Die Knochensucher, Indianer und Cowboys: die Schlacht um das Erinnern
Es gibt zwei Positionen des Neofaschismus was die Erinnerung angeht: Auf „das Vergessen“ setzen und die kollektive Amnesie fördern, damit die Menschen betäubt, ohne Wurzeln, ohne hinter sich zu sehen leben oder aber die Vergangenheit zu manipulieren
mai 3, 2019 13:05:49
Ein Führer der spanischen Partei Vox bezeichnete die Verteidiger der historischen Erinnerung als „Knochensucher“ und betonte, dass der sogenannte „Übergang“ des Franco Regimes zur „Demokratie“ auf „einem Pakt des Vergessens“ beruht habe. Bolsonaro verfügte in Brasilien, dass andere „Knochensucher“ ihre Arbeit einzustellen hätten, nämlich jene, die sich seit 2014 der Untersuchung von über 1000 Kisten mit Knochenresten von nicht identifizierten Opfer der Militärdiktatur widmeten, die aus Massengräbern des Perus Friedhofs in Sao Paulo ausgegraben worden waren.
Es gibt zwei Positionen des Neofaschismus was die Erinnerung angeht: Auf „das Vergessen“ setzen und die kollektive Amnesie fördern, damit die Menschen betäubt, ohne Wurzeln, ohne hinter sich zu sehen leben oder aber die Vergangenheit zu manipulieren.
Bolsonaro selbst rief einen Skandal hervor, als er des Staatsstreichs von 1964 gedenken wollte. Eine traurige Seite in der Geschichte Brasiliens: die Armee (unter dem Vorwand der „kommunistischen Gefahr“ und mit der Unterstützung der CIA und der USA) stürzte den Präsidenten Goulart und setzte eine Diktatur ein, die bis 1985 aufrechterhalten wurde.
Der Bildungsminister Bolsonaros aber schlug eine „nuancierte“ Bewertung des Geschehenen vor. Es sei die „Zivilgesellschaft“ gewesen (nicht die Putschisten), die den Abgang von Goulart gefördert habe und man sollte dies nicht „Diktatur“ sondern „demokratische Regierung der Stärke“ nennen.
Er kündigte an, dass die Texte einiger Bücher, aus denen Kinder und Jugendliche die Geschichte ihres Landes lernen, geändert würden.
Der Konflikt zwischen den Ideen der Emanzipation und den imperialen und neofaschistischen Ideen findet um die Gegenwart und die Zukunft statt, aber auch um die Vergangenheit.
Wie werden die Schulbücher in den USA aussehen, die das Entstehen und Anwachsen des Imperiums behandeln und wie begründen sie ihre messianische Berufung? Neben dem System der formalen Bildung konnten die USA auf Hollywood und die gesamte mächtige Unterhaltungsindustrie als sehr effektives Werkzeug zurückgreifen, um eine geeignete Transkription der Erinnerung anzubieten.
Seit „The Birth of a Nation“ (1915) mit seinen zweifellos formellen Beiträgen, seinem offenen Rassismus, seiner Verherrlichung des Ku-Klux-Klan bis hin zu den Filmen, die dazu dienten, das Vietnam „Syndrom“ zu heilen, findet sich der blutige Werdegang der USA im Kino, in Serien, in Videospielen, in einer idealisierten und edlen Version. „Die Eroberung des Westens“ wird mit Begriffen wie „zivilisierend“ dargestellt. Der Genozid an der Urbevölkerung, ihre gewaltsame Vertreibung, das Niedermetzeln ganzer Gemeinden waren Schrecken, die von Hollywood aufgegriffen und in eine Auseinandersetzung zwischen bösartigen Indianern gegen Militär und weiße Cowboys verwandelt wurde. Imperiale Prankenhiebe von Mexiko bis hin zum Irak haben immer den Segen der Unterhaltungsindustrie erhalten.
Hollywood und die Videospiele überzeugten die Bürger der USA und der halben Welt davon, dass die US-Truppen die Sieger des II. Weltkriegs waren. Die Sowjets, die Hitler zum Preis von Millionen Menschenleben bezwungen hatten, blieben im Schatten. Die Wahrheit in Großbuchstaben geschrieben, ist auf unwürdige und böswillige Weise verheimlicht worden.
Es gibt noch etwas über diesen Krieg, das auch nicht verbreitet wird: Die US-Unternehmen, die äußerst lukrative Geschäfte mit den Nazis machten. Coca Cola stellte für sie ein in Hitler Deutschland sehr beliebtes Erfrischungsgetränk her: die Fanta. IBM übernahm es die Hollerith Maschinen zu verkaufen, mit denen die Personen nach Rasse und Religion identifiziert werden konnten, d.h. um die Juden herauszufinden und sie der Vernichtung zuzuführen. Die deutsche Filiale von General Motors, der größte Produzent von Kampffahrzeugen für Hitler, benutzte Sklaven der Konzentrationslager. Henry Ford erhielt 1938 eine Nazi Auszeichnung als „hervorragender Ausländer“.
Uns Kubanern ist diese Schlacht um die Erinnerung nicht fremd. Eine der grundlegenden Themen der Kampagne gegen die Revolution hat genau damit zu tun. Man möchte die Tendenz hin zu einem frivolen „Präsentismus“ fördern, der die historische Analyse zurückweist und das beschönigte Bild eines vorrevolutionären Kubas verbreitet, das es nie gegeben hat. Sie zeigen den „Glamour“ des Havannas der 50er, sein Nachtleben, seine „modernen“ Gebäude und verschließen die Augen vor den unzähligen Verbrechen der Diktatur, der sehr einflussreichen Präsenz der Mafia, vor der grausamen Ungleichheit, vor den im Elend Lebenden, vor einer Kindheit, die nicht geschützt war.
Das Gegenmittel ist in der Kultur enthalten, das haben Martí und Fidel immer wiederholt. In diesem gebildeten Publikum, das nicht manipulierbar ist und selbst die Betrügereien herausfindet und das Authentische erkennt und für sich übernimmt.