PAHO besorgt um Impfstoffversorgung in Lateinamerika und der Karibik
Washington. D.C. Die Panamerikanische Gesundheitsorganisation (PAHO) hat darauf hingewiesen, dass die ungleiche Verteilung des Impfstoffes gegen Covid-19 eine große Schwachstelle im Kampf gegen das Virus in Lateinamerika und der Karibik darstellt. Die Direktorin der PAHO Dr. Carissa Etienne bezeichnete diese Ungleichheit als die „Achillesferse“ im Kampf gegen die Pandemie.
Die fast zwölf Millionen Impfstoffspenden aus den USA und einzelnen europäischen Staaten würden ihr zufolge nicht ausreichen, um die mehreren 100 Millionen Menschen zu schützen, die weiterhin gefährdet sind. Trotz aller Bemühungen sind etwa 75 Prozent der lateinamerikanischen Bevölkerung nach wie vor nicht vollständig gegen Covid-19 geimpft, obwohl die Notwendigkeit einer dritten Dosis bereits in einigen Teilen der Welt diskutiert wird.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) verzeichnet weltweit 218,9 Millionen Covid-19 Fälle und 4,5 Millionen Todesfälle. Etwa 38 Prozent dieser Fälle (84,4 Millionen Infizierte) und etwa 46 Prozent der Todesfälle (2,1 Millionen) sind auf dem amerikanischen Kontinent zu verzeichnen.
Als der am stärksten betroffene Kontinent hat Amerika nach Angaben der PAHO bis vergangenen Freitag rund 935 Millionen Dosen des Impfstoffs verabreicht: Die meisten in den Vereinigten Staaten (mehr als 371 Millionen), gefolgt von Brasilien (fast 177 Millionen), Mexiko (82,6 Millionen), Kanada (52,9 Millionen), Argentinien (40,9 Millionen), Kolumbien (34,2 Millionen), Chile (26,9 Millionen), Peru (17,7 Millionen), Ecuador (17,5 Millionen) und Kuba (12,9 Millionen).
Laut Dr. Etienne konnte mehr als ein Drittel der Länder in der Region bisher nicht einmal 20 Prozent ihrer Bevölkerung impfen. Mancherorts sei die Abdeckung sogar noch viel geringer: Die Impfraten in mehreren karibischen und südamerikanischen Ländern liegen weiterhin unter 20 Prozent, in zentralamerikanischen Ländern wie Guatemala, Honduras und Nicaragua liegt die Durchimpfungsrate im einstelligen Bereich.
Diese niedrigen Impfquoten schüren die Sorgen, da in mehreren Ländern Lateinamerikas und der Karibik wie beispielsweise in Costa Rica, Belize, Puerto Rico, St. Lucia oder Jamaika ein rapider Anstieg der Neuinfektionen zu verzeichnen ist.
In Haiti und Venezuela haben die schwachen Gesundheitssysteme und die politischen Herausforderungen die Impfungen weiter verzögert. Venezuela prangert an, dass das Land trotz der Leistung aller Zahlungen an die globale Impfinitiative Covax lange keine der erwarteten Dosen bekommen hatte und stellte die Initiative vor ein Ultimatum: Die Auslieferung der Dosen oder die Rückzahlungen der getätigten Zahlungen. Mittlerweile haben die Auslieferungen des Impfstoffes nach Venezuela jedoch begonnen.
Dr. Etienne bezeichnete den gravierenden Mangel an Impfstoff in Lateinamerika und der Karibik als einen „Weckruf“, die regionale Impfstoffproduktion zu erhöhen, und kündigte eine neue Plattform an, um dieses Ziel zu erreichen. Die PAHO werde sich in Kooperation mit der WHO bemühen, die mRNA-Impfstofftechnologie in die Region zu bringen und die Herstellung vor Ort zu fördern. Sowohl öffentliche und als auch private Partner sollen dabei eingebunden werden.
Neben diesen Bemühungen hatte die PAHO bereits angekündigt ihren sogenannten Revolving Fond zu nutzen, um die Ländern Lateinamerikas und der Karbik bei der Impfstoffbeschaffung zu unterstützen. Der Fond, der seit 42 Jahren andere Impfstoffe für die Region zu erschwinglichen Preisen beschafft, nimmt bereits Anträge für die letzten drei Monate des Jahres 2021 und für 2022 entgegen, sagte die PAHO-Direktorin.
Ziel sei es, die 20 Prozent zu übersteigen, die Covax anbietet. Sie bezog sich dabei auf die Verpflichtung von Covax, Impfstoffe für 20 Prozent der Bevölkerung der Region, also für die am stärksten gefährdeten Gruppen, zu beschaffen.
Bislang haben mehr als 20 Länder offiziell ihr Interesse bekundet. Impfstoffe, Spritzen, Kühlkettenausrüstung und anderes Material sollen zu einem erschwinglichen Preis erworben werden können.