Iberoamerikanischer Gipfel ruft zu Geschlossenheit gegenüber anstehenden Problemen auf
Von Volker Hermsdorf
Auf den Spuren der Vergangenheit: Archäologen untersuchen alten Damm (Pamparomas/Peru, 15.7.2022)
Unter dem Motto »Gemeinsam für ein gerechtes und nachhaltiges Iberoamerika« wird an diesem Freitag in Santo Domingo das 28. Iberoamerikanische Gipfeltreffen von Staats- und Regierungschefs aus Lateinamerika sowie den europäischen Ländern Andorra, Portugal und Spanien eröffnet. Wie der Außenminister der Dominikanischen Republik, Roberto Álvarez, mitteilte, haben 14 Präsidenten, zwei Vizepräsidenten, zwei Premierminister und 22 Außenminister ihre Teilnahme bestätigt. Vor der Eröffnungszeremonie am Abend (Ortszeit) ist eine Konferenz der Außenminister geplant. Am Sonnabend kommen die Staats- und Regierungschefs dann zur Plenarsitzung zusammen.
Laut Álvarez stehen bei dem seit 1991 regelmäßig stattfindenden Treffen in diesem Jahr vier Arbeitsschwerpunkte im Mittelpunkt. Der erste sei eine »iberoamerikanische Umweltcharta, die sich mit den Herausforderungen des Klimawandels, des Verlusts der biologischen Vielfalt und der Umweltverschmutzung befasst und Leitlinien für die Ausrichtung von Vorschriften und öffentlichen Maßnahmen in diesen Bereichen festlegt«. Als zweites Ziel nannte Álvarez die Einigung auf eine »iberoamerikanische Charta der Prinzipien und digitalen Rechte, die den Menschen in den Mittelpunkt des inklusiven digitalen Wandels stellt«. Ein weiterer Schwerpunkt, so der Diplomat, sei die Entwicklung einer »Strategie zur Erreichung von Ernährungssicherheit, die unter anderem vorsieht, den intraregionalen Handel und die Entwicklung widerstandsfähigerer Versorgungsketten zu steigern, die landwirtschaftlichen Familienbetriebe zu konsolidieren, den Zugang zu Finanzmitteln zu erweitern, um die Agrar- und Ernährungssysteme umzugestalten, und die digitale Infrastruktur im ländlichen Raum zu stärken«. Falls dazu eine Einigung zustande kommt, soll auf dem Gipfel auch ein »Sonderkommuniqué zur internationalen Finanzarchitektur« verabschiedet werden, das darauf abzielt, »ein gerechteres und flexibleres internationales Finanzsystem zu schaffen, das es den Ländern ermöglicht, die Prozesse der Erholung nach der Pandemie, der Energiewende, der Klimaanpassung und des Kampfes gegen Ungleichheit besser zu bewältigen«.Die Veranstalter hoffen, dass sich alle 22 teilnehmenden Länder auf die erarbeiteten Vorschläge einigen. Am 28. Iberoamerikagipfel beteiligen sich Andorra, Argentinien, Bolivien, Brasilien, Kolumbien, Costa Rica, Kuba, Chile, Ecuador, El Salvador, Spanien, Guatemala, Honduras, Mexiko, Nicaragua, Panama, Paraguay, Peru, Portugal, Uruguay, Venezuela und die Dominikanische Republik.
Wie auch bei anderen internationalen Gipfeln haben wortreiche Erklärungen allerdings häufig kaum spürbare praktische Konsequenzen. So umfasste die Abschlusserklärung des vorigen Treffens in Andorra, das wegen der Covid-19-Pandemie um ein Jahr auf den 20. und 21. April 2021 verschoben worden war und online stattfand, insgesamt 72 Punkte, die inhaltlich den jetzt erneut zur Debatte stehenden Vorlagen ähnelten. »Im Rahmen des Gipfels und der Anwesenheit der Staats- und Regierungschefs sind die persönlichen Kontakte und bilateralen Treffen, die in dieser Woche stattfinden, in gewissem Sinne von wesentlicher Bedeutung«, relativierte Außenminister Álvarez die Erwartungen am Dienstag in der dominikanischen Onlinezeitung 7 días. Auch das Onlineportal Acento mahnte zum Realismus: »Selbst wenn bei Gipfeltreffen Vereinbarungen und Manifeste nicht immer zustande kommen, ist es gut, wenn die Länder einen Dialog führen und versuchen, gemeinsame Ziele zu finden«, formulierte das Portal am Donnerstag.
Parallel zum Gipfel der Staats- und Regierungschefs in Santo Domingo findet im dortigen Kongresszentrum »Sans Souci« das 16. Iberoamerikanischen Wirtschaftstreffen statt, an dem laut Agenturangaben mehr als tausend Unternehmer aus der Region teilnehmen. Dabei gehe es überneue Investitionen hinaus um Nachhaltigkeit, Klimaschutz, soziales Engagement, digitale Transformation und neue Finanzierungsmodelle, berichtete Prensa Latina am Donnerstag. Weitere Themen seien Tourismus, Infrastruktur, Energie und ökologischer Wandel sowie die Gleichstellung der Geschlechter. Mit dem Gipfel endet die Präsidentschaft pro tempore der Dominikanischen Republik in der Iberoamerikanischen Gemeinschaft, die am Sonnabend an Ecuador übertragen wird.