II Encuentro Internacional de EUROPA POR CUBA in Bilbao vom 26. – 28. Januar 2024
Ein wirklich internationales Treffen im Baskenland mit Beiträgen nicht nur aus Europa, sondern auch aus Lateinamerika und Afrika, natürlich auch aus Kuba. Das ermöglichte ganz unterschiedliche Blickwinkel auf die Solidarität mit Kuba.
Organisiert wurde dieses Treffen vom Kanal Europa por Cuba, gegründet im Herbst 2020 auch mit Beteiligung von Kubaner:innen, die im Ausland leben, mit dem Ziel: Solidarität von Europa für Kuba und seine Revolution. Der Kanal veröffentlicht regelmäßig Informationen über Kuba und bietet eine Plattform für Beiträge aus verschiedenen Organisationen und Länder, an denen sich das Netzwerk Cuba in Einzelfällen auch beteiligt hat – allerdings in der Regel gerichtet an ein spanisch sprechendes Publikum. Im letzten Jahr wurde eine Aktion durchgeführt: Tsunami für Kuba – 500 Kurzvideos mit Stellungnahmen von Persönlichkeiten gegen die Blockade und den Medienkrieg.
Der Lifestream der beiden Tage ist auf dem Youtube-Canal von Europa por Cuba anzusehen.
Aus Europa waren Vertreter aus Deutschland (Angelika Becker, Netzwerk Cuba), Andorra, Spanien, auch Katalonien und Baskenland, Frankreich, Italien, Norwegen, Niederlande, Portugal, Russland (online) und Serbien gekommen, aus Lateinamerika waren vertreten Argentinien, Bolivien, Brasilien, Kolumbien, Mexiko und Venezuela, Nicaragua mit einer Grußbotschaft sowie natürlich Kuba, zum Teil hier lebend. Hinzu kamen Delegierte aus Palästina, Saharaui und Äthiopien.
Das Treffen stand ganz im Zeichen der Solidarität mit dem Kampf des Volks von Palästina gegen den Krieg des israelischen Staates, der schon den Charakter eines Völkermordes trägt. Das Urteil des Gerichtshofes in Den Haag aufgrund der Anrufung durch Südafrika wurde begrüßt, als erster, aber noch nicht ausreichender Schritt. Es erfolgte ja kein Verbot des israelischen Krieges gegen das Volk in den besetzten Gebieten. Eine Lösung der Palästina-Frage liegt noch in weiter Ferne, eine Zweistaatenlösung erscheint kaum realistisch.
Auch die juristischen und politischen Angriffe auf Cubainformación und seinen Koordinator José Manzaneda, ansässig ebenfalls im Baskenland, wurden einhellig verurteilt und praktische Solidarität zugesichert.
Die Solidarität mit dem revolutionären Kuba hat wirklich ganz unterschiedliche Facetten. In Lateinamerika und Afrika liegen Erfahrungen mit der praktischen Solidarität Kubas im Kampf um die Dekolonialisierung und die Erringung der Souveränität vor, heute im antiimperialistischen Kampf gegen den dominanten Gegner: die USA. Die Solidarität mit Kuba ist dort gar keine Frage, mit Gefühl und Verstand, oftmals sogar Staatspolitik („Staatsraison“), auch im Rahmen von Staatenbündnissen (u.a. ALBA). Man zieht an einem Strang in der großen Politik. Kuba ist ein reales Vorbild: eine gerechtere Welt ist möglich. Die Gedanken von José Martí und Fidel Castro sind bekannt und anerkannt.
In Europa sieht das ganz anders aus: die europäischen Staaten sind selbst Teil des imperialistischen Systems, mit großer Medienmacht, in dem die Menschenrechte instrumentalisiert werden gegen Kuba, gegen eine sozialistische Alternative, die mit allen Mitteln eines Wirtschaftskrieges und einer ideologischen Offensive bekämpft werden soll. Dabei wird in Kauf genommen, dass die eigene Souveränität verletzt wird durch die extraterritorialen Auswirkungen der US-Blockade gegen Kuba. Die Unkenntnis über Kuba ist groß, die linke Bewegung meist schwach. Besonders wir in der BRD leisten uns den Luxus, sie durch Spaltung weiterhin zu schwächen, mindestens was die parlamentarische Vertretung angeht. Vielleicht ist dies etwas positiver zu bewerten, wenn es um eine klarere Positionierung zu entscheidenden Fragen wie Frieden, Aufrüstung, Nato und den gegenwärtigen globalen Machtverschiebungen geht, aber auch, was den Kampf gegen die Kostenverlagerung auf die Bevölkerung betrifft.
In der Mitte Angelika Becker, Netzwerk Cuba, rechts José Antonio Toledo, Organisator von Europa por Cuba, Fotos ebenda.
Diese Situation bestimmt natürlich auch die Aufgaben der europäischen Solidaritätsbewegung: Information der Öffentlichkeit über die wenig bekannte Realität in Kuba, über die Blockade und die Sanktionen, ihre Auswirkungen in Kuba und auch bei uns, die Rolle Kubas in der Welt (solidarisch, außenpolitisch), Durchbrechung des Medienboykotts, die Nutzung und den Ausbau von parlamentarischen Möglichkeiten mit dem Ziel, politisch Kuba zu unterstützen. Dabei wurde insbesondere von den Vertretern aus Frankreich, Italien, Spanien und Deutschland betont, dass die europäische Koordinierung der politischen Solidarität von großer Bedeutung ist. Ein wichtiges Element war z.B. das Tribunal gegen die Blockade Kubas durch die USA in Brüssel im November des vergangenen Jahres – weitere gemeinsame Aktivitäten sollten verabredet werden, evtl. auch gemeinsame Projekte.
Leider ist es nicht möglich, die zahlreichen oft anrührenden Beiträge während der zwei Tage wiederzugeben, z.T. ausgehend von der Frage: warum bin ich solidarisch mit Kuba? Es wurden Einblicke gegeben in die jeweiligen konkreten Kampfbedingungen.
Besonders beeindruckt hat mich ein baskischer Marxist, Iñaki Gil de San Vicente:
In unserer Welt regiert das Geld, und Sozialismus wird mit Armut verbunden, aber unser Reichtum beruht auf der Ausbeutung, auf vielfältige Weise, auch auf der Ebene der Intelligenz. Aber man versteht hier nichts von Einheit und tatsächlicher Souveränität, auch nationaler Souveränität, die sich immer auch gegen die Klassenverhältnisse richten muss. In diesem Sinne können wir von Kuba lernen, von Martí und Fidel. Gegenwärtig erleben wir die gewalttätigste Phase der letzten Dekaden, eines der Opfer ist Kuba, das auch für uns leidet und trotzdem seine Würde bewahrt.Wir müssen unsere Stimme erheben!
Aleida Guevara, Ärztin und Tochter des Che, und Mariela Castro, Direktorin von Cenesex und Tochter von Raúl Castro, hatten Videobotschaften gesandt. Ein weiterer Beitrag kam aus Kuba von einer jungen Psychologin und Schriftstellerin, Karina Oliva Bello. Hernando Calvo Ospina aus Kolumbien, jetzt in Frankreich lebend, Schriftsteller und Dokumentarist, hielt mit viel Humor einen Vortrag. Vertreter lateinamerikanischer Botschaften nahmen an der Tagung teil. Es gab nicht nur Fahnen und Transparente, sondern auch Ausstellungen von Bildnissen von Martí und Fidel. Eine Tanzgruppe aus Bolivien rundete den zweiten Tag ab.
Den Abschluss bildete am Sonntag eine Ehrung am Denkmal von Simon Bolivar vor dem venezolanischen Konsulat, bei der auch des Geburtstages von José Martí (28.1.1853) gedacht wurde.
Was nehmen wir mit in unseren Alltag nach diesem bewegenden internationalen Treffen?
Die Aktion Tsunami ist beendet, es beginnt jetzt der Marathon. Die Lage in Kuba ist sehr kritisch, das ist so gewollt. Umso wichtiger ist eine Verstärkung der Aktivitäten in Europa, mit Information in die Breite der Bevölkerung, mit Einflussnahme auf politische Entscheidungsträger, den jüngeren Generationen müssen eigene Erfahrungen mit und in Kuba ermöglicht werden („politische Alphabetisierung“), das Medienmonopol muss durchbrochen werden durch Aktivitäten in den Netzwerken und in der realen Welt.
Viva Kuba! Viva die internationale Solidarität! Venceremos!
Angelika Becker, Jan. 2024