Üble Nachrede
Ein halbes Jahr nach den gewalttätigen Ausschreitungen vom 11. Juli, bei denen unter anderem 44 staatliche Geschäfte geplündert, öffentliche Einrichtungen, Krankenhäuser, Kitas, Wechselstuben und Tankstellen attackiert, Verkehrsmittel beschädigt sowie Polizisten und Privatpersonen verletzt worden waren, haben kubanische Medien in der vergangenen Woche ausführlich über den aktuellen Stand der Strafverfolgung informiert. Nach Mitteilung der Generalstaatsanwaltschaft sind bisher gegen 790 Personen Verfahren eingeleitet worden. Von insgesamt 117 anhängigen Verfahren seien 110 Fälle, an denen 710 Personen beteiligt waren, bereits vor Gerichten verhandelt worden, teilte die Behörde am 24. Januar mit.
Trotz detaillierter Informationen setzten westliche Medien eine seit Monaten laufende Kampagne fort, mit der die Gewalttaten als „friedliche Protesten“ verharmlost, den Sicherheitsorganen „Repression“ und der Justiz des Inselstaates „Willkür“ vorgeworfen wird. Obwohl Aufnahmen von Plünderungen, umgestürzten Polizeifahrzeugen und Steinewerfern um die Welt gingen, behauptete die Nachrichtenagentur „dpa“ in einer am 26. Januar verbreiteten Meldung: „Auf Videos waren überwiegend friedliche Demonstrationen zu sehen.“ Die „taz“ versah die übernommene Meldung einen Tag später mit der – durch kein Zitat belegten – Überschrift: „Alles Aufrührer, die in den Knast gehören“. Der BRD-Auslandssender „Deutsche Welle“ titelte mit „In Kuba sind Kinder politische Gefangene“.
Bislang sind nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft 172 Täter verurteilt worden. Von 710 Beschuldigten, deren Fälle derzeit vor den Gerichten verhandelt würden, seien 55 zwischen 16 und 18 Jahren alt. Für 27 Beteiligte an Gewalttaten, die jünger als 16 und damit in Kuba nicht strafmündig sind, seien erzieherische Maßnahmen in Bildungseinrichtungen angeordnet worden. Die Gesetzgeber der Insel hatten den Beginn der Strafmündigkeit von Jugendlichen bereits 1979 von zwölf Jahren auf 16 Jahre angehoben. In der BRD beginnt die Strafmündigkeit dagegen mit dem vollendeten 14. Lebensjahr, in den USA liegt sie – je nach Bundesstaat – bei einem Alter zwischen sechs und 12 Jahren. Auf US-Bundesebene beginnt die Strafmündigkeit mit dem zehnten. Lebensjahr. Während in Kuba keine Minderjährigen unter 16 Jahren im Gefängnis sitzen, würden in den USA „jeden Tag 2.000 Arreste von Kindern stattfinden“ und seien „44.000 derzeit inhaftiert“, zitierte das spanische Onlineportal „Cubainformación“ die US-amerikanische NGO „Children‘s Defense Fund“. Bis 2005 konnten konnten Kinder in den USA sogar zum Tode verurteilt werden und zur damaligen Zeit befanden sich 70 Minderjährige in der Todeszelle.
Ein Beispiel für die systematische Missachtung von Kinderrechten in den USA ist der heute 84-jährige Afroamerikaner Joe Ligon, der 1953 im Alter von 15 Jahren als Mitglied einer Kindergang zu lebenslanger Haft verurteilt und erst im Februar vergangenen Jahres aus dem Gefängnis entlassen worden war. Wie Hohn wirkt angesichts der Fakten der Auftritt einer Gruppe antikommunistischer US-Senatoren, darunter Robert Menendez (Demokraten) und Marco Rubio (Republikaner), die von der ehemaligen Personalchefin des Weißen Hauses und neu ernannten Exekutivdirektorin des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen (UNICEF), Catherine Russell, den Einsatz für „die unverzügliche Freilassung der Kinder“ forderten, „die in Kuba wegen ihrer Beteiligung an dem Aufstand gegen die Regierung inhaftiert sind“.