Linke Alternative
Venezuelas Kommunisten wollen im Bündnis mit anderen linken Parteien und Bewegungen in die für den 6. Dezember angesetzten Parlamentswahlen gehen. Wie am vergangenen Wochenende bekannt wurde, haben sie zusammen mit der linkssozialdemokratischen Partei „Heimatland für alle“ (PPT) und der trotzkistischen Gruppierung „Klassenkampf“ (LdC) sowie einer Reihe kleinerer Bewegungen die „Revolutionäre Volksallianz Venezuelas“ (ARPV) gegründet. An der Spitze des Bündnisses stehen der Generalsekretär der Kommunistischen Partei, Óscar Figuera, PPT-Chef Rafael Uzcátegui sowie Manuel Isidro Molina von der „Alternativen Volksbewegung“ (MPA).
Die Parlamentswahl ist von strategischer Bedeutung, denn die Legislative ist seit der Wahl 2015 die einzige Staatsgewalt Venezuelas, die von der rechten Opposition kontrolliert wird. Präsident Nicolás Maduro und seine Vereinte Sozialistische Partei (PSUV) hoffen, das im Dezember korrigieren zu können.
Sollte die ARPV bei den Wahlen im Dezember tatsächlich antreten, wäre dies das erste Mal, dass der linke Flügel der bolivarischen Bewegung bei einer landesweiten Abstimmung gegen die regierenden Sozialisten von Präsident Nicolás Maduro antritt. Bislang hat es solche Konkurrenzkandidaturen nur auf regionaler Ebene gegeben, etwa als PCV und PPT bei den Kommunalwahlen 2018 in Caracas einen eigenen Bürgermeisterkandidaten aufstellten. Bei nationalen Wahlen haben sich die Kommunisten dagegen bisher immer für einen Verbleib in der Allianz mit der PSUV entschieden. Sie gilt ihnen nach wie vor als das kleinere Übel gegenüber einer Machtübernahme der rechten, von den USA unterstützten Opposition.
Der Bruch im linken Lager kommt allerdings nicht überraschend. Bereits seit mehreren Jahren kritisiert auch die PCV öffentlich die Regierungspolitik. Im Kabinett von Maduro geben nach ihrer Einschätzung kleinbürgerliche und prokapitalistische Kräfte den Ton an. Trotz aller sozialistischen Rhetorik setze die Regierung auf Privatisierungen und versuche, die Krise von den arbeitenden Menschen bezahlen zu lassen. Hinzu kommen Ineffizienz, Bürokratismus und Korruption, gegen die nicht entschieden vorgegangen werde. Für weitere Spannungen sorgt, dass es immer wieder zu Übergriffen der Polizei und willkürlichen Verhaftungen kommt, die sich auch gegen aktive Mitglieder der linken Parteien richten.
Schon im Vorfeld der Präsidentschaftswahl 2018 hatte sich die PCV auf eine eigenständige Kandidatur vorbereitet. Erst in letzter Minute fand sich die Parteiführung zu einer Unterstützung Maduros bereit. Hintergrund war die Verschärfung der imperialistischen Aggression aus den USA und der EU. Zähneknirschend entschied sich die PCV deshalb für einen erneuten Aufruf zugunsten Maduros, um das antiimperialistische Lager nicht zu spalten. Voraussetzung dafür war aber, dass sich Maduro und die PSUV in einem offiziellen Abkommen zur Umsetzung wichtiger Reformen verpflichteten. Umgesetzt wurde davon bislang praktisch nichts.
Für eine eigenständige Kandidatur der Linken spricht diesmal auch, dass die rechte Opposition die Wahl offenbar boykottieren will. Damit bestünde die Möglichkeit, im Wahlkampf tatsächlich eine inhaltliche Auseinandersetzung zwischen den verschiedenen linken Kräften zu führen. Ob die PSUV dazu allerdings bereit ist, darf bezweifelt werden. Bei früheren Wahlen setzte die PSUV auch die staatlichen Medien aggressiv gegen die unerwünschten Konkurrenten ein, linke Parteien wurde noch mehr drangsaliert und im Wahlkampf behindert als die rechte Opposition. In den „sozialen Medien“ häuften sich antikommunistische Angriffe „von links“ gegen die PCV.
Noch hofft das Regierungslager allerdings, dass sich die Kritiker doch noch zu einer Neuauflage der bisherigen Wahlallianzen bereitfinden. Am 30. Juli rief Maduro die Mitglieder aller Parteien und Bewegungen zur Einheit auf: „Erlauben wir nicht, dass das Spaltertum sein Gift verbreitet.“ Informationsminister Jorge Rodríguez sekundierte mit der Ankündigung, dass die Parteien des „Großen Patriotischen Pols“ zusammenkommen würden, um eine gemeinsame Strategie für die Wahlen zu entwickeln und eine „perfekte Allianz“ zu schmieden, um „die Putschisten und Kapitulanten aus der Nationalversammlung zu werfen“. Die staatliche Tageszeitung „Correo del Orinoco“ erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass PSUV-Vizechef Diosdado Cabello bereits im vergangenen Februar angekündigt hatte, eine „ehrliche Allianz unter Geschwistern“ bilden zu wollen, „um das zu vermeiden, was 2015 geschehen ist“. Ausdrücklich nannte Cabello damals auch „die Genossen der PCV und PPT“ als tragende Säulen des „Patriotischen Pols“.
Tatsächlich handelt es sich bei diesem Bündnis allerdings um kaum mehr als eine leere Hülle, die in Wahlkampfzeiten reanimiert wird. Außerhalb solcher Phasen kommen die Parteien praktisch nie zusammen, manchmal erfahren die kleineren Partner sogar nur aus den staatlichen Medien, was ihr „Patriotischer Pol“ erklärt haben soll. Treffen, zu denen die PCV oder die PPT einluden, wurden von der PSUV ignoriert. Für eine erneute Einheitskandidatur müsste die PSUV diesmal also mehr bieten als schöne Worte.