Den „ganzen Saft“ aus der Biomasse herausholen
https://de.granma.cu/cuba/2022-10-19/den-ganzen-saft-aus-der-biomasse-herausholen
In Kuba ist die Nutzung von Biomasse durch staatliche Einrichtungen nach wie vor ein gangbarer Weg zur Veränderung der Energiematrix
Autor: Ventura de Jesús |
Autor: Mailenys Oliva Ferrales |
Autor: Ortelio González Martínez |
Die Tatsache, dass in Kuba derzeit 95 % der nationalen Energiematrix aus fossilen Brennstoffen besteht, bestätigt die dringende Notwendigkeit, in der Praxis Projekte zur Nutzung erneuerbarer Energiequellen als Hauptalternative für die Stromerzeugung umzusetzen.
In diesem Zusammenhang weisen die Behörden des Landwirtschaftsministeriums darauf hin, dass es im Land etwa 54 industrielle Anlagen für die Reiserzeugung gibt, bei deren Verbrauch mehr als 70.000 Tonnen Schalen anfallen, was der Einsparung von 20.588 Tonnen Diesel entspricht.
Aus den im „Atlas de Bioenergía de Cuba en 2022“ erhobenen Daten geht hervor, dass jährlich 38 173,94 Tonnen agroindustrieller Abfälle für die Vergasung verwendet werden können, und zwar sowohl für die Stromerzeugung als auch für die Nutzung der Gase in Prozessen.
Um zu sehen, wie sich die Nutzung einer dieser erneuerbaren Energiequellen, der Biomasse, auf die Energieeffizienz und die Brennstoffeinsparungen des Landes auswirkt, werden in dieser Zeitung die Erfahrungen von zwei Einrichtungen in den Provinzen Matanzas und Granma sowie die Symbiose zwischen dem Kraftwerk Ciro Redondo und dem benachbarten Biokraftwerk in Ciego de Avila untersucht, deren Synchronisierung dem Land etwa 60 Megawatt (MW) einbringen soll.
VON DER REISHÜLSE ZUM KRAFTSTOFF
Die Installation eines Vergasers für Biomasse in der Reistrocknungsanlage Amarillas in der Gemeinde Calimete in Matanzas vor einigen Jahren ist ein Ereignis von großer Bedeutung für einen Sektor, der vor der großen Herausforderung steht, einen Teil seiner Energie selbst zu erzeugen.
Es handelt sich um eine der ersten Anlagen dieser Art, die in einem Reisanbaugebiet auf der Insel installiert wurde. Im Rahmen des Biomás-Cuba-Projekts, das von der Versuchsstation für Weiden und Futtermittel Indio Hatuey geleitet und von der Schweizer Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit finanziert wird, wird aus Reishülsen (Abfälle aus der Getreidemüllerei) Brenngas hergestellt.
„Der Hauptvorteil des neuen Programms besteht darin, dass es, solange der Fluss des Rohmaterials kontinuierlich ist, dazu beiträgt, die Menge an Diesel zu ersetzen, die das Reistrocknungssystem täglich benötigt“, sagt Alexis Blanco Suárez, stellvertretender Direktor des landwirtschaftlichen Unternehmens für Getreide in Matanzas.
Die Inbetriebnahme der Anlage ermöglicht es, die 700 Liter Diesel, die zum Trocknen des Reises in der UEB Amarillas benötigt werden, teilweise zu ersetzen, wobei die bei der Verbrennung entstehenden Gase die Umwelt nicht belasten.
Laut Dr. Giraldo Martín Martín, Forscher an der Indio Hatuey Weiden und Futter Versuchsstation, besteht ein weiterer Vorteil des im Trockner der UEB Amarillas installierten Vergasers darin, dass das System gleichzeitig ein Material produziert, das man Kohlenstaub nennt und sich als effizient für die Böden erwiesen hat.
Die Möglichkeit der Stromeinspeisung aus Reisstrohrresten ist aber leider noch nicht gegeben, da die materiellen und technischen Voraussetzungen noch nicht vorhanden sind.
Nach der Auffassung von Giraldo Martín kommt hinzu, dass die Instabilität des Reistrocknungsprozesses, die auf die Unregelmäßigkeit des Rohmaterials zurückzuführen ist, die Dynamik des Versuchs, mit dem im Reistrockner in Amarillas installierten Vergaser „den ganzen Saft“ aus der Biomasse herauszuholen, noch weiter verringert.
Da es sich bei Biomasse um eine erneuerbare Energiequelle handelt, deren Nutzung die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen verringert, wird aber trotzdem in der Provinz eine weitere ähnliche Anlage in dem landwirtschaftlichen Unternehmen Antonio Maceo in Hoyo Colorado in der Gemeinde Martí errichtet.
Dort ist geplant, dass die Biomasse rund 14 % zur gesamten Stromerzeugung des Landes beitragen soll – ein Ziel, das noch in weiter Ferne liegt, aber nicht aufgegeben werden darf.
TROCKNEN VON TONNEN MAIS OHNE EINEN LITER DIESELKRAFTSTOFF
Mehr als zwei Jahre nach ihrer Inbetriebnahme hat die Getreidetrocknungs-, -verarbeitungs-, -lagerungs- und -verpackungsanlage des agroindustriellen Getreideunternehmens José Manuel Capote Sosa in der östlichen Provinz Granma noch keinen einzigen Liter Diesel verbraucht, um die mehr als 9.000 Tonnen Mais zu trocknen, die bis zum Jahr 2022 in dieser Industrie angekommen sind.
Diese Aussage macht Ángel Tamaño Yero, Direktor der Anlage voller Stolz. Er erläutert, dass das Maistrocknungsverfahren auf der Verwendung von Biomasse beruht.
„Dazu haben wir nicht nur Reishülsen und Brennholz verwendet, sondern den Ofen auch so angepasst, dass Maisabfälle wie Blätter und Maiskolbenpartikel verwendet werden können“, sagt er.
Nach Angaben des Direktors wurden weitere Tests mit Jute- und Baumwollabfällen aus der Texoro-Fabrik durchgeführt, die keine Möglichkeit hat, diese Nebenprodukte zu recyceln. „Dies ist eine Partnerschaft, von der beide Seiten profitieren, denn die Texoro-Fabrik hat kein Ziel für die Wiederverwendung ihrer Abfälle.“
Laut Tamaño Yero lassen sich die tatsächlichen Auswirkungen der Verwendung von Biomasse in der Anlage in Zahlen ausdrücken. „Um beispielsweise eine Tonne Mais oder Bohnen zu trocknen, benötigt man im Durchschnitt etwa 15 Liter Diesel, während die Kapazität unseres Trockenturms 30 Tonnen beträgt. Wir sprechen also von einer Einsparung von etwa 450 Litern Kraftstoff bei jeder Nutzung des Turms, was an einem Tag etwa 1.350 Litern entspricht.“
Für die Trocknung von 30 Tonnen Mais mit Biomasse benötigt man durchschnittlich 300 bis 400 Kilogramm Reishülsen (die aus der Mühle von Jucarito stammen, die wiederum zum Unternehmen Capote Sosa gehört) und einen Kubikmeter Brennholz, das in Landeswährung nicht mehr als 25 Pesos kostet, erklärt er.
Wenn man die wirtschaftlichen Zahlen berücksichtigt, sind die Einsparungen ebenfalls beachtlich, betont der Direktor der Anlage und gibt an, dass sich die Kosten für Dieselkraftstoff bei der Trocknung der 90 Tonnen Mais auf mehr als 9.000 Pesos pro Tag belaufen würden; „Geld, das die Anlage heute insgesamt spart. Zweifellos sind dies wirklich erstaunliche Zahlen und Ergebnisse“, meint er zum Schluss.
WO KRAFTWERK UND DEM BIOKRAFTWERK SICH KREUZEN
Die Synchronisierung zwischen dem Kraftwerk Ciro Redondo und dem benachbarten Biokraftwerk hat viele Rückschläge verhindert. Sie stellt eine einzigartige Symbiose in der nationalen Stromerzeugung mit der Nutzung von Zuckerrohr-Biomasse und Marabú dar. Ende Oktober werden in beiden Werken Tests durchgeführt, und am 22. Dezember wird die Ernte wie geplant beginnen.
Aus diesem Grund gibt es große Erwartungen in Bezug auf die Art und Weise wie sich Anlage und Kraftwerk kreuzen, um das Projekt, das in Kuba den Beginn der Nutzung erneuerbarer Energien auf der Basis von Zuckerrohr-Biomasse und Marabú markiert, zu verwirklichen.
Ariel Díaz Román, Betriebsleiter des Biokraftwerks Ciro Redondo, erklärt beispielsweise, dass im Juli und August große Anstrengungen unternommen wurden, um die Energiesituation des Landes zu verbessern. In diesem Zeitraum wurden 22.621,5 Megawattstunden (MWh) erzeugt und 19.701,5 MWh in das nationale Stromnetz eingespeist.
Auch wenn diese Zahlen im Verhältnis zum Potenzial noch gering sind, so sind sie doch ein Ausgangspunkt, um genau zu wissen, wo die Schwachstellen liegen und worauf die Arbeit vor der eigentlichen Inbetriebnahme hätte ausgerichtet werden müssen.
„Wir haben einige Probleme gelöst, die während der Erzeugungszeit mit einem Kessel, der Verwendung von Waldbiomasse und anderen Aktivitäten auftraten, die für die Verbrennung des in der Anlage erzeugten Brennstoffs, der Bagasse, korrigiert, modifiziert und angepasst werden mussten“, sagte er.
Bezüglich der Biomassegarantie für die kommende Zuckerrohernte stellte der Geschäftsführer klar, dass das Ziel darin besteht, 100 % der Bagasse zu nutzen, „für die die Anlage ausgelegt ist, obwohl wir immer einen Teil der anfallenden Waldmasse verbrennen werden. Die forstwirtschaftliche Biomasse würde für die Inbetriebnahme und zum Ausgleich unvorhergesehener oder geplanter Ausfälle, z. B. für die Wartung der Anlagen, verwendet.
Aber kurz gesagt, das Ziel ist, dass das Kraftwerk stabil produziert und sich der Leistung von 60 MW nähert, wie es im Projekt vorgesehen ist, denn das Land braucht diesen Beitrag ohne weitere Verzögerung.