»Bolsonarismus« bleibt
Tränenreich: Unterstützerin des Nochpräsidenten nach dem Wahlsieg von Lula (Brasilia, 30.10.2022)
Die Mehrheit der brasilianischen Bevölkerung und der lateinamerikanischen Regierungen feiert Lula da Silva als Hoffnungsträger für das Land und die Region. Den Erwartungen entsprechend hat sich der künftige Präsident noch am Wahltag zu ambitionierten Zielen bekannt. Seine Regierung werde dem Kampf gegen den Hunger oberste Priorität einräumen, das Wohnungsbauprogramm »Mein Haus, mein Leben« sowie Eingliederungshilfen wieder aufnehmen, um Familien aus der Armut zu holen, kündigte er an. Außerdem will er ein Ministerium für indigene Völker schaffen, »damit diese Gemeinschaften nie wieder respektlos wie Bürger zweiter Klasse behandelt werden«. Lula versprach zudem, die Überwachung des Amazonasgebietes wieder aufzunehmen und alle illegalen Abholzungen zu beenden. Als wichtiges außenpolitisches Ziel wolle er die Beziehungen zu den BRICS-Staaten intensivieren, so Lula.
In der Praxis wird es dem Vorsitzenden der Arbeiterpartei (PT) schwerfallen, die so geweckten Erwartungen zu erfüllen. Zwar behauptete Lula sich am Sonntag mit einem Vorsprung von mehr als 2,1 Millionen Stimmen gegen seinen Konkurrenten, doch gegenüber dem ersten Durchgang konnte der mächtig aufholen. Der »Bolsonarismus« und das rechte Lager sind weiterhin stark genug, um progressive Projekte erfolgreich zu ver- oder zumindest zu behindern. Im Parlament stellen die Rechtsparteien mit Bolsonaros liberaler Partei (PL) an der Spitze sowohl im Abgeordnetenhaus als auch im Senat mehr Abgeordnete als das von der PT geführte Bündnis »Hoffnung Brasilien«. Mit dem unternehmerfreundlichen Vizepräsidenten Geraldo Alckmin hat Lula zudem künftig einen wenig zuverlässigen Vertreter an seiner Seite. Der konservative Exgouverneur von São Paulo war während seiner Amtszeit gegen Beschäftigte und Gewerkschafter vorgegangen und hatte 2016 das Amtsenthebungsverfahren gegen die linke Präsidentin Dilma Rousseff mitgetragen, das den Weg für einen neoliberalen Kurswechsel im Land und eine US-freundlichere Außenpolitik freimachte.
Auch wird sich die künftige Regierung einer rechtskonservativ geprägten Medienlandschaft gegenübersehen, in der sich die wichtigsten Fernseh-, Rundfunksender und Printmedien im Besitz von wenigen, politisch einflussreichen Unternehmerfamilien befinden. Die brasilianische Rechte kann sich daneben auf große Teile des Militärs und evangelikale Gruppierungen stützen, die mittlerweile über 30 Prozent der Bevölkerung ausmachen. Und wie auch immer die politische Zukunft von Jair Bolsonaro aussehen wird: Diejenigen, die weiterhin aus der Abholzung des Regenwaldes Profit schlagen wollen und noch immer über Instrumente verfügen, um Millionen für ihre Ziele zu mobilisieren, sind nicht von der Bühne abgetreten. Lulas Erfolg in der Stichwahl könnte sich also durchaus noch als Pyrrhussieg erweisen.
Auch wird sich die künftige Regierung einer rechtskonservativ geprägten Medienlandschaft gegenübersehen, in der sich die wichtigsten Fernseh-, Rundfunksender und Printmedien im Besitz von wenigen, politisch einflussreichen Unternehmerfamilien befinden. Die brasilianische Rechte kann sich daneben auf große Teile des Militärs und evangelikale Gruppierungen stützen, die mittlerweile über 30 Prozent der Bevölkerung ausmachen. Und wie auch immer die politische Zukunft von Jair Bolsonaro aussehen wird: Diejenigen, die weiterhin aus der Abholzung des Regenwaldes Profit schlagen wollen und noch immer über Instrumente verfügen, um Millionen für ihre Ziele zu mobilisieren, sind nicht von der Bühne abgetreten. Lulas Erfolg in der Stichwahl könnte sich also durchaus noch als Pyrrhussieg erweisen.