Offener Brief des Vorstandes an Borrell
OFFENER BRIEF
Betr.: Ihre Erklärung zu den Gerichtsurteilen in Kuba
Sehr geehrter Hoher Vertreter Josep Borrell,
wir protestieren auf das Schärfste gegen diese Erklärung!
1. Tatsächlich wurden Personen aufgrund angemessener Beweislage verurteilt, die nachweislich nicht „friedlich“ demonstriert und „ihre Meinung geäußert haben“, sondern nachweislich gewalttätig und vandalierend agierten. Dies wird in den EU-Staaten und den USA ebenfalls, teilweise noch härter bestraft.
2. Mit keinem Wort erwähnt die EK, dass einige führende Protestler engste ideologische, politische und finanzielle Kontakte mit der US-Botschaft in Havanna und mit der Regierung und führenden Politikern in den USA und in Florida unterhalten. Derartige Kontakte sind in allen EU-Staaten und den USA verboten und unter Strafe gesetzt. Weshalb ignorieren Sie wiederholt derartige Fakten und Sachverhalte?
3. Offenbar basieren all Ihre Einschätzungen nicht etwa auf Angaben der Gerichte in Kuba, sondern auf Übertreibungen und Fehlinformationen von Nichtregierungsorganisationen wie „Cubalex“.
4. Sie verweisen auf das „Abkommen über politischen Dialog und Zusammenarbeit zwischen der EU und Kuba“, haben aber bislang und auch in Ihrer Erklärung nicht begründet, weshalb Sie die US-Blockade weiterhin tolerieren. Immerhin werden dadurch die Menschenrechte von über elf Millionen KubanerInnen in Kuba, und vielen anderen Menschen in den USA und andernorts („extraterritoriale Effekte“ / „sekundäre Sanktionen“) in ihren Freiheiten und Handlungsmöglichkeiten in unzumutbarer Weise beeinträchtigt und geschädigt.
5. Mit keinem Wort erwähnen Sie, sehr geehrter Herr Borrell, die seit nunmehr über sechzig Jahren andauernde Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade der USA gegen den Nachbarstaat Kuba, sowie dessen permanente, subversive Unterminierung, Interventionen und Provokationen aller Art.
6. Und wieder legen Sie und die EU unterschiedliche Maßstäbe an, indem Sie faire Gerichtsverfahren in Kuba pauschal und ohne Detailwissen scharf kritisieren, ohne auch nur einen Fall als Beispiel und Beleg für Ihre Kritik darzulegen; und andererseits reale und viel eklatantere Verstöße gegen Menschen- und Freiheitsrechte in Staaten wie den USA niemals zum Anlass ähnliche öffentlicher Kritik nehmen. Ist dies „Feigheit vor dem Freund“ (der sich gar nicht als Freund verhält)?
Sie und die EU erklären nun vollmundig, dass sie bereit seien, „alle Bemühungen um den Schutz, die Förderung und die Umsetzung der Menschenrechte und Freiheiten aller Kubanerinnen und Kubaner im Rahmen des Abkommens über politischen Dialog und Zusammenarbeit zwischen der EU und Kuba zu unterstützen!“ Wir und die Weltgemeinschaft und das kubanische Volk stellen aber seit vielen Jahren fest, dass die EK offenbar nicht willens und in der Lage ist, die US-Blockade gegen Kuba zu lockern und spürbar dazu beizutragen, dass sie endlich abgeschafft wird. Die EK hat offenbar auch keinen ernsthaften Willen, das eigene „Blocking Statute“ (von 1996) innerhalb der EU durchzusetzen und anzuwenden.
Bevor sich die EK in imperialem Ton anmaßt, ein anderes, souveränes Land weitgehend ungerechtfertigt und im Ton der exilkubanischen Extremisten in Florida und Washington anzuprangern, sollte die EK ihre eigenen Versprechen und Grundsätze einhalten!
Wir fordern Sie nachdrücklich auf, mit allen Mitteln dafür zu sorgen, dass die US-Blockade gegen Kuba baldigst gelockert und schrittweise beendet wird.
Mit empörten und freundlichen Grüßen
Vorstand des NETZWERK CUBA e.V.