Wespennetz
Wasp Network (Olivier Assayas, 2019), das schließlich auf dem 41. Festival des Neuen Lateinamerikanischen Films gezeigt wurde, macht mit historischer Sachlichkeit deutlich, dass die Kubaner, die in konterrevolutionäre Organisationen aus Miamis Exil eingedrungen sind, das Recht hatten, die Sicherheit ihres Landes zu schützenund die Welle der Terroranschläge der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts unter dem Schutz der Vereinigten Staaten zu stoppen.
Ein wichtiger Aspekt, der berücksichtigt werden muss in dem Film des Franzosen Assayas, ein renommierter Filmemacher, dessen in unserem Land bekanntes Werk es uns ermöglicht hat, die Sensibilität eines Künstlers zu würdigen, der in der Lage ist, die unterschiedlichsten menschlichen Probleme in intimer Erzählungweise zu behandeln.
Basierend auf dem Buch Die letzten Soldaten des Kalten Krieges von Fernando Morais schrieb Assayas selbst das Drehbuch eines Konflikts, in dem – anders wäre es nicht möglich – festgestellt wird, wer die Opfer und wer die Täter einer Geschichte sind, die ein halbes Jahrhundert zurückliegt.
Grund genug dafür, dass die Konterrevolution von Miami, ohne den Film gesehen zu haben, nur Mitteilungen nach seiner Präsentation bei den Filmfestspielen von Venedig, Aufruhr auslöste und eine erbärmliche Warnung aussprach: Ihrer Region dürfe sich der Film auf keinen Fall auch nur annähern.
Das Thema der Fünf Helden und die Geschichten, die daraus hervorgehen, würden es erlauben, etliche Filme und Serien zu machen. Aber in jedem realitätsbezogenen Werk gibt es eine Auswahl von Ereignissen und Charakteren sowie künstlerische Freiheiten zu dramaturgischen Zwecken und zur Vereinfachung der Handlung. Aus Morais ‚Buch hebt Assayas das hervor, was er für angebracht hielt, um eine Reihe von Ereignissen zusammenzustellen, die mehrere Jahre und nicht wenige Intrigen umfassen. Obwohl der Film als Spionagethriller beworben wurde, bekräftigt der Regisseur, dass es sich um eine historische Vision handelt, die in der Absicht konzipiert wurde, eine Tat festzuhalten, die ihn, nachdem er sie kennengelernt hatte, gefesselt hat.
Es war jedoch ratsam, den Ton und den Konflikt so auszugleichen, dass in einem Film mit ausländischer Finanzierung und internationaler Projektion nicht ausschließlich die Sichtweise zugunsten der revolutionären Sache vorherrscht. Außerdem ist die Annahme des politischen Faktors in jedem Fach immer ein Grund für Meinungsverschiedenheiten und sogar Verschanzung, wie sich jetzt auch in „künstlerischen“ Kritiken zeigte, in denen sich mehr die ideologischen Positionen gegen das „kubanische kommunistische Regime“ abheben, als dass sie eine vorurteilsfreie Praxis der professionellen Analyse wären.
Aber Tatsachen sind Tatsachen und die künstlerische Ehrlichkeit, wenn auch notwendigerweise schattiert, kann sich nicht von ihnen loslösen.
Für diesen Chronisten ist Wasp Network ein Film, der es wert ist, gesehen zu werden, was ihn nicht von Inkonsistenzen in seiner Verwirklichung befreit. Die wichtigste: die gewollte Streuung, indem alles umfasst werden soll und mehr als nötig erklärt wird, um der möglichen Unwissenheit zu dem Thema beim internationalen Publikum Rechnung zu tragen. In diesem Sinne verwendet das Drehbuch Zeitsprünge und das Auftauchen und Verschwinden von Personen, was Lücken in Bezug auf den Zweck der Geschichte und die Klarheit bestimmter Situationen hinterlässt, z. B. in Bezug auf die Flucht des infiltrierten Juan Pablo Roque (Wagner Moura) nach Kuba.
Ein anderer fragwürdiger Aspekt – der für einen kubanischen Zuschauer kein Erstaunen hervorruft – ist der Überraschungsfaktor, der den in Miami Infiltrierten gegeben werden soll, sodass sie zuerst als Verräter auftauchen, die der Insel entkommen, und später in ihrer eigentlichen Funktion. Ein doppeltes Spiel ohne die dramatische Kraft, die der Regisseur vermutlich beabsichtigt hatte.
Wasp Network hat vor allem die Geschichten über René González (Édgar Ramírez) und seine Frau Olga Salanueva (Penelope Cruz, in hervorragender Leistung) im Mittelpunkt.
Auch der bereits erwähnte Roque und dessen Ehefrau in Miami (Ana de Armas), jedes Paar mit ihren ganz besonderen persönlichen und politischen Konflikten und mit genügend Leichtigkeit in der Handlung. Gael García Bernal spielt Gerardo Hernández, den Anführer der Gruppe, und wir sollten die Meinungen der echten Personen zu ihren Charakterisierungen einholen.
Der Film rekonstruiert auf effiziente Weise die Terroranschläge gegen touristische Einrichtungen, zeigt die führenden Gesichter des konterrevolutionären Exils und greift auf Archivfragmente zurück, um daran zu erinnern, dass das Erzählte aus der Realität kommt. So erscheint Präsident Clinton und gegen Ende des Films Fidel während eines Interviews einer US-amerikanischen Journalistin. Fidel ist schlüssig in Bezug auf das Recht, das das am meisten ausspionierte Land der Welt, Kuba, hat, zu wissen, was Feinde auf US-amerikanischem Boden tun, um es anzugreifen.
Die Szene wurde von einigen Kritikern in Frage gestellt, die behaupten, sie „politisiere“ den Film zu sehr. Aber Assayas war eklatant hinsichtlich der alten Debatte, Politik und Kunst effektiv zu verbinden. In einem kürzlichen Interview, in dem der Vorwurf auftauchte, erklärte er: „Als ich endlich das Filmmaterial bekam, überraschte mich dieser Moment, weil Castro im Grunde zusammenfasst, was im Film passiert. Ich dachte, es sei etwas sehr Mächtiges, das man zu dieser Zeit einbeziehen kann: die historische Persönlichkeit, die der Geschichte, die wir erzählt haben, ein Gefühl von Realität und Wahrheit verleiht“.