9. AMERIKAGIPFEL : Die drohende Blamage
Heftige Kritik äußerte auch Xiomara Castro, die Präsidentin von Honduras, während der ehemalige uruguayische Präsident José Mujica erklärte, dass auf dem Gipfel, der »nicht den Bedürfnissen der Völker« entspreche, »viel Lärm um nichts« sein werde. Nachdem sogar die rechten Staatschefs Alejandro Giammattei aus Guatemala und Jair Bolsonaro aus Brasilien – wenn auch aus anderen Gründen – ihre Teilnahme in Frage gestellt hatten, übte Washington extremen Druck auf Regierungen der Region aus, um eine drohende Blamage zu vermeiden. Joseph Biden kann keine weiteren Belege seiner diplomatischen Unfähigkeit brauchen.
Das spanische Onlineportal Tercera Información veröffentlichte am Dienstag einen Beitrag des baskischen Autors Katu Arkonada, dem zufolge es den USA gelungen sei, Uruguay dazu zu bringen, sich gegen Kuba zu positionieren. Über OAS-Generalsekretär Luis Almagro und Außenminister Antony Blinken habe Washington auch den peruanischen Präsidenten Pedro Castillo mit der Drohung erpresst, die rechte Opposition zu stärken, falls er sich in Los Angeles gegen die USA stelle.
Beim argentinischen Präsidenten Alberto Fernández reichte das Erpressungspotential offenbar nicht aus. Er wies Bidens Sonderberater Christopher Dodd darauf hin, dass die Vereinigten Staaten unter Donald Trump eine »schwierige Außenpolitik« verfolgt hätten und sich »mit der neuen Regierung nicht viel geändert« habe. Fernández nannte es »beschämend«, dass die Blockade gegen Kuba seit sechs Jahrzehnten und gegen Venezuela seit fünf Jahren bestehe und auch während der Pandemie aufrechterhalten wurde. In einem anschließenden Telefonat habe López Obrador ihm gegenüber bekräftigt, nicht am Gipfel teilzunehmen, er aber als Vorsitzender der CELAC solle fahren, erklärte Fernández. López Obrador befürchte, dass die gleichzeitige Abwesenheit des wichtigsten US-Handelspartners Mexiko und Argentiniens einen »zu hohen politischen Preis für Biden« bedeuten würde, der – abgesehen von den Differenzen und Enttäuschungen – eine bessere Option sei als Trumps Rückkehr ins Oval Office. Auch Venezuelas Präsident Nicolás Maduro, mit dem Fernández ebenfalls telefonierte, habe dessen Anwesenheit in Los Angeles als »notwendig« bezeichnet, berichtete Pagina 12.