Bankster im Goldrausch
Deutsche Bank pfändet 20 Tonnen venezolanisches Edelmetall. Putschisten setzen auf gute Geschäfte mit Finanzinstitut
Von Volker Hermsdorf
Die Deutsche Bank hat offenbar 20 Tonnen venezolanisches Gold im Wert von 860 Millionen US-Dollar (etwa 766 Millionen Euro) beschlagnahmt. Wie die US-Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf »informierte Quellen« am Donnerstag meldete, begründet das Kreditinstitut den Schritt damit, dass Venezuela die fälligen Zinsen aus einem Finanzgeschäft nicht pünktlich gezahlt habe. Der Agentur zufolge hatte die Bank dem Land 2016 einen Kredit über 750 Millionen Dollar gewährt, für den das Gold als Sicherheit hinterlegt worden sei. Obwohl die Vereinbarung erst 2021 ausläuft, habe die Deutsche Bank jetzt – angeblich wegen der versäumten Zinszahlungen – beschlossen, sie vorzeitig zu kündigen. Laut der Agentur haben bisher weder Vertreter der Deutschen Bank noch der Pressedienst der Zentralbank von Venezuela den Vorgang kommentiert. Normalerweise schließen derartige »Swap-Geschäfte« zwischen zwei Parteien eine Rückkaufvereinbarung ein. In Venezuela haben sich die wirtschaftlichen Probleme seit 2017 durch verstärkte westliche Sanktionen jedoch so stark verschärft, dass fraglich ist, ob das Land dazu finanziell in der Lage ist.
Die von der rechten Opposition dominierte Nationalversammlung des Landes hatte bereits vorab versucht, den Kredit zu verhindern. In einem offiziellen Schreiben an Deutsche-Bank-Chef John Cryan hatte der damalige Parlamentspräsident Julio Borges die Großbank Anfang 2016 davor gewarnt, »ihren Ruf nicht mit einer Transaktion zu gefährden«, durch die »eine Diktatur und eine korrupte Elite« finanziert würden. Die Opposition habe »in großem Umfang Briefe an Botschaften, Regierungen und Finanzinstitutionen« verschickt, um internationale Finanz- und Wirtschaftsvereinbarungen der Regierung von Nicolás Maduro zu verhindern, erklärte Borges damals. Trotzdem schloss die Deutsche Bank den für sie lukrativen Gold-Swap-Deal 2016 ab. Da der Goldpreis seit Abschluss des Finanzgeschäfts gestiegen ist, liegt der Wert der Sicherheit mittlerweile jedoch 110 Millionen Dollar über dem Wert des Kredites.
Nach den Berichten über die Pfändung des hinterlegten Goldes durch die Deutsche Bank wittert der rechte Sektor eine Chance, sich auf Kosten des Landes zu bereichern. Der selbsternannte »Übergangspräsident« und Putschistenführer Juan Guaidó hat bereits gefordert, dass der Differenzbetrag keinesfalls in die Hände der Regierung des gewählten Staats- und Regierungschefs Nicolás Maduro gelangen dürfe. »Wir stehen in Kontakt mit der Deutschen Bank, um über die Bedingungen zu verhandeln, unter denen die Differenz, die der Zentralbank zusteht, an die legitime Regierung Venezuelas gezahlt wird«, sagte José Ignacio Hernández, der von den USA als Guaidós »Justizminister« anerkannt wird, gegenüber Bloomberg. Washington könnte eine Auszahlung an die Regierung Maduros als Verstoß gegen die US-Sanktionen werten und Klage gegen die Deutsche Bank erheben, argumentierte er. Während rund 140 Mitgliedsländer der Vereinten Nationen ausschließlich die Regierung des gewählten Präsidenten Nicolás Maduro als legitime Vertretung Venezuelas ansehen, gehört die Bundesrepublik zu einer Minderheit, die wie die USA Juan Guaidó anerkennt.
Russlands Außenminister Sergej Lawrow forderte Regierung und Opposition erneut zur Aufnahme eines »nationalen Dialogs« auf. Während Maduros Vertreter sich dazu bereit erklärt hätten, lehne Guaidó jedoch ergebnisoffene Verhandlungen ab, hatte Lawrow am Mittwoch in einem Interview des russischen Medienkonzerns RBK erklärt.
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