglich ist, wenn der Kapitalismus aufgegeben wird.
Und das kann Washington als imperialer Sheriff nicht zulassen und hält so unverdrossen an der weltweit verurteilten Blockade fest.