Zwischen Leidenschaft und Pflicht, immer Rolando
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Ein radikaler und unteilbarer Rolando, denn der Reporter, der Chronist, der Filmkritiker, der Redakteur, der Schriftsteller und der Kämpfer verschmolzen in seinem Werk und seinem Lebensweg zu einem einzigen Ganzen
Autor: Pedro de la Hoz |
Der Junge mit begrenzten wirtschaftlichen Mitteln und großem Elan, der in die Werkstätten der Zeitung Noticias de Hoy eintrat, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, war sich sicher, dass eines Tages, eher früher als später, sein Name Rolando Pérez Betancourt auf den Chroniken und Artikeln erscheinen würde, die er damals umgeben von Bleigeruch in die Setzschiffe legte.
Zunächst besuchte er die Schule nur bis zur achten Klasse. Später vervollständigte er seine Ausbildung bis zum Universitätsniveau, indem er nebenbei arbeitete. Er war ein unersättlicher Leser, ein ständiger Verschlinger von Filmen in den örtlichen Kinos. Lollobrigida, Sophia Loren und Marilyn Monroe waren seine Freundinnen auf der Leinwand, und in einer Art Trance fand er sich im Kampf mit Marlon Brando wieder. Bald ging er darüber hinaus und entdeckte, dass das Kino Kunst ist, dass es zwar unterhält, aber auch den Menschen bereichern kann.
In der Zwischenzeit brodelte die Revolution in den Straßen der Stadt. Als rebellischer, verantwortungsbewusster und furchtloser junger Mann schmiedete er seinen Charakter und blieb seiner Klasse treu. Mit dem Blick auf die Veränderungen und entschlossen, an ihnen teilzuhaben, hatte er ein offenes Ohr für die Erfahrungen der Veteranen der Zeitung, allen voran des Kommunistenführers Blas Roca.
Das war der Rolando Pérez Betancourt, der am 3. Oktober 1965 zu den Gründern der Tageszeitung Granma gehörte. Von da an wuchs er, was das Schreiben und Beobachten angeht- seine ersten Beiträge erschienen in Noticias de Hoy, als er aus der Werkstatt in zunächst zur Sportredaktion kam- in der Kultur und in der Bestätigung seiner politischen Überzeugungen. Ein radikaler und unteilbarer Rolando, denn der Reporter, der Chronist, der Filmkritiker, der Redakteur, der Schriftsteller und der Kämpfer verschmolzen in seinem Werk und seinem Lebensweg zu einem einzigen Ganzen.
Schon früh prägte er seinen eigenen Stil in der Chronik. Er ging in die Tiefen der Korallenriffe, die den Archipel begrenzen – er berichtete mit dem Fotografen Alberto Korda über eine Unterwasser-Sportweltmeisterschaft, die in Kuba stattfand – aber genauso über die entlegensten Gemeinden des Landes. Oder er nahm ein Boot, um über Hochseefischer zu schreiben. Oder er brachte die Gefühle des einfachen Volkes in verschiedenen Zeitabschnitten unserer Geschichte zum Ausdruck.
Leser und vor allem Journalisten, die sich in der Ausbildung befinden, täten gut daran, noch einmal die Bücher zu lesen, in denen Rolando die Juwelen des Genres gesammelt hat: Crónicas al pasar und Sucedió hace 20 años, und sich seinen konzeptionellen Werkzeugen zu nähern, die er in La crónica, ese jíbaro darlegt. Für sein Lebenswerk wurde er zu Recht mit dem Nationalen Journalistenpreis José Martí und dem Kulturjournalistenpreis José Antonio Fernández de Castro ausgezeichnet.
Eines schönen Tages im Jahr 1973 kam er mit dem Direktor von Granma, Jorge Enrique Mendoza, und der Leiterin der Nachrichtenabteilung Marta Rojas überein, eine Kolumne über das Kino zu übernehmen. Dies war ein riskanter Schachzug, aber das Risiko war immer untrennbar mit Rolandos journalistischer Praxis verbunden. Wenn man jedoch einen unvoreingenomenen und objektiven Blick auf das werfen wollte, was auf den Bildschirmen des Landes und insbesondere in den kubanischen Produktionen gezeigt wurde, war es unerlässlich.
Rolando war bereit, sich in solchen Fragen zu exponieren. Die Kolumne Crónica de un espectador bewahrte fast 50 Jahre lang unveränderlich ihre Strenge und eine durchweg scharfe und durchdringende Perspektive. Ästhetik, Ethik und Ideologie waren in jeder ihrer Rubriken miteinander verwoben. Mit denselben Grundsätzen und der gleichen Leidenschaft und unter Einsatz seiner enormen Fähigkeiten im direkten Kontakt mit dem Zuschauer ging der Kritiker, der Gründungsmitglied des Kubanischen Verbands der Filmpresse ist, zu den Fernsehsendungen Tanda del domingo -Cine vivo, Noche de cine und La séptima puerta über, mit der er sich am vergangenen Freitag verabschiedete. Die Zusammenstellung seiner Kommentare zum Kino mit dem Titel Rollo crítico müsste man in einer neuen Ausgabe erweitern.
Das ICAIC erkannte in ihm „einen konsequenten Verfechter des Qualitätskinos, der sich dafür einsetzte, dass die Essenz der kulturellen Hierarchie eines jeden Films angesichts der kommerziellen Produktion, angesichts der manipulativen Sprache des Kinos, die den menschlichen und künstlerischen Werten fremd ist, verstanden wurde, und er hinterlässt uns ein Denkmodell, das dem Kino und der Kultur verpflichtet ist“.
In einem Interview, das die Schriftstellerin Marilyn Bobes vor einigen Jahren mit ihm führte, stellte sie fest, dass Rolando zwar als Kritiker bekannt war, sein Status als „hervorragender Romanschriftsteller“ aber noch nicht gewürdigt wurde. Wer sich in „Mujer que regresa“ und „La última mascarada de la cumbancha“ vertieft, wird den Ton und den Pulsschlag entdecken, mit dem er komplexe soziale und menschliche Situationen widerspiegelt, wie die Konflikte von Familien, die durch die Straße von Florida getrennt sind, oder das explosive Szenario in der peruanischen Botschaft in Havanna im Jahr 1980, als sie von Leuten der schlimmsten Sorte überfallen wurde.
Was die Arbeit und die zwischenmenschlichen Beziehungen angeht, verstand es Rolando, ein Freund zu sein, transparent und loyal, und ein vertikaler Chef. Mehr als zwei Jahrzehnte lang leitete er die Kulturredaktion der Granma, von wo aus er nicht nur die Mitglieder seines Teams, sondern auch andere Redaktionen beruflich weiterbrachte. Es würde sich lohnen, wie Yisell Rodríguez Milán, Verantwortliche für die digitale Ausgabe, anmerkt, die 495 journalistischen Materialien von Rolando durchzusehen, die zwischen 2014 und 2023 archiviert wurden.
Das Zeugnis der jungen Yeilén Delgado, derzeitige Leiterin der Korrespondentenabteilung der Zeitung, entbindet mich davon, meinen persönlichen Standpunkt darzulegen, der von den langen Jahren der engen Beziehungen zwischen Rolando und mir in den verschiedenen Schützengräben durchdrungen wäre: „Er war – so Yeilén – genau so, wie er in seinen Briefen und auf dem Bildschirm erschien, entschlossen, gemessen, äußerst intelligent (…) Er war auch sehr radikal; er glaubte nicht an halbe Sachen, daran, hier und dort gut auszusehen, weder dafür noch dagegen zu sein. Er beherrschte die Synthese mit einer beneidenswerten Souveränität und auch die Fähigkeit, zu zweifeln, zu analysieren, Schlussfolgerungen zu ziehen und Raum für andere Interpretationen zu lassen. Die Fähigkeit des revolutionären Projekts, junge Menschen anzusprechen und zu begeistern, war eines seiner Hauptanliegen“.
Diese Worte, denen ich mich voll und ganz anschließe, beschreiben eine konstante Haltung, die auf Kongressen und Foren der UPEC und der UNEAC – in letzterer Organisation war er auf dem IX. Kongress zum Mitglied des Nationalrats gewählt worden -, in Parteianalysen, internationalen Veranstaltungen und an der Straßenecke in der Nachbarschaft zum Ausdruck kommt.
Ich kann mir jetzt, da er am Samstag, den 18. Februar, morgens von uns gegangen ist, die Diskussionen vorstellen, die er über das Menschliche und das Göttliche, das Revolutionäre und das, was es nicht ist, und den Kampf der Kultur gegen die Unkultur führen wird, wo immer er auch sein mag. Begleitet wird er von anderen, die sich in Granma einen Namen gemacht haben, wie Agustín Pi, José Manuel Otero und Marta Rojas. Ich bin sicher – wir sind sicher -, dass das Beispiel von Rolando Pérez Betancourt Früchte tragen wird.