Windelweiche Worte
Während Boric die Unterstützung des faschistischen Putsches durch die USA und dessen Ursachen nicht erwähnte, wurden andere Redner deutlicher. »Wir missbilligen jede Art von Angriffen auf die Demokratie, nicht nur bei Staatsstreichen wie diesem, sondern auch bei der modernen Art durch Parlamente, die Justiz und andere Organe«, erklärte Boliviens Präsident Luis Arce in Anspielung auf den 2019 von Washington geförderten Staatsstreich gegen den gewählten Präsidenten Evo Morales in seinem Land. Wie die mexikanische Tageszeitung La Jornada berichtete, dankten peruanische Frauen am Rande der Veranstaltung Mexikos Präsidenten Andrés Manuel López Obrador »für seinen Einsatz für die Demokratie in Peru«. López Obrador hatte den Putsch gegen das gewählte dortige Staatsoberhaupt Pedro Castillo wiederholt scharf verurteilt.
In einer bewegenden Rede erinnerte Isabel Allende, die heute 81jährige Tochter des am 11. September 1973 gestürzten Präsidenten, an die Erfolge der Unidad Popular, deren Sozialprogramme und die Verstaatlichung nationaler Ressourcen, die unter anderem der Grund für die Organisation des Putsches durch die US-Regierung waren. Sie dankte vor allem Mexiko und Kuba dafür, dass sie ihrer Familie nach dem Tod ihres Vaters Asyl gewährt hatten. »Zusammen mit Tausenden von Exilanten bekräftigen wir unsere lebenslange Dankbarkeit«, sagte Allende. Boric hatte allerdings weder Vertreter Kubas noch Russlands zur Gedenkfeier eingeladen. Sowohl die sozialistische Inselrepublik als auch die Sowjetunion hatten Tausenden Verfolgten Schutz gewährt. Dafür waren Repräsentanten der BRD geladen, obwohl deren Geheimdienst BND und das Auswärtige Amt die Putschisten seinerzeit unterstützt hatten.
Trotz dieses peinlichen Affronts erklärte Moskaus Außenminister Sergej Lawrow in einem Gastbeitrag für die russische Tageszeitung Rossiskaja Gaseta am Montag, er hoffe, dass sich die russisch-chilenischen Beziehungen entwickeln werden, »unabhängig von aktuellen Tendenzen, die einzelne chilenische Politiker an den Tag legen«. Die destruktiven Maßnahmen zur Vorbereitung des Putsches gegen Allende entsprächen »einer Art Schablone, die Washington auch heute noch gegen souveräne Regierungen auf der ganzen Welt« einsetze, mahnte der Diplomat. Pablo Sepúlveda Allende, ein Enkel des sozialistischen Präsidenten, teilt die Einschätzung. In einem von RT veröffentlichten Gespräch mit Ecuadors ehemaligem Staatschef Rafael Correa wies er darauf hin, dass der Putsch systematisch durch US-amerikanische Wirtschaftssabotage vorbereitet worden sei. Unter Pinochet sei Chile dann »zum wichtigsten neoliberalen Experiment der Welt« geworden, »in dem sogar das Wasser privatisiert wurde«. Leider habe die von seinem Großvater mitbegründete Sozialistische Partei heute »viele ihrer Prinzipien aufgegeben und viel von Allendes Erbe verraten«, bedauert dessen Enkel.