Zafra schließt mit 431.000 Tonnen
Am 20. Mai hat Kuba die aktuelle Zuckererntesaison 2021/22 mit einem historisch schlechten Ergebnis beendet. Wie die Parteizeitung „Granma“ berichtet, konnte der Plan von 911.000 Tonnen Zucker nur zu 52 Prozent erfüllt werden. Trotz der versuchten Wiederbelebung des Sektors ab 2014 wurden zuletzt nur selten Werte von über einer Million Tonnen erreicht. In den vergangenen Rezessionsjahren erlebte Kubas Zuckerindustrie weitere Rückschläge.
„Vielfältige Gründe“
Wie die Granma berichtet, stand die diesjährige Erntesaison („Zafra“) von Anfang an unter einem schlechten Stern, von Personal- und Wartungsproblemen war bereits im Februar die Rede. Von den 35 beteiligten Zuckermühlen konnten nur drei den Plan erfüllen. Wie die staatliche Azcuba-Gruppe erklärte, sei die Versorgung der Bevölkerung über die Rationierungskarte Libreta weiterhin gesichert, allerdings wird jetzt zusätzlicher Zucker importiert werden müssen. Ursprünglich war das Ziel, dieses Jahr mindestens 500.000 Tonnen allein für den nationalen Markt bereitzustellen und den Rest zu exportieren. Die diesjährige Saison fiel mit 431.000 Tonnen jedoch nochmal deutlich geringer als die Vorsaison 2020/21 aus, bei der Kuba mit 816.000 Tonnen die niedrigste Ernte seit 1908 ins Haus stand.
Die Gründe für das schlechte Ergebnis seien „vielfältig“, wie Azcuba-Kommunikationschef Dionis Pérez gegenüber der Zeitung erklärte. Zu den „objektiven Problemen, die das Land betreffen“ (gemeint ist der Devisenmangel und fehlende Investitionen) kämen noch „organisatorische Schwierigkeiten“ hinzu. In diesem Zusammenhang wies er auf Schwierigkeiten bei der Versorgung mit Industriesauerstoff infolge von Pannen hin, die zu einer dreimonatigen Verzögerung bei der Reparatur der Anlagen sowie zu einer zwölftägigen Verzögerung bei der Inbetriebnahme der Fabriken geführt hätten. Als weitere Faktoren wurden die Auswirkungen der US-Blockade, welche den Erwerb von Ausrüstung erschwert, sowie niedrige Erträge auf den Feldern angesichts des Mangels an Düngemitteln und Herbiziden angegeben. Von den beiden letztgenannten Mitteln konnten nur 37 Prozent der benötigten Menge ausgebracht werden.
Umstrukturierung steht bevor
Zuckerrohranbau hat auf Kuba eine lange Tradition, welche der Insel sogar den Beinamen „Zuckerinsel“ verschaffte. Tatsächlich gehörte Kuba mit kontinuierlichen Ergebnissen von über acht Millionen Tonnen Rohrzucker in den 1980er Jahren einst zu den drei größten Zuckerproduzenten weltweit. Im Jahr 2002 wurde die ohne sowjetische Subventionen schwer aufrechtzuerhaltende Industrie weitgehend stillgelegt. 2014 sollte mit brasilianischer Hilfe der Neustart erfolgen, wobei langfristig Ernten von vier bis fünf Millionen Tonnen angestrebt wurden.
Um der einst prestigeträchtigen Branche neues Leben einzuhauchen, wurde inzwischen die komplette Umstrukturierung des Sektors beschlossen. Für die kommende Ernte soll Azcuba in 56 Einzelunternehmen aufgeteilt werden, welche die jeweiligen Mühlen bewirtschaften. Insgesamt umfasst das Reformprogramm „93 Maßnahmen zur Rettung der Zuckerindustrie“, mit denen die Mühlen über Kredite in die Lage versetzt werden sollen, eigenständig zu haushalten und dezentrale Logistikstrukturen aufzubauen. Die Reform stellt die erste größere Umstrukturierung des Sektors seit Auflösung des Zuckerministeriums und Gründung der Holding Azcuba im Jahr 2012 dar.